Fujitsus Europa-Chef Hoffmann zum Siemens/Fujitsu-Deal

24.06.1999

BONN: Fujitsu Computers und Siemens sind endlich handelseinig. Ein Memorandum of Understanding wurde unterzeichnet, und beide Seiten verbreiten eitel Sonnenschein. Winfried Hoffmann, bislang Europa Chef bei Fujitsu Computers, wird in der Branche bereits als Boss der neugegründeten "Fujitsu Siemens Computers" gehandelt. Er nimmt in einem Interview mit ComputerPartner-Redakteurin Ute Dorau Stellung. Trotz des Beispiels Compaq/Digital geht er davon aus, daß es in dem neuen Unternehmen nicht zu Integrationsschwierigkeiten und gar Wachstumseinbußen kommen wird.

Als Europa-Chef von Fujitsu waren Sie ja sicherlich stark in die Verhandlungen mit Siemens involviert. Sind Sie erleichtert, daß jetzt fast alles unter Dach und Fach ist?

HOFFMANN: Absolut. Ich meine - seit zwei Jahren bin ich in meiner jetzigen Position, und wir haben hier schon einiges erreicht. Zum Beispiel eben, daß wir durch unsere sichtbaren Erfolge auch wahrgenommen werden und die Konkurrenz schon über uns lästert: Das macht natürlich Spaß! Wir haben jetzt mit Siemens die Chance, auf ein ganz anderes Plateau zu kommen. Klar, der Weg, um das Unternehmen wirklich ganz nach vorne zu bringen, wird lang sein, aber wir können jetzt organisch weiter wachsen. Die Ergänzungen sind doch hervorragend: Siemens eher im Corporate Bereich mit Servern und Supercomputern, wir dagegen eher mit den leichten Produkten, angefangen bei Retail-Consumer-Ware bis hin zu Systemen für Distributoren und Händler. Wir werden uns in den Kanälen also nicht kannibalisieren.

Trotzdem wird es sicherlich Entlassungen geben. In welcher Größenordnung?

HOFFMANN: Sagen wir es mal so: Erstmal wollen wir schließlich wachsen. Und das bedeutet ja, daß wir die Leute brauchen. Andererseits gibt es natürlich Überlappungen in gewissen Bereichen. Wir müssen in den nächsten drei Monaten all diese Dinge intern mit unseren Arbeitsgruppen untersuchen, und mit Details kommen wir dann im Oktober.

Das neu zu gründende Unternehmen heißt Fujitsu Siemens Computers. Mir fiel da sofort die Fujitsu ICL Computers ein, bei der das ICL im vergangenen Jahr ersatzlos gestrichen wurde. Wann fällt dann wohl Siemens aus dem Namen?

HOFFMANN (lacht): Das mit ICL war doch etwas ganz anderes. Die halten heute doch auch nur noch eine Minderheitsbeteiligung von ungefähr neun Prozent. Da ist die Vereinbarung mit Siemens ein anderes Kaliber.

Fujitsu und Siemens - das sind doch zwei völlig unterschiedliche Unternehmenskulturen. Haben Sie keine Angst, daß Sie ähnliche Schwierigkeiten bei der Zusammenführung und entsprechende Umsatzeinbrüche haben werden wie Compaq seit dem Deal mit Digital?

HOFFMANN: Beide Unternehmen sind schon durch so viele Kulturschocks gegangen, daß sie den auch noch überleben werden. Wenn ich da nur an Siemens mit Nixdorf denke... Oder ASI: Unsere Mitarbeiter haben einen großen Schrecken bekommen, als wir mit Fujitsu ICL zusammengingen. Das soll heißen: Beide haben schon ihre Erfahrungen gemacht. Wir machen beide Gewinne. Und wissen Sie: Compaq ging davon aus, daß sie 40 Prozent oder so der Leute entlassen werden. Das ist ein Aderlaß hoch drei. Das stört eine Organisation - und wir gehen nicht davon aus, daß es bei uns zu so etwas kommt. Also ich mache mir da keine Gedanken drüber, ich habe keine Bange, denn die große Marschrichtung bei uns heißt Wachstum.

Werden Fujitsu und Siemens jeweils noch Rechner unter eigenem Label anbieten?

HOFFMANN: Nein! Die Produkte heißen Fujitsu Siemens. Nur bei unseren Notebooks wissen wir derzeit noch nicht, ob wir da nur Fujitsu drauflassen. Schließlich wollen wir ja eine weltweite Gleichheit haben, und es sähe schon seltsam aus, wenn ich in Amerika ein Notebook mit "Fujitsu" habe und in Europa oder Japan eins, das dann "Fujitsu-Siemens" heißt. Das untersuchen wir aber derzeit noch.

Bei solchen strategischen Entscheidungen stellt sich natürlich die

Frage: Wer hat in dem Joint-Venture die Hosen an - Fujitsu oder Siemens?

HOFFMANN: Die Geschäftsleitung wird paritätisch aus zwei Executives von Fujitsu und zwei von Siemens gestellt. Und diese Geschäftsleitung ist dann verantwortlich für die Strategien, die Pläne und auch deren Umsetzung.

Sehr diplomatisch. Wann steht denn fest, wer welche Position bekommt?

HOFFMANN: Ich schätze mal in den nächsten vier Wochen sollte das eigentlich der Fall sein. Ich bin sicher, daß ein paar gute Namen dort wieder ihr Zuhause finden, aber mehr kann ich nicht sagen.

Sie werden von einigen Branchenkennern bereits als Boss des neuen Unternehmens gehandelt. Verraten Sie Ihre neue Position?

HOFFMANN: Da müssen Sie noch etwas warten. Wir sind schnell mit der Nachricht raus, weil die Gerüchte immer größer wurden. Trotzdem heißt das Tagesgeschäft für Fujitsu und Siemens immer noch: Verhandlungen. Die Frage nach meiner Position kann ich also noch nicht beantworten.

Bleibt Deutschland-Geschäftsführer Klaus Elias dabei?

HOFFMANN: Ja, da gehe ich ganz sicher von aus.

Wo soll die Europa- und wo die Deutschland-Zentrale angesiedelt werden?

HOFFMANN: Das ist auch noch nicht fest. Für die Europa-Zentrale ist Holland im Gespräch. Deutschland? Vielleicht Frankfurt? Aber sicher ist noch nichts.

Fujitsus Europa-Chef Winfried Hoffmann: "Beide Unternehmen sind schon durch so viele Kulturschocks gegangen, daß sie den auch noch überleben werden."

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