Freenet will Takline oder Debitel kaufen

01.06.2007
Freenet-Chef Eckhard Spoerr steht mit dem Rücken zur Wand: Im Mobilfunkbereich macht ihm der harte Preiskampf zu schaffen, und das Breitbandgeschäft weist nur noch geringe Wachstumsraten auf.

Freenet-Chef Eckhard Spoerr steht mit dem Rücken zur Wand: Im Mobilfunkbereich macht ihm der harte Preiskampf zu schaffen, und das Breitbandgeschäft weist nur noch geringe Wachstumsraten auf.

Im ersten Quartal fiel das Hamburger Unternehmen weiter hinter der Konkurrenz zurück - die Rivalen United Internet und Arcor gewannen organisch deutlich mehr Kunden. Für zusätzliche Unruhe sorgt nun ein Wechsel in der Eigentümerstruktur - so stieg erst die weitgehend unbekannte Finanzgesellschaft Vatas bei Freenet ein und dann der umtriebige Florian Homm. Großaktionär Homm sprach sich angeblich für eine Zerschlagung aus, dabei ist die Fusion von mobilcom und freenet.de zur Freenet AG keine 100 Tage alt.

Spoerr will dem Treiben nicht hilflos zusehen: Mit einem Befreiungsschlag will der Mann mit der eckigen Brille in die Offensive gehen. Seinem Aufsichtsrat präsentierte er kürzlich Pläne zum Kauf eines Mobilfunkproviders. Als Kandidaten nannte er Kreisen zufolge Talkline und debitel, die beide von Finanzinvestoren kontrolliert werden. Die Idee ist nicht neu: Bereits vor rund einem Jahr verhandelten die drei Anbieter über einen Zusammenschluss, um ihre Rentabilität im harten Wettbewerbsumfeld zu sichern. Allerdings sollen die Gespräche an den Preisvorstellungen des Finanzinvestors Permira gescheitert sein, der debitel kontrolliert und an Talkline beteiligt ist.

Mit einem durch Akquisitionen gestärkten Handy-Geschäft würde Spoerr seine Verhandlungsposition gegenüber den Netzbetreibern verbessern. Und das braucht er, wenn er sein Geschäft weiter entwickeln will. Der Schwabe will künftig unter eigener Marke auftreten und nicht mehr nur als Zwischenhändler von Handy-Verträgen. Der Freenet-Chef verspricht sich davon einen größeren Anteil am Umsatzkuchen. "Mit T-Mobile und E-Plus laufen bereits entsprechende Verhandlungen", heißt es in Unternehmenskreisen. Spoerr bekannte kürzlich auf einer Branchentagung: "Die Service-Provider müssen ihr Geschäft weiterentwickeln."

Gleichzeitig musste er einräumen, dass das DSL-Geschäft sich ausgereizt hat. Ein Netz sei "zwingend erforderlich". Bislang verfügt Freenet nur über ein kleines Netzwerk und muss daher auf die Infrastruktur der Deutschen Telekom und QSC zurückgreifen. Der Aufbau eines eigenen Netzes erfordert hohe Investitionen. Also Geld, das Freenet nach der geplanten Sonderdividende nicht mehr in der Kasse hat.

Im Umfeld von Freenet wird nun spekuliert, dass die Gesellschaft ihr DSL-Geschäft verkaufen und sich ausschließlich auf den Mobilfunkbereich fokussieren könnte. Der mögliche Erlös läge bei rund einer Milliarde Euro, schätzt ein Experte. Sinn macht dieser Schritt auf den ersten Blick nicht, denn Freenet ist an der Börse derzeit mit 2,4 Milliarden Euro mehr Wert als in Einzelteile zerlegt. "Die Zerschlagungsfantasien von Großaktionär Homm könnten sich also als Milchmädchenrechnung herausstellen", sagt ein Manager aus dem Umfeld von Freenet.

Der Aktienkurs von Freenet würde voraussichtlich deutlich an Wert verlieren, heißt es. Dies würde auch Spoerr auf seinem Konto spüren, dessen Gehalt hängt nämlich an der Kursentwicklung. Nach dem Anstieg der Freenet-Aktie war dies im vergangenen Jahr mit 3,8 Millionen Euro besonders üppig. Damit verdiente er so viel wie die Telekom-Vorstände René Obermann und Karl-Gerhard Eick zusammen. (Computerwoche/haf)

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