Freie-Mitarbeiter-Verträge als Alternative zur Festanstellung?

11.07.1997
HAMBURG: Die Beschäftigung freiberuflicher Mitarbeiter bietet den Unternehmen einige Vorzüge. Die Senkung des Kostenfaktors Personal bildet dabei nur eine Komponente. Leicht jedoch entsteht der Verdacht einer verdeckten Arbeitnehmerschaft. Eine Überprüfung der Vertragsverhältnisse durch ein Arbeitsgericht kann für beide Seiten zu erheblichen Kosten führen.Die Softwarebranche gehört wie kaum eine andere zu den Branchen, die verstärkt mit freien Mitarbeitern arbeitet. Die sich verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen tragen zu diesem Trend bei. Kostenreduzierungen, insbesondere Personalkostenein-sparungen gerade für kleinere Software-Unternehmen sind in diesen Zeiten oberstes Gebot.

HAMBURG: Die Beschäftigung freiberuflicher Mitarbeiter bietet den Unternehmen einige Vorzüge. Die Senkung des Kostenfaktors Personal bildet dabei nur eine Komponente. Leicht jedoch entsteht der Verdacht einer verdeckten Arbeitnehmerschaft. Eine Überprüfung der Vertragsverhältnisse durch ein Arbeitsgericht kann für beide Seiten zu erheblichen Kosten führen.Die Softwarebranche gehört wie kaum eine andere zu den Branchen, die verstärkt mit freien Mitarbeitern arbeitet. Die sich verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen tragen zu diesem Trend bei. Kostenreduzierungen, insbesondere Personalkostenein-sparungen gerade für kleinere Software-Unternehmen sind in diesen Zeiten oberstes Gebot.

Die Arbeit mit freien Mitarbeitern bietet dabei den Software-Unternehmen die Möglichkeit, Lohnnebenkosten und die Lohnfortzahlung in Krankheitsfällen einzusparen. Der Wegfall des Kündigungsschutzes, des Mutterschutzes und gegebenenfalls der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sind angenehme Begleiterscheinungen für den Unternehmer.

Darüber hinaus ist es für den Unternehmer häufig von Interesse, auf Auftragseingänge, die ein spezielles Know-how erfordern, variabel zu reagieren. Diese Variabilität bietet - zumindest vordergründig betrachtet - der freie Mitarbeiter.

Doch Vorsicht ist geboten. Seit geraumer Zeit wird gerade von den Steuerberatern unter dem Stichwort der verdeckten Arbeitnehmerschaft auf Gefahren hingewiesen, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung von freien Mitarbeitern entstehen können. Denn der Status und die angenehmen Rechtsfolgen des selbständig Tätigen für das Software-Unternehmen trägt nur dann Früchte, wenn es sich auch tatsächlich um eine freiberufliche Tätigkeit des jeweiligen Mitarbeiters handelt. Trifft dies nicht zu, so kommen auf den Unternehmer - wie auch teilweise auf den "freien Mitarbeiter" - Konsequenzen zu, die mit erheblichen, nicht kalkulierbaren Kosten verbunden sind.

Beruft sich der Freiberufler während seiner Tätigkeit beispielsweise auf Schutzrechte, die nur einem Arbeitnehmer zustehen, kann es zu einer Überprüfung des Vertragsverhältnisses durch die Arbeitsgerichte kommen, deren Folge mit erheblichen Problemen und finanziellen Lasten verbunden sein kann. Wesentlicher Punkt ist hierbei die Kündigung, wenn der Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht die nach dem Kündigungsschutzgesetz erforderlichen Kündigungsgründe zur Seite stehen.

Schutzrechte

Ebenfalls problematisch kann es werden, wenn sich eine schwangere Mitarbeiterin plötzlich auf die Mutterschutzregelungen beruft oder der kranke Mitarbeiter von dem jeweiligen Unternehmen die für einen Arbeitnehmer obligatorische Lohnfortzahlung im Krankheitsfall fordert.

Weitaus bedeutender dürften allerdings die steuerrechtlichen Auswirkungen sein. So haftet der Arbeitgeber neben dem Arbeitnehmer als Gesamtschuldner dafür, daß die Lohnsteuer richtig einbehalten und abgeführt wird. Stellt sich heraus, daß der freie Mitarbeiter nach den tatsächlichen Gegebenheiten als Arbeitnehmer zu werten ist, steht es im Ermessen des Finanzamtes, welchen Gesamtschuldner es für die im nachhinein zu entgeltende Lohnsteuer heranziehen will. Die nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge können im Falle einer Prüfung durch die zuständige Krankenkasse rückwirkend ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses von der jeweiligen Krankenkasse geltend gemacht werden. Auch für die unberechtigt abgezogene Vorsteuer wird im Regelfall der Unternehmer vollständig in Anspruch genommen.

Vertragsgestaltung

Das Software-Unternehmen hat daher bei der Beschäftigung von freien Mitarbeitern Grundsätze zu beachten, die diese Risiken eindämmen, allerdings nicht zu 100 Prozent im Vorwege beseitigen können. Vordergründiges Moment ist die Vertragsgestaltung, da Freie-Mitarbeiter-Verträge nur dann in Betracht kommen, wenn es sich auch tatsächlich um eine freiberufliche Tätigkeit handelt. Die alleinige Bezeichnung des gegebenenfalls schriftlichen Vertrages als Freier-Mitarbeiter-Vertrag reicht - wie es landläufig angenommen wird - nicht aus.

Das Vertragsverhältnis sollte zumindest neben einer freien Zeit- und Ortseinteilung gerade auch von dem Unternehmerrisiko des freien Mitarbeiters geprägt sein. Nur der Mitarbeiter, der auf eigene Rechnung und auf eigene Gefahr tätig ist, darf zu Recht als freier Mitarbeiter bezeichnet werden. Beachten die Vertragsparteien die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, können die Freien-Mitarbeiter-Verträge trotz alledem eine wirtschaftlichere Alternative zur Festanstellung sein. Der Unternehmer sollte sich allerdings bei seiner Vertragsgestaltung von Anfang an eines im Arbeits- und Sozialrecht versierten Rechtsanwaltes bedienen und mit diesem die erforderlichen Maßnahmen erörtern.

Dr. Stefanie Müller Die Autorin ist Rechtsanwältin in Hamburg.

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