Für den Chef, nicht für die Firma arbeiten wir (?)

29.04.2004

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Herrn Claus Goworr

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München, 26.04.2004

Für den Chef, nicht für die Firma arbeiten wir (?)

Sehr geehrter Herr Goworr,

jetzt haben wir den Salat: Ein Drittel der deutschen Arbeitnehmer hält seinen Chef für eine Pfeife. In einer Umfrage der Zeitschrift "Junge Karriere" gaben 34 Prozent der Teilnehmer an, ihr Chef sei eine "totale Fehlbesetzung".

Auch sonst fällt die Beurteilung der Bosse wenig schmeichelhaft aus: Fast zwei Drittel der mehr als 2.100 Umfrage- teilnehmer werfen ihren Chefs vor, überhaupt nicht mit Menschen umgehen zu können. Rund 44 Prozent haben bei ihren Vorgesetzten fachliche Mängel erkannt. Lediglich ein Viertel der Führungskräfte erhielt die Gesamtnote "gut".

Nun kann man sagen: Ja und? Ist es nicht völlig unerheblich, was die Mitarbeiter über ihren Chef denken, solange sie ihre Arbeit tun?

Kurz vor Weihnachten habe ich in einem Kommentar die Meinung vertreten, die Angestellten in einem Unternehmen sollten sich mehr um die Kunden und weniger um ihre Chefs kümmern. "Kundenorientierung statt Cheforientierung" war meine Forderung (ComputerPartner 49/03, Seite 10). Daraufhin schickten Sie mir einen Leserbrief, in dem Sie mir mitteilten, das sei zwar theoretisch richtig, tauge aber nicht für die Praxis. Angestellte in einem Unternehmen, schrieben Sie, verhielten sich ähnlich wie Kinder in der Schule: Sie arbeiten und strengen sich ganz wesentlich für das Lob des Lehrers (Vorgesetzten) an.

Nun stellen sich Fragen. Zum Beispiel diese: Wie wichtig sind mir das Lob und die Anerkennung eines Vorgesetzten, den ich für eine Flasche halte? Wie viel wert ist ein Lob von jemandem, dem ich nicht zutraue, meine Leistung wirklich beurteilen zu können? Oder ist vielleicht die Flasche, die lobt, immer noch besser als der zwar fachlich kompetente Chef, der sich aber lieber den großen Zehennagel einwachsen lassen würde, als einen Mitarbeiter zu loben?

Die meisten Schüler, sagen Sie, strengen sich ganz besonders für einen Lehrer an, den sie gut leiden können. In Unternehmen sei die Beziehung zwischen Chefs und Mitarbeitern ähnlich. Wenn dies so ist, was heißt das für den Vorgesetzten? Doch wohl vor allem, dass es den Chefs nicht egal sein kann, welche Meinung die Mitarbeiter

von ihnen haben. Die Chefs dürfen dann bei ihrem Tun nicht nur das Lob und die Anerkennung wiederum ihrer Chefs im Auge haben, sondern ganz wesentlich eben auch das ihrer Mitarbeiter.

Stellt sich abschließend die Frage: Wofür arbeiten die Menschen, die nicht für das Lob ihres Vorgesetzten arbeiten? So hart es klingt, aber ich fürchte, sie arbeiten fürs Geld ;-)

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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