Bundesinnenminister

Friedrich verteidigt Einsatz von Bundestrojanern

19.10.2011
Hysterie oder begründete Sorge? Die Identifizierung staatlicher Spionage-Software hat für viel Wirbel gesorgt. Bundesinnenminister Friedrich verteidigt den Einsatz von Trojanern.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat den Einsatz des so genannten Bundestrojaners verteidigt.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat den Einsatz des so genannten Bundestrojaners verteidigt.
Foto: BMI

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat den Einsatz sogenannter Trojaner für die Kommunikationsüberwachung auf Computern verteidigt. "Unsere Beamten halten sich strikt an das, was sie dürfen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte eine Sonderkonferenz der Innenminister von Bund und Ländern, um die Vorwürfe aufzuklären. Der Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl (CSU) warnte vor "Hysterie".

Friedrich verteidigte auch die umstrittene Funktion des in Bayern verwendeten Trojaners, weitere Module nachzuladen, mit denen die Überwachung ausgeweitet werden könnte. "Wir brauchen diese Nachladefunktion, um uns den normalen Updates auf dem Zielcomputer anpassen zu können." Die Landesbehörden hätten "völlig zu Recht" darauf hingewiesen, "dass sie die Grenzen dessen, was rechtlich zulässig ist, nicht überschritten haben". Friedrich übte scharfe Kritik am Chaos Computer Club. Dieser habe "dem Chaos in seinem Namen alle Ehre gemacht". Es seien viele Missverständnisse entstanden.

Der Chaos Computer Club (CCC) hatte die Version eines Trojaners zum Abhören von verschlüsselten Telefonaten über das Internet ("Quellen-TKÜ") angeprangert. Nach Angaben des Clubs kann die Software mehr als sie darf und hinterlässt auf dem Computer des Betroffenen gravierende Sicherheitslücken, die Dritte ausnutzen könnten. Die umstrittene Software war auch in Bayern eingesetzt worden. Allerdings hatten Innenminister Joachim Herrmann und Justizministerin Beate Merk (beide CSU) die Vorwürfe zurückgewiesen, dass der Einsatz nicht legal gewesen sei.

Unions-Innenexperte Uhl geht davon aus, dass Bund und Länder seit 2009 zusammen etwa 35 mal pro Jahr Trojaner gesetzt haben, um verschlüsselte Kommunikation abzugreifen. Damit käme man auf rund 100 Einsätze in drei Jahren. Er räumte aber ein, dass diese Zahl eine Schätzung ist. Bekannt sei, dass Bundeskriminalamt, Bundesverfassungsschutz und Bundespolizei seit 2009 insgesamt in 25 Fällen Trojaner zur Kommunikationsüberwachung einsetzten, sagte Uhl. Bayern habe seit 2009 ebenfalls in 25 Fällen Trojaner benutzt.

Im Jahr 2008 hatte das Bundesverfassungsgericht in einem grundlegenden Urteil ein Grundrecht auf Schutz des persönlichen Computers geschaffen und hohe Hürden für Online-Durchsuchungen - also für die Durchsuchung der Festplatte - gesetzt. Die Quellen-TKÜ wird häufiger angewandt als die äußerst sensiblere Online-Durchsuchung. Allerdings setzten die Ermittler in beiden Fällen Trojaner ein.

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