Fragen und Antworten zum Elektroschrottgesetz

19.06.2006
Antworten auf die brennendsten Fragen zum ElektroG gibt Rechtsexperte Hans-Jochen Lückefett.

Als Distributor sind wir teilweise auch Importeur von Produkten und Systemen und haben damit den Status des "Erstinverkehrbringers". Richtig?

Ja, das ist richtig. Erstinverkehrbringer ist, wer Elektro- und Elektronikgeräte aus dem Ausland als Erster in Deutschland auf den nationalen Markt bringt.

Kann diese Ware gegebenenfalls auch für Servicezwecke als Ersatzteil für im Markt befindliche Systeme deklariert werden, und als solches ohne RoHS-Kompatibilität weiterverkauft werden?

§ 5 I Satz 2 ElektroG stellt klar, das Ersatzteile nicht RoHS-konform sein müssen, soweit sie für die Reparatur eines Gerätes benutzt werden, das vor dem 1. Juli 2006 in Verkehr gebracht wurde. Ob allerdings ganze Geräte als Ersatzteile gelten, ist umstritten. Sie können sich also darauf nicht verlassen.

Welche rechtlichen Auswirkungen kann es haben, wenn nicht RoHS-kompatible Ware nach dem 1. Juli verkauft wird?

Verstöße gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 ElektroG werden nach § 23 dieses Gesetzes mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet. Ob, und mit welcher Strenge die zuständigen Landesbehörden darüber hinaus den verantwortlichen Hersteller verpflichten werden, die betreffenden Geräte vom Markt zu nehmen, wird die Praxis zeigen.

Hat ein Produzent/Hersteller, der aus einem Drittland (etwa USA) liefert und fakturiert, jedoch bei der EAR als Hersteller registriert ist, für die RoHS-Umsetzung Sorge zu tragen, obwohl dessen Systeme durch im Inland ansässige Distributoren importiert und dann verkauft werden? Oder ist in diesem Fall wieder der Distributor als "Erstinverkehrbringer" verantwortlich?

Hersteller im Sinne der §§ 3 Abs. 11 und 5 ElektroG ist der deutsche Erstinverkehrbringer, in der Frage Distributor genannt. Auf ihn werden die zuständigen Landesbehörden im Falle eines Verstoßes vorgehen (siehe die vorherige Frage). Die erweiterten Registrierungsmöglichkeiten, die das EAR anbietet, führen nicht dazu, die Verantwortlichkeit ins Ausland, also beispielsweise nach USA zu verschieben. Im Ausland können inländische Behörden nicht tätig werden.

Bis vor einigen Monaten haben wir für eigenen Bedarf und in wenigen Fällen auch für unsere Kunden Server konfiguriert und "zusammengeschraubt". Mit dem Inkrafttreten des ElektroG haben wir, aus der Unsicherheit der Rechtslage heraus, sämtliche Aktivitäten diesbezüglich eingestellt. Ich habe in den vergangenen Monaten nun sehr widersprüchliche Angaben zur Registrierungspflicht gehört. Einerseits heißt es, dass wir uns nicht registrieren müssen, wenn wir nur die einzelnen Komponenten zusammenfügen, andererseits wird jedoch gesagt, dass auch dies registrierungspflichtig ist. Es wäre für uns in Zukunft sicher nicht mehr interessant, die benötigten Server selbst zu bauen, da die kleinen Stückzahlen den Aufwand der Registrierung nicht rechtfertigen. Zudem ist mir nicht klar, in welcher Form die Entsorgungsgebühren auf die Hersteller umgelegt werden. Vielleicht können Sie mir kurz schildern, ob wir uns tatsächlich registrieren müssten, wenn wir diesen Geschäftszweig weiterführen wollen und mit welchen Gebühren wir gegebenenfalls rechnen müssten.

