Frank & Walter beantragt Insolvenzverfahren

28.10.1999

MÜNCHEN: Auf der Systems knallte es: Der finanziell schwer angeschlagene Broadliner CHS heizte die Gerüchteküche an. CHS-Tochter Frank & Walter beantragte kurz nach der Messe das Insolvenzverfahren.Montag morgen, 10.44 Uhr bedeutete das Aus für Frank & Walter. Der Distributor, erst 1997 von CHS übernommen, beantragte das Insolvenzverfahren beim Amtsgericht Braunschweig. Der Konkursverwalter steht fest. Bereits seit Donnerstag letzter Woche blieben die Schotten des Braunschweiger Lagers dicht.

Einem Fachhändler, der bei CHS in Fürstenfeldbruck einen Plotter ordern wollte, sagte man: "Das Lager ist gesperrt!" Nach Informationen von ComputerPartner geht dort seit Donnerstag weder Ware rein noch raus.

"Unser Lager zu schließen war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Denn die meisten unserer Lieferanten haben bereits Eigentumsvorbehalt angemeldet", sagt dazu Peter Bundgard, CHS-Deutschland-Chef. Die jeweiligen Kreditversicherer hatten Hersteller und Zulieferer über die prekäre Finanzlage des Broadliners informiert. Alle CHS-Lieferanten sollten "ihre sämtlichen Sicherungsrechte unverzüglich geltend machen und uns über das Ergebnis berichten", heißt es in einem der Redaktion vorliegendem Rundschreiben. Eine Woche vor der Systems gingen die Briefe an alle CHS-Lieferanten raus.

Auf Messen vom Pech verfolgt

Mit ihren Messeauftritten hatte die deutsche CHS-Mannschaft in diesem Jahr nur Pech: Am ersten Systemstag mußte das Management alle Termine absagen, weil Banken und Kreditversicherer das Heft in die Hand nahmen. Mit einer geschönten Bilanz sorgte der CHS-Konzern dagegen auf der Cebit für Schlagzeilen (siehe ComputerPartner 12/99, Seite 1). Die Konsequenzen sind bekannt: weltweit mußten Mitarbeiter gehen, Lager wurden geschlossen.

Nach dem Eklat auf der Systems sind jetzt dagegen die Konsequenzen für die 800 deutschen CHS-Mitarbeiter noch nicht abzusehen. "Wir sitzen weiter mit Banken und potentiellen Käufern am Verhandlungstisch und arbeiten an einer Lösung", war bei Redaktionsschluß der letzte Stand von Statthalter Bundgard. Er gibt aber zu: "Viel Zeit bleibt uns nicht mehr."

CHS-CEO Claudio Osorio, der mit seiner internationalen Shopping-Tour unter den Distributoren den Konzern immer weiter in die roten Zahlen trieb und die Aktionäre zunehmend vergraulte, arbeitet derzeit an einem europäischen Management-Buy-out der Emea (Europe, Middle East, Afrika): Sollte das klappen, würde ein Manager-Team 51 Prozent der CHS Electronics halten und 49 Prozent blieben beim Mutterkonzern. Die Entscheidung soll darüber bis Freitag, den 29. Oktober, fallen.

Auf europäischer Ebene scheint der Distributor langsam zu bröckeln: CHS in England hat einen internen Konkursverwalter bestimmt. Und der will, laut aktueller Meldungen, Metrologie innerhalb kürzester Zeit losschlagen.

"Wachstum" und "Expansionsdrang" dürften derzeit selbst in Osorios Ohren wie Hohn klingen: Jetzt geht es für ihn nur noch um Schadensbegrenzung. Denn auch Finanzspritzen von der IBM-Kreditbank und Computer Associates haben nichts gebracht. Die Rechnung für seine kostspieligen Einkaufstouren werden jetzt auch der deutschen CHS-Niederlassung präsentiert. Kluge Köpfe wie Helmut Schmitt, ehemals Vorstand der CHS Holding, und Ex-CHS-Finanzchef Kurt Schöffer hatten sich bereits vor dem Eklat mit der DNS abgesetzt. Karma sieht offiziell die Situation gelassen: "Unser Lager ist nicht betroffen, weil wir über ein eigenes in Holland verfügen. Auf europäischer Ebene sind wir von CHS durch verschiedene Instanzen getrennt", wähnt sich Gottfried Hackbarth, Karma-Deutschland-Geschäftsführer, auf der sicheren Seite. Zu einer Stellungnahme, ob Karma nun auch den Weg der operativen Unabhängigkeit wählt, war er aber noch nicht bereit. (ch)

Hat den Karren in den Dreck gefahren: Claudio Osorio, CEO des CHS-Konzerns.

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