Foto-Händler Sauter: "Wenn die Qualität stimmt, wird der Fotoapparat abgelöst"

10.10.1997
MÜNCHEN: Nach Ansicht von Bernd Sauter, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Foto-Video-Sauter GmbH & Co. KG - einem der größten Münchener Fotofachgeschäfte -, wird die digitale Fotografie spätestens in zwei bis drei Jahren Teile des konventionellen Kamera-Marktes ersetzen und somit massiven Einfluß auf seinen traditionellen Geschäftszweig haben. Bereits seit Ende 1996 hat er deshalb kontinuierlich seine Angebotspalette an digitalen Kameras erweitert. Parallel dazu baut er Know-how in den Bereichen PCs und Photoprinter/Photoscanner auf. Zukünftige Kooperationen mit PC-Händlern schließt er dabei nicht aus. Das Interview führte CP-Mitarbeiter Siegfried Dannehl.

MÜNCHEN: Nach Ansicht von Bernd Sauter, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Foto-Video-Sauter GmbH & Co. KG - einem der größten Münchener Fotofachgeschäfte -, wird die digitale Fotografie spätestens in zwei bis drei Jahren Teile des konventionellen Kamera-Marktes ersetzen und somit massiven Einfluß auf seinen traditionellen Geschäftszweig haben. Bereits seit Ende 1996 hat er deshalb kontinuierlich seine Angebotspalette an digitalen Kameras erweitert. Parallel dazu baut er Know-how in den Bereichen PCs und Photoprinter/Photoscanner auf. Zukünftige Kooperationen mit PC-Händlern schließt er dabei nicht aus. Das Interview führte CP-Mitarbeiter Siegfried Dannehl.

? Führende Unternehmen der Fotobranche wie beispielsweise Kodak geben zu, daß der Markt der digitalen Fotografie auf absehbare Zeit kein Massenmarkt wird. Welchen Einfluß wird die digitale Fotografie auf den Verkauf konventioneller Kameras und damit auf den traditionellen Foto-Fachhandel haben?

SAUTER: Momentan teile ich diese Einschätzung. Die digitale Fotografie ist derzeit eine Ergänzung des klassischen Fotoumsatzes. Der Qualitätsunterschied zur konventionellen Fotografie ist einfach noch deutlich vorhanden. Der Kunde wird für seine guten Bilder nach wie vor seine fotochemische Kamera verwenden und nur für Spezialanwendungen digital fotografieren. Dort nämlich, wo es auf Schnelligkeit und Nachbearbeitung der Bilder ankommt. Wenn allerdings die Qualität in den nächsten zwei bis drei Jahren der von fotochemischen Bildern absolut vergleichbar wird, dann sehe ich die reine Ersatzfunktion.

? Welche Benutzergruppen zählen Sie heute zu den Käufern digitaler Kameras?

SAUTER: Bei uns im Laden ist es so, daß etwa die Hälfte unserer Kunden aus dem Heimlabor-Markt kommen. Es sind Leute, die bisher in der Badewanne ihre Bilder entwickelt haben und die jetzt feststellen, daß sie am PC wunderbar auf völlig neue Art und Weise die Bilder gestalten können. Sie wollen Bilder in möglichst hoher Qualität ausgeben und Beabsichtigen, die Bilder positiv zu verändern. Das ist der eine Teil der Kundschaft.

?Und der andere Teil?

SAUTER: Da gibt es dann diese von uns so genannten "Prosumer", die immer wieder vorgeben, sie würden das Gerät beruflich nutzen, seien es Gutachter, Architekten oder Makler. Aber auch bei ihnen stellen wir fest, daß sie den geschäftlichen Gerätekauf vielfach nur als Alibi benutzen, um dann sehr viel privat mit dem Gerät zu arbeiten.

? Wie stellen Sie Ihr Unternehmen auf den Vertrieb digitaler Kameraprodukte ein?