Registrierungsfähig ist, wer elektrische oder elektronische Geräte in Deutschland auf den Markt bringt. Ohne Ihr Produkt näher zu kennen, spricht vieles dafür, es als ein elektronisches Gerät der Produktkategorie 3 anzusehen. Damit sind Sie als Hersteller dieses Produktes registrierungs- und (bitte vergessen Sie das nicht) entsorgungspflichtig. Im Unterschied dazu stellen die WEEE Directive und ihr folgend das ElektroG klar, dass die Hersteller von Bauteilen, die erst noch zu Geräten zusammengesetzt werden müssen, nicht registrierungs- und entsorgungspflichtig sind. Wegen der Abgrenzung von Geräten und Bauteilen sind in der jüngsten Vergangenheit an zwei Stellen Unsicherheiten entstanden:

Teile der Wirtschaft wollen die Grenze zwischen Gerät und Bauteil in Richtung Bauteil verschieben. Dadurch würden etliche Produkte, die nach den Anwendungshinweisen des BMU bisher wohl als Gerät angesehen werden müssen und daher eine Registrierungs- und Entsorgungspflicht auslösen, zum Bauteil mutieren und keine Verpflichtung auslösen.

Assembler haben die Forderung erhoben, dass ihre Produkte nicht registrierungs- und entsorgungspflichtig sind, wenn für sie nur bereits registrierte Bauteile verwendet werden. Dieser Vorstoß widerspricht - wie dargestellt - dem Gesetz und würde in der Praxis zu schwierigen Fragen führen. Beispielsweise wäre völlig unklar, wer von fünf Herstellern konkret entsorgungspflichtig wäre, wenn ein Gerät aus fünf Bauteilen verschiedener Hersteller besteht.

Zu den Gebühren: Sie müssen zuerst mit den allgemeinen Registrierungsgebühren rechnen, deren Höhe Sie in den FAQs der EAR finden (http://www.stif tung-ear.de/stiftung_ear/fragen_und_ant- worten/kosten/). Auch sind sie darüber hinaus für die Entsorgungskosten verantwortlich. Können Ihre Server auch in privaten Haushalten genutzt werden, fallen sie an, wenn EAR sie verpflichtet, einen vollen Behälter an einer kommunalen Sammelstelle abzuholen. Stellen sie B2B-Geräte her, müssen Sie sich mit Ihrem Kunden darüber einigen, wer die Server an ihrem Lebensende entsorgt.

Dürfen wir dann als "Erstinverkehrbringer" Ware, die wir schon vor dem 1.7.2006 an Lager haben, die jedoch nicht RoHS-kompatibel ist, trotzdem weiterverkaufen?

Nach § 5 ElektroG genügt es im Zusammenhang mit der RoHS-Kompatibilität, wenn ein Elektro- oder Elektronikgerät vor dem 1. Juli 2006 irgendwo innerhalb der Europäischen Union auf den Markt gebracht wurde. Die Verfügungsgewalt über das Gerät muss also in Deutschland, Frankreich oder anderswo vom Hersteller/Erstinverkehrbringer an den nächsten in der Verkaufskette übertragen worden sein. Dazu ist es rechtlich nicht immer erforderlich, dass das Gerät das Lager verlässt. In Deutschland beispielsweise kann das Eigentum am Gerät auch durch die Abtretung des Herausgabeanspruchs gegenüber dem Lageristen übertragen werden.

Die europäische Fassung von "put on the market" im ElektroG gilt nicht in allen europäischen Mitgliedsländern; teilweise stellen andere Mitgliedsstaaten darauf ab, dass ein Gerät auf dem nationalen Markt in Verkehr gebracht wurde, teilweise muss das Produkt bis zum 1. Juli 2006 sogar in die Hände des Endverbrauchers gelangt sein. In diesen Ländern reicht es also nicht aus, wenn das Gerät vor dem 1. Juli 2006 in einem anderen Mitgliedsstaat in Verkehr gebracht worden war.

Ich stelle in geringen Stückzahlen einen Oberflächenfeuchte-Wächter her. Mit der EAR habe ich bereits geklärt, dass dieses Gerät nicht registrierungspflichtig ist, da es Bestandteil einer Schaltanlage ist. Wie sieht es jetzt mit den Stoffverboten ab 1.7.2006 aus? Kann ich weiterhin mit bleihaltigem Lot arbeiten?

