Fujitsu Siemens: Mit Mister Nobody aus der Krise?

13.04.2000
Schon zwei Wochen nach dem Rausschmiss von Siegfried Hoffmann und Robert Hoog zauberte Fujitsu Siemens (FSC) einen Nachfolger aus dem Hut: Paul Stodden soll jetzt den Konzern wieder auf Kurs bringen. Kritiker fragen sich aber, ob Stodden wirklich die beste Lösung darstellt.

FSC-Mitarbeiter hatten sich den neuen CEO anders vorgestellt: "Nach dem ganzen Trouble, den die Fusion zweier Unternehmenskulturen mit sich bringt, wäre es am besten, der neue Frontmann käme von außen. Einen Fujitsu- oder Siemens-Manager zu benennen, würde intern wieder alte und neue Probleme schaffen", sagte ein Fujitsu-Manager noch letzte Woche über das große Personalrätsel bei dem japanisch-deutschen Joint-Venture.

Diese Einschätzung, die auch andere teilen, war aber nur ein Wunschgedanke: Denn mit Paul Stodden tritt ein alteingesessener Siemens-Manager, dem der indirekte Vertrieb fremd ist, die Hoffmann-Hoog-Nachfolge an (siehe Kasten). Während mit Hoffmann, trotz der Vorwürfe der Vetternwirtschaft, eine prominente Galionsfigur an der Firmenspitze stand, ist Stodden in der Branche weitgehend unbekannt und hielt sich bisher im Hintergrund.

Mit seinem Schattendasein dürfte es jetzt vorbei sein: Stoddens To-do-Liste ist nicht nur lang, sondern auch äußerst anspruchsvoll. Immerhin muss er nicht nur die Ertragslage des Gemeinschaftsunternehmens wieder ins Lot bringen (siehe ComputerPartner 12/00, Seite 10), sondern auch mit Fingerspitzengefühl dafür sorgen, dass aus zwei strategisch unterschiedlich ausgerichteten Firmen ein Gemeinschaftsunternehmen mit einer einheitlichen Identität entsteht. Die Gräben zwischen den beiden Mannschaften sind tief. "Fujitsu hat in Europa immer auf schlanke Strukturen und Flexibilität gesetzt. Siemens ist dagegen ein Klotz: Die Beamtenmentalität der Mitarbeiter dominiert", meint ein Unternehmenskenner.

Aber nicht nur Diplomatie im Umgang mit den verschiedenen Strukturen und Mitarbeitern muss sich der neue CEO auf die Fahne schreiben, sondern auch logistische Probleme aus der Welt schaffen. So arbeitet Siemens mit dem Warenwirtschaftssystem von SAP, während Fujitsu auf das Produkt von Wettbewerber Baan schwört. "Wir wissen, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht. Wir werden ein einheitliches System einsetzen, das von Fujitsu in Japan erprobt wird. Allerdings ist das keine Sache, die man in sechs Monaten bewältigt", sagte Tadayasu Sugita, Executive Vice President und im Vorstand von Fujitsu Ltd in Tokio für das internationale PC-Geschäft verantwortlich, anlässlich einer Präsentation in Japan. Er rechne mit wenigstens drei Jahren, bis das neue System wirklich implementiert sei, so Sugita weiter.

Notebook-Produktion nach Japan verlegt

Was allerdings die Strategie der PC- und Notebook-Produktion angeht, sind die Würfel gefallen: Die Notebook-Serie des Joint-Ventures, hier wird man sich ausschließlich auf die Lifebooks von Fujitsu konzentrieren, wird künftig nur noch in Japan hergestellt. Notebooks aus Augsburg gehören damit der Vergangenheit an. Die PC-Assemblierung wird nach Aussage Sugitas weiterhin regional nach den Anforderungen der jeweiligen Märkte vor Ort vorgenommen.

Bei der Frage nach künftigem Web-Direktverkauf à la Dell gibt sich der PC-Chef in japanischer Manier zurückhaltend: "Der PC-Verkauf im Internet kommt: Es ist der Vertriebskanal der Zukunft. Allerdings wird der Wiederverkauf dadurch nicht verschwinden, sich aber stark verändern. Fujitsu hat in den USA im letzten Juni seinen Web-Verkauf gestartet. In Japan und Europa sind wir dagegen spät dran." Wie sich das Gemeinschaftsunternehmen FSC seine Zukunft im Web vorstellt, scheint noch im Unklaren: "Unser Treffen, was die Vertriebsstrategie betrifft, steht noch bevor. Auf jeden Fall wird es keinen Direktverkauf für den Endanwender via Internet geben", versichert Sugita. (ch)

www.fujitsu-siemens.de

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