SAUTER: Wir beschäftigen uns seit November 1996 mit dem Thema Digitale Fotografie. Basierend auf den Fotomarken Olympus, Kodak und Fuji haben wir das Sortiment digitaler Produkte inzwischen durch Marken wie beispielsweise Casio ergänzt und werden noch weitere Produkte aufnehmen. Unser Zielsegment ist der Konsumer-Bereich mit gehobenen Ansprüchen. Mit Markenprodukten im rein professionellen Sektor, das heißt mit Kamera- beziehungsweise Systempreisen von 10.000 Mark aufwärts, werden wir uns nicht befassen.

? Für den Vertrieb kompletter digitaler Kameralösungen einschließlich PC, Scanner, Photo-Printer etc. ist entsprechendes Know-how unerläßlich. Bauen Sie ein derartiges Wissen in Ihrem Haus auf?

SAUTER: Das haben wir bereits getan. Zum einen haben wir unsere Leute in diesem Sektor geschult. Darüber hinaus haben wir zwei Mitarbeiter in unseren Betrieb eingestellt, die aus der PC-Schiene kommen, zum Glück aber auch über ein gewisses Foto-Know-how verfügen. Man muß allerdings dazu sagen, wir kommen vom Segment Foto, für uns ist der PC einzig und allein ein Ergänzungsprodukt. Für einen PC-Händler gelten umgekehrte Vorzeichen. Für ihn steht der PC im Mittelpunkt und die digitale Kamera stellt die Ergänzung dar.

? Wenn Sie die beiden Blickwinkel eines Foto- und eines PC-Händlers vergleichen, sehen Sie dann auf einer Seite Vorteile bezüglich des Vertriebs digitaler Fotoprodukte?

SAUTER: Das hängt sicher von der Verbrauchergruppe ab, die man ansprechen möchte. Wir als Fotohändler erreichen vorzugsweise diejenigen, die vor allem ein Interesse an der Fotografie haben. Ich glaube, daß die Hersteller digitaler Kameras, die aus der Fotoszene kommen, wie Canon, Olympus, Fuji und andere zukünftig den Markt dominieren werden. Für sie stellt die digitale Fotografie einen Kernbereich dar. Sie müssen einfach neben den fotochemischen Filmen einen neuartigen Film, nämlich das digitale Rückteil mit Halbleiterspeicher in ihre Kameras integrieren. Für sie ist das eine Überlebensfrage, während für Hersteller aus der Elektronikbranche wie beispielsweise Toshiba, Casio und so weiter die digitale Kamera immer nur ein Randprodukt sein wird. Ein Nebenkriegsschauplatz sozusagen.

? Glauben Sie, daß Fotohersteller den Foto-Fachhandel bevorzugt behandeln werden, oder werden sie ihre Produkte genauso über den PC-Fachhandel anbieten?

SAUTER: Nein, ich glaube nicht an einen Branchenschutz des Fotohandels. Ich denke die Industrie wird die Kanäle benutzen, die sich als erfolgreich erweisen. Ob Foto- oder PC-Handel ist der Industrie egal. Es wird darauf ankommen, daß man sich als Händler dem Verbraucher gegenüber als qualifiziert darstellen kann. Ob das ein PC-Händler oder ein Foto-Händler ist, daß ist letztendlich dem Verbraucher egal. Ihm kommt es einfach darauf an, daß er einen kompetenten Ansprechpartner vorfindet, der ihm eine Lösung präsentieren kann.

? Wenn man die Struktur des digitalen Fotomarktes betrachtet, haben große Fachhändler generell einen Vorteil gegenüber den Betreibern kleinerer Ladengeschäfte?

SAUTER: Ich glaube nicht unbedingt. Wichtig ist die Bereitschaft, sich in diesem Segment zu profilieren, sich zu engagieren und natürlich auch zu investieren. Als Fotohändler muß ich mich entscheiden, ob ich am Segment digitale Fotografie partizipieren will oder nicht. Unter Umständen muß ich bereit sein, auch klassische Fotosortimentsbestandteile zu entfernen.

