FOKUS: Europas Mobilfunker ringen um TV-Frequenzen

12.07.2007
Von Stefan Paul Mechnig

Von Stefan Paul Mechnig

Dow Jones Newswires

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Exorbitant schnelle Handys und Multimedia-Dienste flächendeckend - das ist die Vision der europäischen Mobilfunkindustrie für die nächsten Jahre. Dafür fordert die Branche zusätzliche Frequenzen: Die Anbieter wollen ein Spektrum, das bisher dem Rundfunk vorbehalten ist, mit benutzen. Diese Woche wird das entscheidende politische Signal erwartet, ob das Thema auf die Tagesordnung der Weltfunkkonferenz im Herbst kommt. Die Schlüsselrolle hat Deutschland inne - weil sich hier die Sender sträuben, will Berlin die Frequenzfrage auf die lange Bank schieben.

Die hohen Erwartungen der Mobilfunker bringt Vodafone auf den Punkt: Auf der Konferenz in Genf würden "die Weichen für die Frequenzausstattung des Mobilfunks für die nächsten zwanzig Jahre gestellt", heißt es in einem Schreiben von Deutschlandchef Fritz Joussen an Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte. Der Vodafone-Manager und die Chefs anderer Telefonfirmen und Netzausrüster versuchen derzeit, das Ruder in Berlin noch herumzureißen. Sie befürchten, dass eine große Chance vertan wird.

Denn mit der fortschreitenden Digitalisierung von Radio und Fernsehen wird Spektrum im niedrigen Frequenzbereich zwischen 470 und 860 Megahertz nicht mehr benötigt - hier fällt die so genannten digitale Dividende an. Dieses UHF-Band eignet sich dazu, mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand die bislang auf Ballungsräume beschränkten UMTS-Dienste auch auf dem Lande anzubieten. "Dies würde eine kostengünstige Flächenversorgung der Bevölkerung mit breitbandigen mobilen Diensten ermöglichen", schreibt Joussen an Glos.

Vodafone und die anderen Mobilfunker haben ein vitales Interesse daran, dass die UMTS-Nutzung in Gang kommt. Denn die Branche hat für die entsprechenden Konzessionen in Europa in den Jahren 2000 und 2001 an die hundert Mrd EUR bezahlt, und die Ausgaben sind bei weitem noch nicht wieder eingespielt. Nun setzen die Unternehmen auf die breitflächige Bereitstellung immer schnellerer Übertragungsraten. 2010 ließen sich überall hundert Megabit pro Sekunde erreichen, sofern das Zusatzspektrum zur Verfügung stehe, sagt E-Plus-Aufsichtsrat Horst Lennertz, der die Organisation Next Generation Mobile Networks (NGMN) vertritt.

Die Telekomriesen haben die Europäische Kommission auf ihrer Seite: Sie hat sich vorige Woche dafür ausgesprochen, das UHF-Band auch für den Mobilfunk freizugeben und dies auf der Genfer Konferenz zu beschließen. Das ist auch die Position von Großbritannien, Frankreich, Dänemark und den drei skandinavischen Staaten, wie aus einem Positionspapier der Industrie hervorgeht. Wenn die Entscheidung aufgeschoben werde, drohe die europäische Telekombranche hinter die Konkurrenz aus Nordamerika und Asien zurückzufallen, wo es bereits Pläne für die Öffnung der Rundfunkfrequenzen gebe, heißt es in dem Dokument.

Seit Dienstag beraten im schwedischen Göteborg Spitzenbeamten aus den zuständigen Ministerien der europäischen Staaten, um eine Lösung im Frequenzstreit zu erzielen. "Die entscheidende Rolle kommt dabei Deutschland zu", sagt eine informierte Person aus Brüssel. Sie verweist auf die besondere föderale Struktur mit Partikularinteressen der Bundesländer, denen die Rundfunkpolitik unterliegt.

Die jeweiligen Staatskanzleien, die öffentlich-rechtlichen Sender und die privaten Anstalten seien der Ansicht, dass Rundfunk bei der Frequenzzuteilung Priorität genieße, schildert Thomas Langheinrich, Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, die Lage. Auch das Bundeswirtschaftsministerium hält noch "umfangreiche technische Studien" für nötig, um die Frage der gemeinsamen Frequenznutzung zu klären. Daher habe man beschlossen, das Thema erst auf die Agenda der Weltfunkkonferenz 2011 zu setzen - und zwar im Einvernehmen mit der Mobilfunkbranche. Diesen Punkt sieht Vodafone freilich ganz anders.

Webseiten: http://www.BMWA.de

http://www.vodafone.de

-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213,

TMT.de@dowjones.com

DJG/stm/kgb/brb

Copyright (c) 2007 Dow Jones & Company, Inc.

Zur Startseite