Führungskompetenz und Leistungsförderung

15.10.1998

BAD HARZBURG: Verärgerte Mitarbeiter sind mit ihren Gedanken nicht bei der Sache. Bei der beinharten wirtschaftlichen Gangart ein gefährliches Manko. Das Innenleben vieler Berufstätiger ist von Unlustgefühlen geprägt. Der Grund: Ein inkompetenter Chef, der durch sein Verhalten frustrierend wirkt.Bekanntlich ist Einsicht die Voraussetzung für Veränderung. Ein Vorgesetzte, der auf seine Mitarbeiter wie die sprichwörtliche Axt im Walde wirkt, muß sich über sein Verhalten erst einmal bewußt werden. Erst dann kann er, gegebenenfalls mit externer Unterstützung, sich um Verhaltenskorrekturen bemühen.

Die Unternehmensberatung Coverdale Team Management Deutschland GmbH, München, hat während Beratungen und Seminaren nach Verhaltensweisen gefragt, die auf Mitarbeiter ganz besonders enervierend wirken. Ziel der Aktion: Beispiele zu sammeln, um bei Maßnahmen zur Organisations- und Personalentwicklung die negative Wirkung bestimmter Verhaltensweisen demonstrieren zu können.

Unter dem Strich kam dabei folgendes heraus: Die kleinen Macken und Marotten der Chefs werden gerne toleriert. Mehr noch: Sie machen einen Vorgesetzten menschlich und unverwechselbar. Immer wieder stießen die Coverdale-Berater und -Trainer bei ihren Befragungen auf Mitarbeiter, die sich leuchtenden Auges an "eine besonders irre Type von Chef" erinnerten. Was also treibt die Mitarbeiter zur Verzweiflung?

Coverdale-Geschäftsführer Weegen gibt folgende Antwort auf diese Frage: "Die Empfindlichkeiten sind unterschiedlich ausgeprägt, die Gemüter unterschiedlich erregbar. Was den einen zur Weißglut treibt und schließlich mit Leistungsverweigerung reagieren läßt, berührt den anderen kaum. Auch die Tagesform spielt in Sachen Empfindlichkeit eine nicht unwichtige Rolle. Private Probleme verstärken in aller Regel die Sensibilität am Arbeitsplatz. Und dann gibt es natürlich das Problem, daß sich zwei nicht riechen können."

Vorsicht also bei automatischen Schuldzuweisungen, geht es um den angeblich "bösen Chef". Weegen räumt jedoch ein, daß es eine Reihe von Verhaltenseigenschaften gibt, die sich unabhängig von Alter, Geschlecht, Tagesform oder Wettereinflüssen erheblich auf die Leistungsbereitschaft auswirken.

Zehn Verhaltensfehler bei Vorgesetzten machen der Coverdale-Befragung zufolge leistungswillige Mitarbeiter zu Betriebsstatisten:

Die Sucht, alles selbst zu bestimmen:

- Engagement verträgt sich schlecht mit Bevormundung. Motivierte Mitarbeiter wollen Entscheidungs- und Handlungsfreiräume. Ihr Wunschbild ist ein Vorgesetzter, der ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht und sie dann wieder selbständig agieren läßt. Werden sie jedoch an der kurzen Leine geführt, erlischt ihre Motivation.

Geheimniskrämerei:

- Engagement braucht Informationen. Die meisten Mitarbeiter wollen wissen, was passiert, was geplant ist, wo es Erfolge und wo es Probleme gibt. Sie verstehen ihren Vorgesetzten als Informationsbroker, erwarten von ihm unbedingte Offenheit und reagieren bei Mißbrauch von Informationen mit Leistungsverweigerung. Für sie ist es eine Selbstverständlichkeit, sich mit Kollegen auszutauschen.

Entscheidungsschwäche:

- Engagement verlangt klare Verhältnisse. Mitarbeiter legen Wert auf eindeutige Aussagen, rasche Entscheidungen, Risikobereitschaft, die konsequente Beseitigung von unsicheren Faktoren, die ihre Handlungsfähigkeit einschränken. Wenn sich Vorgesetzte aus Angst, taktischer Vorsicht, machtpolitischem Kalkül oder in der Absicht, einen gegen den anderen auszuspielen, bedeckt halten, reagieren Mitarbeiter mit "Dienst nach Vorschrift".

Unberechenbarkeit:

- Engagement lebt stark von Glaubwürdigkeit. Werden allgemeine Umgangsformen von der persönlichen Tagesform des Chefs diktiert, erteilt der Vorgesetzte Lob und Kritik aus seinen Launen heraus, erweist sich Gunst als Maß aller Dinge, versiegt die Arbeitsfreude.

Sprunghaftigkeit:

- Engagement basiert auf Konzentration. Motivierte Mitarbeiter sind flexibel in der Vorgehensweise, aber beharrlich und zielorientiert in der Sache. Der Sinn ihres Handelns muß ihnen verständlich sein. Springen Vorgesetzte planlos und ungeduldig von einem Punkt zum nächsten, entziehen sie engagierten Mitarbeitern die Basis für kreative Leistungen.

Ignoranz:

- Engagement braucht das Gespräch. In der Regel haben Mitarbeiter etwas zu sagen. Doch sie wollen sich nicht nur mitteilen, sie wollen auch mitreden. Kluge Vorgesetzte setzen deshalb auf Dialog.

Konfliktscheu:

- Engagement ist ohne Auseinandersetzung undenkbar. Deshalb gehören Eigensinn, Ideen, außergewöhnliche Vorgehensweisen und Widerspruch zusammen. Vorgesetzte, die vorhandene Energien zu deckeln versuchen, verschwenden betriebliche Ressourcen. Gefragt ist der kompetente Vorgesetzte mit der Fähigkeit zur Moderation, der mit situativer Emotionalität umzugehen versteht, der ausgleicht, ohne abzuwürgen, der das Ziel ansteuert, ohne einen bestimmten Weg vorzuschreiben.

Misstrauen:

- Engagement verkümmert ohne Vertrauen. Mitarbeiter entwickeln ihre überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit vor allem aus dem Spannungsfeld von Versuch und Irrtum. Fehler sind Wegweiser zum Ziel und sollten nicht generell als Zeichen der Unfähigkeit bewertet werden.

- Engagement kennt keine unumstößlichen Wahrheiten. Eigenes Wissen, Mutmaßungen und Ausprobieren dienen dazu, sich an eine gestellte Aufgabe heran zu tasten. Besserwisserische Vorgesetzte stehen bei der Suche nach Lösungsstrategien im Weg.

Selbstweihräucherung:

- Engagement braucht Teamgeist. Vor allem engagierte Mitarbeiter regenerieren ihre Leistungsbereitschaft stark aus ihrem Umfeld. So bewußt sie sich einerseits abgrenzen, so wichtig ist ihnen andererseits das Wir-Gefühl. Sie verlangen nach Anerkennung, sind sich aber der stimulierenden Wirkung eines Teams bewußt. Sie sind bereit, den Erfolg als Gemeinschaftsergebnis zu akzeptieren, reagieren aber mit abrupter Leistungsverweigerung, wenn sich ein Gruppenmitglied, insbesondere der Vorgesetzte, zu sehr in den Vordergrund spielt. Hartmut Volk

Zur Startseite