Nach der Übernahme

FSC/Fujitsu: Eine problematische Beziehung beginnt

12.11.2008
Die monatelange Hängepartei zwischen Siemens und Fujitsu ist zu Ende. Siemens hat seinen Anteil an dem Joint Venture FSC an den japanischen IT-Konzern verkauft. Die Tochter soll auf IT-Infrastruktur und -Services getrimmt werden - mit und ohne Partner.
Der neue CEO Kai Flore und seine Mannschaft werden noch jede Menge klären müssen.
Der neue CEO Kai Flore und seine Mannschaft werden noch jede Menge klären müssen.

Von Wolfgang Leierseder

Seitdem vergangene Woche der japanische IT-Konzern Fujitsu zum Schnäppchenpreis von 450 Millionen Dollar Fujitsu Siemens Computers (FSC), Europas größten Computerhersteller, übernommen hat, kann sich Peter Löscher, Chef des krisengeschüttelten Siemens-Konzerns, nun ganz den selbstverordneten Aufgaben Industrie, Energie und Gesundheit widmen. Sobald er den öffentlich geführten Streit zwischen ihm und dem gerade demissionierten FSC-Chef Bernhard Bischoff, die Zukunft FSCs betreffend, in der kontinuierlich voller werdenden Siemens-Akte "PR-GAUs" abgeheftet hat, könnte er noch mal die Gründe für den Fujitsu-Kauf studieren.

Fujitsu will weltweit tätig werden - so wie Dell, IBM und HP

Fujitsu, außerhalb Europas eine IT-Macht, möchte ein weltweit agierender Anbieter von IT-Infrastruktur werden, auf gleicher Etage wie Dell, IBM oder HP. Dafür braucht es den europäischen Markt und FSC. Umgekehrt ist für FSC die lästige Schranke, nur in Europa (EMEA: Europe, Naher Osten und Afrika), Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können, aus dem Weg geräumt. Freilich um den Preis der Selbstständigkeit.

In fünf Monaten, ab dem 1. April 2009, wird FSC, Europas größter Computerhersteller, als Fujitsu-Tochter des weltweit drittgrößten IT-Anbieters weitergeführt. FSC bringt neben den 10.500 Mitarbeitern - allein 6.200 in Deutschland - einen Umsatz von 6,9 Milliarden Euro und die magere Morgengabe von 91 Millionen Gewinn mit. Der Name Siemens, in Deutschland ein Türöffner bei IT-Projekten, kann nach Angaben von FSC-Sprecher Stefan Müller noch ein weiteres Jahr verwendet werden. Allerdings: "Die Marke wird Fujitsu sein", sagte er gegenüber ChannelPartner.

Nun könnten die Mitarbeiter von FSC erstmal aufatmen. Weil die befürchtete Zerschlagung des Münchener Konzerns "vom Tisch ist", wie IG-Metall-Mitglied Jürgen Kerner meinte, und weil statt der Monate währenden lähmenden Situation Kunden gegenüber - "Wie es weitergeht? Ich weiß es nicht!" - jetzt wieder Selbstbewusstsein die Tätigkeiten bestimmen könnte.

"Die Komplettübernahme von FSC durch Fujitsu ist ein logischer und richtiger Schritt und die beste mögliche Alternative", lobte Andreas Zilch, Analyst des Münchener IT-Beratungshauses Experton Group und langjähriger Kenner von FSC: Anders als Siemens, das in den vergangenen zwei Jahren sehr deutlich gemacht hat, wie wenig es von der einst wichtigen IT- Sparte halte, sei Fujitsu entschlossen, sich zu einem globalen IT-Brand zu entwickeln.

Die "neue" Firma: ein Spezialist für Unternehmens-IT

Sinngemäß das Gleiche sagte Fujitsu-Präsident Kuniaki Nozoe bei der Übernahme. FSC passe zur globalen Strategie des Konzerns. Dieser, tätig in 70 Ländern mit mehr als 160.000 Mitarbeitern, setzte im abgelaufenen Geschäftsjahr (31. März 2008) umgerechnet rund 33 Milliarden Euro um. Als Gewinn bilanzierte das Unternehmen mit Sitz in Tokio umgerechnet lediglich rund 855 Millionen Euro.

Im Einzelnen heißt das: Fujitsu wird versuchen, sich in Europa mithilfe von FSC als IT-Serviceleister und Spezialist für Unternehmens-IT zu etablieren. Dazu kann Fujitsu selbst seine gemeinsam mit Sun entwickelten Unix-Server (Sparc) in die Waagschale werfen, zudem Mainframes. Des Weiteren bietet Fujitsu professionelle Scanner und Festplatten an. Und es gibt die Fujitsu Services GmbH mit Sitz in Düsseldorf. Die Niederlassung ist als IT-Service-Anbieter tätig und Teil der europa- und weltweiten Serviceorganisation.

Insofern haben viele - nicht alle - FSC-Mitarbeiter recht, wenn sie die Ankündigung, es würden im Zug der Integration "Doppelfunktionen beendet" und " aus operativer Sicht angesehen" (Müller), mit Misstrauen und Bangen verfolgen. Das gilt für die weltweit 4.200 Mitarbeiter der Dienstleistungsabteilung ITPS (IT-Product Services), für die, die in der Verwaltung von FSC respektive Fujitsu tätig sind, und für die, die am künftigen IT-Portfolio vorbeientwickeln. Folgt man zudem der Analyse von Zilch, derzufolge nur zwei FSC-Bereiche gut liefen - das Mainframe-Geschäft (BS2000) und die Storage-Abteilung -, so kann man sich mühelos ausmalen, dass auf die FSCler harte Zeiten zukommen.

Allerdings: In der Telefonkonferenz zur Übernahme hatte Fujitsu-Vorstand Tatsuo Tomita versichert: "Wir denken nicht an Stellenstreichungen in Deutschland." Hierzulande hat FSC rund 6.200 Mitarbeiter. Bei der Fujitsu Service GmbH sind etwa 1.400 Mitarbeiter beschäftigt. Darüber hinaus beteuerte FSC, Deutschland sei eine wichtige Drehscheibe für das Unternehmen.

Eines steht fest: Fujitsu will das Management global ausrichten und vereinheitlichen. Dagegen weiß niemand, wie die Fujitsu-Tochter künftig ihr margenschwaches und von vielen Fehlschlägen gekennzeichnetes Volumengeschäft - PCs, Notebooks und Mediencenter - aufstellen wird. Dass es wegfallen beziehungsweise verkauft werden könnte, vermuten viele Branchenkenner. Zunächst aber dürfte es bei FSC bleiben. Auch wenn von diesem Geschäft in der Unternehmenspräsentation anlässlich der Übernahme nicht die Rede war.

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