Freiberufler: Geldanlage beim Finanzamt

Dr. jur. Benno Grunewald ist Fachanwalt für Steuerrecht in Bremen. Er ist auf Selbständige und Unternehmen spezialisiert.

Hierzu ein Beispiel: Sie haben im Jahr 2000 Gewerbesteuer in Höhe von 8.000,00 Euro gezahlt. Dann beginnt die Verzinsung mit dem 01.04.2002. Nach Ihrer Anerkennung als Freiberufler erhalten Sie die Gewerbesteuer am 01.10.2005 zurück. Dann bekommen Sie die Gewerbesteuer in Höhe von 8.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 1.840,00 Euro gleich 9.840,00 Euro erstattet. Sicherlich keine schlechte "Geldanlage".

III. Die rückwirkende Anerkennung als Freiberufler in der Theorie ...

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO (Abgabenordnung) sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft.

Voraussetzungen dieser Bestimmung sind demnach

1. Vorliegen von Tatsachen im Sinne des § 173 Abs. 1 AO

2. Die so genannte Rechtserheblichkeit dieser Tatsachen

3. Kein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen

Diese Voraussetzungen müssen vom Selbstständigen belegt werden.

IV. ... und in der Praxis

Der selbstständige IT-Berater war im Rahmen einer Routinenachfrage vom Finanzamt für die Jahre 2000 bis 2003 als gewerblich eingestuft worden. Dagegen legte der Selbstständige bzw. sein Rechtsvertreter Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren endete mit der Anerkennung als Freiberufler.

Da der Freiberufler bereits seit 1995 selbstständig im IT-Bereich tätig war, beantragte der Rechtsvertreter des Freiberuflers anschließend die Aufhebung auch der Gewerbesteuermessbescheide für 1995 bis 1999 mit den oben unter III. genannten Argumenten.

Dabei war inhaltlicher Kernpunkt dieser Argumentation, dass sich die Situation des Freiberuflers seit 1995 nicht entscheidend verändert hatte, sodass das Finanzamt auch bereits 1995 zum Ergebnis gelangt wäre, dass der Freiberufler nicht gewerblich sondern freiberuflich tätig ist.

Nach mehreren Schriftsätzen und Telefonaten ließ sich das Finanzamt schließlich überzeugen, hob auch die Gewerbesteuermessbescheide für 1995 bis 1999 ersatzlos auf und erkannte den Selbstständigen damit im vollen Umfang als Freiberufler an.

V. Ergebnis

Steuerbescheide sind nicht nur durch einen fristgerechten Einspruch (innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids) angreifbar, sondern können auch noch später geändert bzw. aufgehoben werden. Hierzu ist es erforderlich, die oben genannten "neuen Tatsachen" gegenüber dem Finanzamt glaubhaft zu machen. Sofern diese grundsätzlich Möglichkeit besteht, sollte der Selbstständige diese Chance prüfen beziehungsweise durch einen fachkundigen Steuerberater oder Rechtsanwalt prüfen lassen.

Er kann dabei nur gewinnen - denn im "schlimmsten" Fall bleibt alles, wie es ist; im besseren Fall aber erhält er seine bereits gezahlte Gewerbesteuer zuzüglich sechs Prozent Zinsen pro Jahr erstattet, muss auch künftig keine Gewerbesteuer zahlen und ist auch von allen sonstigen Belastungen der Gewerblichkeit befreit.

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