Mal hü, mal hott, kein Plan

Führungsaufgabe "Zielkonflikte managen"

26.07.2012
Vorgesetzte müssen lernen, Dilemmata zu managen. Wie das klappt, erklärt Hans-Werner Bormann.
Richtungsstreitigkeiten in der Firma sind eine Herausforderung für Führungskräfte.
Richtungsstreitigkeiten in der Firma sind eine Herausforderung für Führungskräfte.
Foto: Ploedfisch_Fotolia

Investieren und zugleich die Liquidität sichern. Umstrukturieren und zugleich das Alltagsgeschäft am Laufen halten. Den Service verbessern und zugleich die Kosten im Griff behalten. In solchen Zielkonflikten, auch Dilemmata genannt, befinden sich Unternehmen stets. Also muss ihr Führungspersonal lernen, sie zu managen.

"Mal heißt es hü, mal heißt es hott" - diese Klage hört man oft von Mitarbeitern. Sie kritisieren immer wieder, ihre Führungskräfte hätten "keinen Plan" und würden sie mit ihren stets wechselnden (Ziel-)Vorgaben "kirre" machen. Zuweilen zu Recht! Bei schwachen und noch recht unerfahrenen Führungskräften registriert man oft, dass sie recht planlos agieren und ihre Mitarbeiter mit permanent wechselnden und sich teils widersprechenden Anweisungen "führen" - oder genauer gesagt "irritieren".

Meist liegt solchen Klagen von Mitarbeitern jedoch ein Problem zugrunde, mit dem Führungskräfte aller Führungsebenen regelmäßig kämpfen: Sie stehen beim Führen des ihnen anvertrauten Unternehmens oder Bereichs vor der Herausforderung, nicht nur ein Ziel, sondern ein ganzes Bündel von sich zum Teil widersprechenden Zielen zu erreichen. Und weil die Rahmenbedingungen sich permanent ändern, müssen sie, um den angestrebten Erfolg zu sichern, bei der Alltagsarbeit immer wieder die Prioritäten verschieben. Das erzeugt bei den Mitarbeitern zuweilen das Gefühl "Unser Chefs wissen selbst nicht, was sie wollen" - zumindest dann, wenn ihnen ihre Vorgesetzten den scheinbaren "Kurswechsel" nicht ausreichend erklären.

Dilemmata sind nicht lösbar

Die Sozialwissenschaft spricht, wenn eine Person zeitgleich mehrere, sich teils widersprechende Ziele erreichen möchte oder muss, von einem Dilemma. Ein typisches Dilemma ist die vieldiskutierte "Vereinbarkeit von Familie und Beruf". Für dieses Dilemma gilt wie für alle Dilemmata: Es lässt sich, zumindest wenn man Beruf mit "Karriere machen" gleichsetzt, für die meisten Berufstätigen nur bedingt lösen - ganz gleich, welch tolle Unterstützung ihnen ihr Arbeitsgeber oder der Staat gewährt. Denn wer viel Geld verdienen will, muss in der Regel auch viel schuften - also bleibt wenig Zeit für Familie und Freunde. Und wer, weil er beruflich vorwärtskommen möchte, rund um den Globus jettet, der kann eben nicht jeden Abend zuhause sein.

Vor solchen Dilemmata stehen auch Unternehmen immer wieder - und zwar auf allen Hierarchieebenen. Ein typisches Dilemma, vor dem zum Beispiel Unternehmensführer oft stehen, ist: Wenn unser Betrieb auch künftig zu den Top-Anbietern im Markt zählen soll, dann müssen wir investieren - sei es in neue Produkte oder in die Entwicklung neuer Technologien oder in den Aufbau neuer Vertriebswege oder in das Erschließen neuer Märkte. Wenn unser Unternehmen hierfür jedoch sehr viel Geld ausgibt, dann sinken seine Liquidität und sein Ertrag und die Verschuldung steigt. Das heißt, das Unternehmen wird abhängiger von Kapitalgebern, was (wenn etwas schief geht) seine Eigenständigkeit, wenn nicht gar Existenz gefährden kann.

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