Empathische Netzwerker gefragt

Führen im digitalen Zeitalter



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Die Manager von morgen werden "empathische Netzwerker" sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ). Was dies bedeutet, erläutert Barbara Liebermeister, die Leiterin des Instituts, in einem Interview.

Frau Liebermeister, die IFIDZ-Studie kommt zum Schluss: Im digitalen Zeitalter muss sich Führung neu erfinden. Warum?

Liebermeister: Weil sich unter anderem aufgrund des Siegeszugs der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie die Arbeitsstrukturen und -beziehungen in den Betrieben radikal gewandelt haben. Deshalb haben sich auch die Anforderungen an Führung verändert, weshalb sich Führung neu definieren muss.

Das Denken einer Führungskraft darf nicht an der Grenze des eigenen Bereichs enden, sondern muss andere miteinbeziehen.
Das Denken einer Führungskraft darf nicht an der Grenze des eigenen Bereichs enden, sondern muss andere miteinbeziehen.
Foto: Yuri Arcurs/Fotolia.de

Die Studie behauptet, im digitalen Zeitalter müssten Führungskräfte empathische Netzwerker sein. Was heißt das? Müssen sie virtuos mit dem Internet und den sozialen Medien umgehen können?

Liebermeister: Auch diese Fähigkeit werden Führungskräfte und Manager verstärkt brauchen, wenn diese Medien für die Information und Kommunikation eine immer wichtigere Bedeutung haben. Es greift jedoch zu kurz, wenn man die veränderten Anforderungen auf die Medienkompetenz reduziert. Denn dann wird nur die Oberfläche gestreift.

Führungsaufgabe: Bereiche vernetzen

Inwiefern?

Liebermeister: Heute wird in den meisten Unternehmen die Leistung weitgehend in bereichsübergreifender Team- und Projektarbeit erbracht. Das heißt, die Performance eines Bereichs hängt auch stark davon ab, wie gut dieser mit den anderen Bereichen kooperiert. Also darf das Denken einer Führungskraft nicht an der Grenze des eigenen Bereichs enden. Sie muss vielmehr versuchen, ihren Bereich mit den anderen so zu vernetzen, dass Top-Leistungen erbracht werden. Das setzt voraus, dass die Führungskraft auch die Mitarbeiter der anderen Bereiche sowie deren Vorgesetzte für ihre Ziele beziehungsweise die übergeordneten Ziele inspirieren kann. Das gelingt ihr nur, wenn sie bei ihrem Denken und Handeln auch berücksichtigt: Welche Interessen haben die anderen Bereiche und deren Mitarbeiter? Sonst kann sie keine tragfähigen Bündnisse schmieden.

Sollte es in Unternehmen nicht selbstverständlich sein, dass alle Bereiche und Mitarbeiter am selben Strang ziehen?

Liebermeister: Sollte es sein, ist es aber nicht. Faktisch bleibt es eine der größten Herausforderungen für Unternehmen: Wie können wir die Zahl der Schnittstellen möglichst reduzieren beziehungsweise aus ihnen sozusagen Nahtstellen machen, so dass kaum Reibungsverluste entstehen? Deshalb überraschte es uns nicht, dass in unserer Studie fast zwei Drittel der befragten Führungskräfte die Aussage "voll und ganz" bejahten, vernetztes Denken und Handeln sei künftig eine Voraussetzung für erfolgreiche Führung - zudem bejahten 31 Prozent diese Aussage teilweise.

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