Für die Beantwortung Ihrer Frage unterstelle ich zunächst, dass die Schaltanlage selbst ein Elektro- oder Elektronikgerät im Sinne des Elektrogesetzes ist. Ist dem so, müssen Sie die Stoffverbote in § 5 Elektrogesetzes einhalten. Diese Bestimmung verpflichtet Sie, den Grenzwert von 0,1 Prozent bezogen auf das von Ihnen verwendete homogene Material einhalten. Damit könnte es sein, dass Sie auf bleihaltiges Lot verzichten müssen. Ihre Frage lässt sich jedoch nicht abschließend beantworten, da es zur Verwendung von Blei inzwischen eine Reihe von Ausnahmen gibt, die das so genannte TAC (Technical Adaptation Committee) vorbereitet und die europäische Kommission beschlossen haben.

Wir sind ein kleines Großhandelsunternehmen, führen keine Eigenmarken und stellen auch nichts selbst her. Wir kaufen und verkaufen also nur Ware unter dem Brand der jeweiligen Hersteller. Bis jetzt auch nur in Deutschland - doch aktuell bekommen wir auch immer wieder interessante Angebote aus dem Ausland (Frankreich, England, Österreich...).

Wenn wir Ware im Ausland ziehen und in Deutschland an Händler verkaufen, sind wir laut Ihrem heutigen Infobrief der "Inverkehrbringer" und somit zur EAR-Registrierung verpflichtet. Ist dies auch der Fall, wenn der Händler beziehungsweise Hersteller im Ausland selbst registriert ist, die Beträge abführt und uns seine Mitgliedsnummer mitteilt? Müssen wir diese Nummer überprüfen beziehungsweise wo kann man diese Nummer prüfen lassen? Oder brauchen wir in diesem Fall keine Registrierung, wenn der Hersteller oder Händler registriert ist? Von wem ist dann die Gebühr zu entrichten - wohl nicht vom Hersteller und von uns?!? In unserem Fall wurde die Ware "incl. Elektroschrott" angeboten - Hersteller ist registriert und wir brauchen uns um nichts mehr kümmern... so die Info!

Wenn Sie Elektro- oder Elektronikgeräte im Ausland kaufen und in Deutschland einführen, um sie hier auf den Markt zu bringen, sind Sie Erstinverkehrbringer und damit den Verpflichtungen des Elektrogesetzes unterworfen. Folglich sind Sie unter anderem verpflichtet, sich beim Elektroaltgeräteregister registrieren zu lassen und die dafür fällige Gebühr zu bezahlen. Die Registrierung Ihres Lieferanten an seinem Standort im europäischen Ausland hilft Ihnen dabei nicht, da sich das Elektroaltgeräteregister nur dafür interessiert, ob Sie die in Deutschland eingeführten Geräte entsorgen werden, wenn sie als Elektroschrott zurückkommen. Auf Ihren Lieferanten im Ausland hat keine deutsche Behörde Zugriff.

Was ist, wenn Ware aus dem Ausland geliefert wird, die Rechnung jedoch vom Lieferanten in Deutschland fakturiert wird (etwa Verkauf von der deutschen Verkaufsniederlassung, Lieferung jedoch aus dem holländischen Zollfreilager). Wir kaufen in Deutschland mit Mehrwertsteuer und allem... sind wir dann Inverkehrbringer oder die Verkaufsniederlassung des Herstellers?

Bei dieser Gestaltung der Lieferbeziehung ist die deutsche Niederlassung Ihres mit niederländischen Lieferanten Hersteller im Sinne des Elektrogesetzes entweder nach § 3 Abs. 11 Nr. 1 oder Nr. 3. In diesem Fall müssen Sie darauf achten, dass diese Niederlassung ihre Verpflichtungen nach dem Elektrogesetzes erfüllt, vor allem, dass Sie registriert ist. Andernfalls gehen die Verpflichtungen nach dem Elektrogesetzes nach § 3 Abs. 12 auf sie über.

Die Fragen wurden von Hans-Jochen

Lückefett, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der [2] 1WEEE Services GmbH, beantwortet.

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