Freeware-Unix auf dem Vormarsch

28.01.1999

MÜNCHEN: Noch im Oktober sah Microsoft in Linux keinen ernstzunehmenden Konkurrenten für Windows NT Server. Jetzt haben die Marktforscher ihre jüngsten Beobachtungen zum Markt der Server-Betriebssysteme veröffentlicht. Das Ergebnis: Linux hat im vergangenen Jahr ein Wachstum von 212 Prozent hingelegt.Laut den jüngsten Untersuchungen von IDC (International Data Corporation) wurde Linux im abgelaufenen Jahr weltweit 748.000 Mal neu auf Servern installiert. Damit ist der Marktanteil des Unix-Derivats innerhalb eines Jahres von 6,8 (236.000 Neuinstallationen) auf 17,2 Prozent gestiegen - das ist ein Plus an Neuinstallationen von 212 Prozent. Microsofts Windows NT Server führt den Markt zwar immer noch mit 36 Prozent an. Novell allerdings darf sich mit seinen 24 Prozent Anteil angesichts dieser Zahlen langsam, aber sicher Gedanken machen. Unix erreichte 1998 einen weltweiten Marktanteil von 17,4 Prozent und liegt damit Kopf an Kopf mit der Freeware.

Microsoft sorgt sich

Doch auch der Marktführer hat Grund zur Aufmerksamkeit: In der Vergangenheit konnte Microsoft mit NT Server jährlich 75 bis 80 Prozent zulegen. Die rosigen Zeiten, so die Marktforscher, seien allerdings jetzt vorbei. Schon im letzten Jahr konnte Microsoft den 212 Prozent von Linux nur mehr mit 25 Prozent (Novell Netware 15 Prozent, Unix vier Prozent) mehr Installationen begegnen. Die Analysten räumen NT Server auch in den nächsten Jahren nur Absatzzuwächse von 20 bis 30 Prozent ein.

In Redmond ist die drohende Gefahr anscheinend bereits erkannt worden, wie die interne Anweisung zum Kampf gegen Linux beweist. Die sogenannten "Halloween"-Dokumente wurden im November letzten Jahres im Internet veröffentlicht. Microsoft denkt darin laut über mögliche Schachzüge gegen freie Software, insbesondere gegen Linux nach.

Allerdings dürfte es dem Softwaregiganten schwerfallen, das Unix-Derivat zum Stolpern zu bringen. Denn es gibt, anders als im Browserkrieg, keinen Hersteller, den Microsoft angreifen könnte. Viele tausend Hobbyprogrammierer entwickeln Linux immer weiter. Auch die beliebte "Kundenverunsicherung" (Halloween-Dokument I) funktioniert diesmal nicht, denn Käufer von Serverbetriebssystemen wissen im allgemeinen genau, was sie wollen und bekommen.

Noch ein langer Weg zur Marktpräsenz

Linux ist über das Netz kostenlos erhältlich, der Programmcode ist frei verfügbar, was zu größerer Flexibilität führt. Auch im direkten Vergleich schneidet das Underground-Betriebssystem nicht schlecht ab. Unix-Systeme, und dazu gehört Linux, können bis zu 10.000 Anwender ohne Probleme bedienen, während NT-Maschinen schon ab 400 Benutzern langsam, aber sicher den Dienst quittieren.

Dennoch wird das Unix-Derivat noch ein ganze Zeit auf breite Marktpräsenz warten müssen. Zu jung sind die Support-Angebote der Distribution, und große Hersteller wie Oracle, Lotus oder Sun haben gerade erst begonnen, Applikationen für Linux zu entwickeln. (gn)

Maskottchen als Logo: Der Linux-Pinguin erfreut auch knallharte Serverprofis.

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