? Ein dritter Kanal sind die Großflächenvermarkter und Retailer. Welche Bedeutung werden Ihrer Meinung nach diese Kanäle für den Verkauf digitaler Kameras haben?

SAUTER: Ich bin sicher, daß diese Vertriebsformen eine sehr große Bedeutung für den breiten Konsumerbereich haben werden. Damit muß sich der Fotohandel, der ja auch im großen und ganzen konsumerorientiert ist, in Zukunft sehr intensiv auseinandersetzen. Der PC-Handel hat im allgemeinen kaum Ladengeschäfte. Er wird von den Media-Märkten dieser Welt voraussichtlich nicht so stark betroffen sein, weil er eine andere Klientel hat. Der Fotohandel hat die klassische Klientel Konsumer, und die verkehrt ja auch in den Großflächenmärkten. Von dieser Seite erwarte ich mir den größten Wettbewerb.

? Kann das bedeuten, daß Sie den Low-end-Bereich der digitalen Fotografie komplett den Retailern überlassen und sich mehr auf Kunden mit gehobenen Ansprüchen konzentrieren?

SAUTER: Ja. So ähnlich sehe ich es heute bereits im Bereich der konventionellen Fotografie. Da ist die Großfläche für den Vertrieb prädestiniert.

? Mit dem Foto-Fachhandel verbindet man eine sehr starke Dienstleistungsorientierung. Welchen Einfluß wird dieser Bereich zukünftig haben?

SAUTER: Die Dienstleistung rund um die digitale Fotografie hat viele Komponenten. Wir bieten heute bereits Kunden die Möglichkeit, klassische Fotos einzuscannen und nach Kundenwünschen zu verändern. Darüber hinaus wird es in Zukunft notwendig sein, daß wir digitale Daten auch ausbelichten, also in ein konventionelles Fotoformat bringen. Dienstleistung schließt natürlich auch technische Beratung und Hilfestellung bei Problemen ein. Eventuell müssen wir uns eines Spezialisten aus dem PC-Bereich bedienen, der Support-Aufgaben übernimmt. Da ergeben sich auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit einem klassischen PC-Händler.

? Wie könnte eine Kooperation zwischen einem Fotogeschäft und einem EDV-Händler konkret aussehen?

SAUTER: Das ist Sache einer internen Vereinbarung. Ob man vereinbart, daß der Händler dort unter seinem eigenen Firmennamen auftritt, oder pro forma als Mitarbeiter des Fotogeschäfts kann man in Verhandlungen klären.

? Wenn Sie jetzt einem PC Händler einen Rat geben könnten, mit der Erfahrung, die Sie bereits jetzt im Bereich digitaler Kameras gesammelt haben, was sollte er beachten, wenn er in dieses Marktsegment einsteigen möchte?

SAUTER: Ich denke, er sollte ein Ladengeschäft in einer relativ guten Lage haben, so daß eine natürliche Kundenfrequenz da ist. Er müßte sich ein Sortiment digitaler Produkte zusammenstellen, das der Fotoqualität näherrückt, als es von den klassischen UE-Herstellern bisher angeboten wird. Und da kann er einfach die Foto-Hersteller nicht übergehen. Er müßte Produkte von Canon, Fuji, Olympus oder anderen mit im Sortiment führen. Zu beachten ist, daß Modellwechsel bei Kameras sehr häufig sind, die Lebensdauer der Produkte im Markt sehr kurz und der Preisverfall rasant. Alles in allem eine Situation, die dem PC-Händler nicht neu ist. Es gibt bereits mehr Parallelen als man denkt.

Für uns ist der PC ein reines Ergänzungsprodukt

Fotofachhändler Sauter: "Ich glaube nicht an den Branchenschutz des Fotohandels durch die Kamerahersteller."

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