Tipps für Führungskräfte

Firmenkultur – mehr als Sozialkram

05.11.2013
Viele Top-Manager befassen sich ungern mit dem Thema Unternehmenskultur, weil sie darunter nur "Mitarbeiterhege und -pflege" verstehen. Dabei geht es auch um Fragen, die die harten Zahlen wie Ertrag und Marktanteil beeinflussen, sagt Dr. Georg Kraus.
Foto: fotolia.com/ArchMen

Wie kann man Sie charakterisieren? Allein mit Daten wie 40 Jahre alt, 1,85 groß, blond? Wird so anderen Menschen klar, was Ihre Person ausmacht? Gewiss nicht! Ähnlich ist es bei Unternehmen. Sie lassen sich zwar mit Hard Facts wie Geschäftsfeld, Mitarbeiterzahl, Umsatz ungefähr beschreiben, aber nicht charakterisieren.

Und schon gar nicht sagen diese Daten etwas darüber aus, wie eine Firma tickt. Hierfür benötigt man andere Informationen – zum Beispiel darüber, von welchen Maximen sich die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit leiten lassen, wie sie Informationen aufnehmen, mit Kunden umgehen... Kurz: Man muss die Kultur des Unternehmens kennen.

Das wissen die meisten Unternehmensführer. Trotzdem unterschätzen sie im Alltag vielfach, welche Chancen, aber auch Risiken, in den sogenannten Soft Facts für das Erreichen der Ziele schlummern. So kann beispielsweise eine hoch motivierte Mannschaft (scheinbar) Unmögliches erreichen. Eine Belegschaft hingegen, die innerlich gekündigt hat, führt mittelfristig auch ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen in den Ruin.

Die meisten Unternehmensführer kennen die Auswirkungen der Unternehmenskultur auf die harten Zahlen. Entsprechend groß ist ihr Wunsch, diese gezielt zu verändern. Zum Beispiel in die Richtung, dass die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit stärker an die Bedürfnisse der Kunden denken. Oder dass aus Erkenntnissen schneller Entscheidungen abgeleitet und umgesetzt werden. Oder dass die Mitarbeiter stärker als Team agieren.

Mehr als "Sozial-Klimbim"

Trotzdem wird in den meisten Betrieben keine bewusste Kulturarbeit betrieben, denn viele Unternehmensführer befassen sich ungern mit den Soft Facts. Zum einen weil sich diese Faktoren schwieriger als der Umsatz mit Kennzahlen erfassen lassen. Zum anderen weil sie – zumindest unbewusst – Kulturfragen oft als "Sozial-Klimbim" abtun, der viel Zeit und Geld kostet. Eine Ursache hierfür: In der öffentlichen Debatte wird das Thema Unternehmenskultur häufig mit dem Thema "Mitarbeiterhege und -pflege" gleichgesetzt. So berichten zum Beispiel Zeitschriften unter dem Stichwort "Unternehmenskultur" zumeist ausführlich über Programme zum Fördern der Mitarbeiter und zur "Vereinbarkeit von Familie und Beruf". Sie suggerieren damit: Das Unternehmen mit den meisten und aufwändigsten Programmen dieser Art hat die "beste" Unternehmenskultur.

Übersehen wird dabei, dass sich in solchen Programmen zwar teilweise die Kultur eines Unternehmens wiederspiegelt, es letztlich aber um tiefer greifende Fragen geht. Zum Beispiel: Von welchen Normen lassen sich Mitarbeiter und Führungskräfte bei ihrer Arbeit leiten? Oder: Von welchen Grundeinstellungen ist die Zusammenarbeit geprägt? Denken die Mitarbeiter eher "Was mein Kollege am Nachbartisch macht, geht mich nichts an"? oder handeln sie nach der Maxime: "Wir sind ein Team. Also müssen wir kooperieren und uns gegenseitig informieren"? Oder wie geht das Unternehmen mit neuen Herausforderungen um? Werden sie verdrängt oder aktiv bearbeitet?

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