Was der Finanzexperte rät

Firmenfinanzierung – so machen Sie es richtig

21.03.2012
Wir haben einige typische Fragen für Sie zusammengestellt. Dr. Bernhard Schmid gibt Antworten darauf.

Frage 1: Ich habe in den 1980er-Jahren ein Systemhaus gegründet und will dieses nun verkaufen, da meine Kinder eine andere berufliche Ausrichtung eingeschlagen haben. Worauf muss ich besonders achten, und wie lange soll ich den Prozess begleiten?

Antwort von Dr. Bernhard Schmid, CEO, Global Value Management:

Bei Ihrem Vorhaben handelt es sich um nichts weniger als die wichtigste Entscheidung seit der Gründung Ihres Unternehmens vor etwa einem Vierteljahrhundert. Die Gretchenfrage lautet, welche Hauptzielsetzung Sie mit dem Verkauf verfolgen: Geht es Ihnen eher um die Optimierung des Kaufpreises oder eher darum, den Fortbestand des Unternehmens für die Mitarbeiter langfristig in der bestehenden Struktur zu sichern - gegebenenfalls zu einem geringeren Verkaufspreis? Nach unserer Erfahrung handelt es sich in der Regel bei Vollblutunternehmen um eine Balance für das Lebenswerk.

Hinweis in eigener Sache:
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Für renditebewusste Veräußerer bieten sich tendenziell eher Finanzinvestoren oder größere strategische Investoren an. Bei Ersteren ist eine gewisse signifikante Größe im zweistelligen Millionen-Euro-Umsatzbereich meist die Voraussetzung. Dies hängt damit zusammen, dass ein Fonds mit einem Volumen jenseits der 100 Millionen Euro nicht 100 Kleinfirmen kaufen und managen kann. Zu hoch ist der relative Aufwand für Due Diligence und Betreuung, zu gering die Aussicht auf eine marktdominierende Stellung in der Nische. Bei strategischen Investoren handelt es sich nicht selten um ehemalige Mitbewerber bzw. komplementäre Firmen, die ein "Add-on" suchen, sei es regional, sei es bzgl. des Portfolios. Entsprechend sind die Auswirkungen auf Unternehmenskultur und -strategie.

Private-Equity-Investoren suchen im stark fragmentierten deutschen IT-Markt nach Nischen, in denen sie den Markt durch eine Buy & Build-Strategie bereinigen können. Entweder Ihr Unternehmen ist aufgrund von Größe, Bedeutung oder USP der Kristallisationskeim dieser Bestrebungen - dann sind Sie als "Kopf" gefordert, dies in den nächsten Jahren aktiv mitzugestalten. Dies bedeutet, geeignete Kandidaten für weitere Übernahmen zu suchen und diese (fachlich) zu integrieren -was so ziemlich das Gegenteil von "Altersteilzeit" ist. Oder Sie sind ein weiteres Mosaiksteinchen in dem Konglomerat mit beschränkten Einflussnahme auf die Gesamtstrategie und geringerer "Restlaufzeit": Oft stören selbstbewusste Patriarchen relativ rasch in der schönen, neuen Wachstumsstrategie - die Mitarbeiter, so die Ratio, gewöhnen sich so schneller an den neuen aggressiven Wachstumsstil.

Bei Strategen verhält es sich ähnlich. Es gilt: Je stärker ausgeprägt die vorherige Konkurrenz zum Käufer, desto stärker wird man Ihrem Unternehmen möglicherweise zeigen wollen, wer nun der Herr im Hause ist und eigentlich schon immer der bessere Herr war. Wenigen strategischen Käufern gelingt es, einen Schritt zurückzutreten und die neue Gesamtverantwortung auf Käufer wie Gekauftem aufzuteilen.

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