FOKUS: Großübernahmen kein Allheilmittel für Deutsche Telekom

27.06.2008
Von Archibald Preuschat DOW JONES NEWSWIRES

Von Archibald Preuschat DOW JONES NEWSWIRES

FRANKFURT (Dow Jones)--Anders als einige ihrer Mitbewerber hält sich die Deutsche Telekom AG derzeit bei Großübernahmen zurück. Aber auch angesichts der fortschreitenden Konsolidierung in der Branche kann sich diese Strategie des ehemaligen Staatsunternehmens durchaus als zielführend erweisen, meinen Analysten.

"Die derzeitige Akquisitionspolitik der Telekom macht durchaus Sinn", sagt WestLB-Experte Stefan Borscheid. Die Rahmenbedingungen für die Deutsche Telekom verschlechtern sich. Dem Konzern schmelzen in seinem Heimatmarkt die Gewinne weg und in den USA droht die T-Mobile-Tochter auf Platz vier unter den Mobilfunkbetreibern zurückzufallen. Dort will der US-Mobilfunkbetreiber Verizon Wireless seinen Konkurrenten Alltel übernehmen. Damit würde Verizon auf dem US-Mobilfunkmarkt zum Marktführer aufsteigen.

Megaübernahmen seien aber kein Allheilmittel, sondern auch äußerst schwierig, sagen Analysten und verweisen auf die geplante Übernahme der schwedisch-finnischen TeliaSonera AB durch den französischen Telekomkonzern France Telecom SA. Hier war das Ursprungsgebot des franzoesischen ehemaligen von TeliaSonera als zu niedrig zurückgewiesen worden.

Der Vorstandsvorsitzende der Telekom, Rene Obermann, hatte in den vergangenen Wochen stets wiederholt, wo die Deutsche Telekom bei der Expansion ihre Prioritäten setzt. Zukäufe sollen zunächst in den Ländern erfolgen, in denen das Unternhemen bereits präsent ist. Auch benachbarte Laender erachtet die Telekom als geeignet, wenn es um Zukäufe geht. Wenn es um die Expansion in entlegene Märkte geht, sagt Obermann lediglich, dass er sie grundsaetzlich nicht ausschliessen möchte.

Gemäß dieser Strategie hatte der Konzern bereits 2005 alle Aktien des österreichischen Mobilfunkbetreibers Tele.ring für 1,3 Mrd EUR von der Alltel-Tochter Western Wireless International Austria Corporation gekauft. Ebenfalls zum Preis von 1,3 Mrd EUR übernahm die Telekom 2007 Orange Netherlands von der France Telecom. In beiden Fällen war der Konzern bereits vor den Übernahmen schon in den Märkten vertreten.

Zuletzt hatte sich der Konzern in diesem Jahr mit rund 3,2 Mrd EUR zu 25% plus eine Aktie an der griechischen Hellenic Telecommunications Organization SA (OTE) beteiligt. Mit den Anteilseignern wurde vereinbart, dass die Telekom das Management von OTE kontrollieren und das Unternehmen in der eigenen Bilanz voll konsolidieren kann.

Außerhalb ihres Heimatmarktes hält OTE Mehrheitsbeteiligungen an Telekomunternehmen in Albanien, Rumänien, Bulgarien und Mazedonien. Hinzu kommt eine Minderheitsbeteiligung in Serbien. Die Deutsche Telekom ist bereits in Kroatien, Tschechien, Ungarn, Polen und der Slowakei tätig.

Vorausgesetzt der Preis stimme, machten kleinere und mittelgroße Akquisitionen in Europa und Osteuropa mehr Sinn für die Deutsche Telekom als große Übernahmen, sagt der WestLB-Analyst.

Der Finanzmarkt reagierte anfänglich zwar auch auf die Beteiligung an der OTE skeptisch und die Aktie gab zunächst nach, kurz darauf erholten sich die Titel aber wieder.

Der Analyst von Global Insight, Emeka Obiodu, rät der Telekom zu Zukäufen in Schwellenländern wie Asien und Afrika, um Umsatzeinbußen in den Heimatmärkten auszugleichen. Die Deutsche Telekom könnte auch ein Gebot für TeliaSonera erwägen, da der skandinavische Wettbewerber attraktive Beteiligungen in den Regionen halte, durch welche Umsatzschwächen in den Heimatmärkten von tewieder wettgemacht werden könnten.

WestLB-Experte Borscheid widerspricht: "Die Marktreaktionen auf das Gebot von France Telecom waren eindeutig". Zudem sei nicht erkennbar, dass eine Fusion von TeliaSonera und Deutsche Telekom zu höheren Synergien führen würde, als ein Zusammenschluss von France Telecom und TeliaSonera. Der Aktienkurs von France Telecom hat um rund 20% nachgegeben, seitdem im April eine Zeitung erstmals über ein Kaufinteresse der Franzosen an TeliaSonera berichtete.

TeliaSonera ist vorwiegend in Skandinavien und im Baltikum tätig und dabei in Schweden, Finnland, Norwegen, Dänemark, Litauen und Estland sowie in Spanien präsent. Noch wichtiger sind die Geschäfte in Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan, Georgien, Moldavien, Russland sowie in der Türkei und der Ukraine. Schließlich sei es aber auch möglich, andere Zukäufe in Eurasien zu machen, ohne sich an TeliaSonera zu beteiligen, meint Obiodu.

Borscheids Kaufempfehlung für die Titel der Deutschen Telekom lautet auf "Halten" mit einem Kursziel von 11 EUR. Obiodu gibt als Branchenanalyst keine Kaufempfehlungen für einzelne Papiere.

Beide Experten stimmen darin überein, dass die Telekom große Übernahmen in den USA vermeiden sollte, obwohl sich die Wettbewerbsbedingungen dort durch die Übernahme von Alltel durch Verizon verschärfen werden.

In den vergangenen Wochen war wiederholt darüber spekuliert worden, dass die Deutsche Telekom eine Übernahme des US-Mobilfunkanbieters Sprint Nextel Corp erwägt. Der Konzern wollte sich bislang nicht zu den Spekulationen äußern. Analysten bezweifeln aber, dass eine solche Übernahme fuer die Telekom sinnig wäre.

Ein Gebot für Sprint würde überhaupt keinen Sinn machen, sagt Obiodu. Zur Begründung verweist der Experte auf die verschiedenen technischen Standards der Unternehmen. Sprint habe derzeit zu sehr kämpfen, sagt er. Außerdem mache es für T-Mobile kaum einen Unterschied, ob sie die Nummer zwei oder vier auf dem US-Markt sei.

Ein Kauf von Sprint sei ein riskantes Vorhaben, obwohl dies die einzige Möglichkeit sei, wieder mit den US-Wettbewerbern aufzuschließen, pflichtet Borscheid bei. Außerdem hätten sich die Geschäfte von T-Mobile in den USA in den vergangenen Quartalen als Wachstumstreiber für den Bonner Konzern erwiesen.

Webseite: http://www.telekom.de -Von Archibald Preuschat, Dow Jones Newswires, +49 (0)69 29725 108, unternehmen.de@dowjones.com DJG/DJN/pal/mim

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