Nach Suizidserie 2010

"Foxconn behandelt Arbeiter wie Maschinen"

04.05.2011
Nach einer beispiellosen Suizidserie bei Foxconn im Vorjahr klagt eine Hongkonger Arbeitsrechtorganisation den EMS-Riesen aus Taiwan fortgesetzter Sittenwidrigkeit gegen die Mitarbeiter in China an.

Taiwans EMS-Riese Foxconn (Fu Shi Kang) als Teil von Hin Hai Precision Industry behandele die Mitarbeiter wie Maschinen, klagt die Hongkonger Arbeitsrechtorganisation Students and Scholars Against Corporate Misbehavior (SACOM) in einer Studie an.

Die Studie basiert auf Umfragen bei Fabrikarbeitern und Angestellten in China. 2010 haben sich in wenigstens 13 Fällen Foxconn-Mitarbeiter umgebracht. Das hat auch kein gutes Licht auf Foxconn-Auftraggeber wie Apple, HP, Dell und Sony geworfen.

Apple-Gründer Steve Jobs hat den Produktionspartner indes verteidigt und unter anderem geäussert, dass Foxconn vorbildlich sei, was die Bedingungen für die Mitarbeiter angehe, abgesehen sei die Selbstmordrate immer noch weit unter Durchschnitt. Schließlich hatte Foxconn damals schon über 900.000 Beschäftigte, was das Unternehmen zum größten privatwirtschaftlichen Arbeitgeber macht.

"SACOM ist entsetzt über die beklagenswerten Arbeitsbedingungen", klagt indes die Hongkonger Arbeitsrechtgruppe an. Für den über Agence France Press (AFP) veröffentlichten Report über die Arbeitsbedingungen wurden SACOM zufolge im März und April 2011 rund 120 Einzelinterviews mit Mitarbeitern des weltgrößten Elektronik-Auftragsfertigers geführt.

In dem Bericht heißt es, dass Foxconn-Mitarbeiter teilweise auf 80 bis 100 Überstunden zusätzlich zur Regelarbeitszeit von 174 Stunden kommen. Das sei mehr als das Dreifache des in China Zulässigen.

Die meisten Foxconn-Arbeiter würden sich sogar nach Überstunden sehnen, weil das Basisgehalt mit umgerechnet unter 200 Dollar mehr als bescheiden sei. Dabei ist das Leben in Shenzhen vor den Toren Hongkongs oder in anderen Großstädten am Pazifikspeckgürtel mittlerweile so teuer geworden, dass die Inflation durch die steigenden Gehälter nicht mehr aufgefangen werden kann.

SACOM berichtet weiter, dass Arbeiter trotz üblicher 10-Stundenschichten gezwungen werden, auf ihr Mittagessen zu verzichten und neue Angestellte sich "Militär-Trainings" unterziehen müssen, welche von ihnen als "Unsinn" bezeichnet werden.

Bei den Militärübungen würden die Neulinge teilweise einfach nur zu stundenlangem Stehen angehalten oder dazu, mit anderen ein Quadrat zu bilden. Jeder Fehler werte hart geahndet. In einigen Fällen wurden die Mitarbeiter auch dazu verdonnert, vor Kollegen "Bußbriefe" zu verlesen. Solche öffentlichen Bekenntnisse sind vielen Chinesen sicherlich noch aus der Zeit der Großen Revolution in schmerzlicher Erinnerung, als Rote Garden (Hong Weibing) Angst und Schrecken verbreiteten.

Foxconn wollte sich zu den neuen Vorwürfen laut ‚Taipei Times‘ nicht äußern, versprach aber, eine Untersuchung einzuleiten, "wenn die Autoren des fraglichen Berichts uns mit spezifischen Informationen versorgen können".

"Unsere Richtlinien und Praktiken werden regelmäßig von unseren Kunden und ihren Beratern, Regierungsbeamten und unseren eigenen Teams eingehend geprüft", ließ Foxconn in einem Statement wissen und fügte hinzu, dass mögliche Gesetzesverstöße "umgehend adressiert" würden.

Heute beschäftigt Foxconn bereits über eine Million Menschen, die Hälfte davon allein in dem Hauptwerk in Shenzhen.

Die Suizidserie im letzten Jahr hatte zur Folge, dass Foxconn die Löhne teils kräftig erhöhen musste. Gleichzeitig hat der Hersteller an den Wohnhausbauten, von denen aus sich etliche Mitarbeiter zu Tode gestürzt haben, Sicherheitsnetze anbringen lassen und die Belegschaft mit moralisierenden Kampagnen von weiteren Selbstmorden abzubringen versucht. (kh)

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