Fragen und Rügen oder wie ein Bieter Ausschreibungen beeinflusst

17.08.2006
Rechtsanwalt seit 1994 Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Arbeitsrecht Datenschutzbeauftragter TÜV Tätigkeitsschwerpunkte: IT-Recht Arbeitsrecht Vergaberecht
Der öffentliche Auftraggeber ist bei Ausschreibungen zu sachdienlichen Auskünften verpflichtet.

Das rechtliche Korsett für öffentliche Auftraggeber bei EU-weiten Ausschreibungen von IT-Leistungen erscheint auf den ersten Blick eng und die Einflussmöglichkeiten eines Bieters gering. Dieser erste Befund bestätigt sich aber in der Ausschreibungspraxis nicht. Aufgrund der zunehmenden Komplexität der Ausschreibungen von IT-Leistungen gewinnen Fragen vor Ablauf der Angebotsfrist an Bedeutung.

Rechtliche Grundlage des Fragerechts

§ 17 Nr. 6 VOL/A regelt den Umgang mit von Bietern geforderten Auskünften. Wenn Bewerber zusätzliche sachdienliche Auskünfte über die Verdingungsunterlagen und das Anschreiben erbitten, so sind diese Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Eine gleich lautende Regelung findet sich auch in § 17 Nr. 7 VOB/A. Werden einem Bewerber wichtige Aufklärungen über die geforderte Leistung oder die Grundlagen seiner Preisermittlung gegeben, so sind sie auch den anderen Bewerbern gleichzeitig mitzuteilen (§ 17 Nr. 6 Abs. 2 VOL/A). Diese Anforderungen leiten sich aus dem Transparenzgebot ab. Als sachdienlich ist jede Auskunft zu verstehen, die mit der Vergabe oder der Ausführung der Leistung im Zusammenhang steht. Dabei können dies Auskünfte über technische Fragen sein oder Fragen, die für die vom Bewerber vorzunehmende Preiskalkulation von Bedeutung sein können. Die Auskunftspflicht des öffentlichen Auftraggebers soll der Einhaltung eines fairen, mit möglichst großer Beteiligung geführten Wettbewerbs und damit der Gleichbehandlung der beteiligten Bewerber dienen.

Aufgrund der Anfrage eines Bieters ist der Auftraggeber zu sachdienlichen Auskünften verpflichtet. Seine Antwort muss inhaltlich zutreffend sein, und er muss die Frage so präzise und ausführlich beantworten, dass seine Ausführungen lückenlos sind.

Diese geschilderten Vorgaben der VOL/A führen zumeist dazu, dass ein öffentlicher Auftraggeber vorsichtshalber alle Fragen von Bietern beantwortet. Die Praxis zeigt, dass einige Bieter mit einer massiven Häufung von Anfragen versuchen, Druck auf den Auftraggeber auszuüben. Dies ist mittel- und langfristig sicherlich keine "kluge" Strategie. Es kann aber durchaus sinnvoll sein, durch präzise und gezielte Fragen zu technischen Details die eine oder andere Optimierung der Ausschreibungsunterlagen zu erreichen.

Unverzügliche Auskunft

Nach der VOL/A muss der Auftraggeber die Auskunft unverzüglich erteilen, sobald die Anfrage des Bieters bei ihm eingegangen ist. Bei der Definition des Begriffes "unverzüglich" wird auf die Regelung des § 121 Abs. 1 BGB zurückgegriffen. Dort wird unverzüglich als Handeln ohne schuldhaftes Zögern definiert. In den meisten Fällen sollte daher eine Auskunft des Auftraggebers innerhalb einer Woche, maximal innerhalb von 14 Tagen, erfolgen. Durch diese Fristbindung wird eine Verkürzung der Angebotsfrist des Bieters verhindert, wenn ihm eine entsprechende Auskunft nicht zur Verfügung gestellt wird.

Gemäß § 18a Nr. 1 Abs. 6 VOL/A muss ein Auftraggeber rechtzeitig angeforderte zusätzliche Auskünfte über Verdingungsunterlagen spätestens 6 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist erteilen.

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