Fusion 98: Windows CE soll neue Märkte für Solution-Provider erschliessen

06.10.1998

NEW ORLEANS, LOUISIANA: Zwei Tage lang trafen sich Microsoft-Certified-Solution-Provider aus aller Welt in New Orleans zur "Fusion 1998". Dort hofften sie, Wegweisendes über Produkte und Strategien des Softwareherstellers zu erfahren."Es gibt nur einen Ort, an dem ein Microsoft-Certified-Solution-Provider alles über neue Geschäftsfelder, Geschäftsstrategien und Microsoft-Technologien finden kann: die Fusion 1998." So pries das Redmonder Unternehmen die heuer zum zweiten Mal stattfindende Veranstaltung an. Und der Köder zog: Rund 2.600 Microsoft-Partner aus 61 Ländern pilgerten an den Mississippi, um die frohe Botschaft zu hören. Die "Fusion" ist für Geschäftsführer und Manager von Solution-Providern gedacht, die mehr über allgemeine Tendenzen, über Produktpositionierung und Verkaufsstrategien erfahren wollen. Nach der Wochenendveranstaltung ging es dann mit der "Tech Ed" weiter, bei der sich die Techniker über Microsoft-Produkte fortbilden konnten. Gleichzeitig organisierte der Softwareriese eine IT-Messe für die Besucher beider Veranstaltungen.

In ihren Eröffnungsreden stimmten sowohl Sam Jadallah, Vice President Organization Customer Unit, als auch Steve Ballmer, Executive Vice President bei Microsoft Corp., das Hohelied auf die IT-Branche an.

"Das Unternehmen eines Microsoft- Certified-Solution-Providers (MCSP) wächst jährlich durchschnittlich um 41 Prozent. Ihre Unternehmen sind profitabel", rief Jadallah seinen Zuhörern zu. Gleichzeitig betonte er, wie stark Microsoft in den indirekten Kanal investiert: "4.000 Angestellte konzentrieren sich auf die Handelspartner." 50 Prozent des gesamten Umsatzes des Softwareherstellers generieren die Partner, lobte Ballmer die Microsoft-Jünger in seinem Vortrag "Winning together".

Allianzen sind "in"

Während auf der Fusion im vergangenen Jahr das Segment der kleinen und mittleren Unternehmen im Mittelpunkt stand, verkündeten die Microsoft-Oberen und viele Seminarredner in diesem Jahr, wie wichtig Partnerschaften unter den Lösungsanbietern sind. Gleichzeitig empfahl Jadallah Windows CE als Mittel, um neue Geschäftsfelder zu erschließen. Denn mit den Handhelds könnten auch Berufsgruppen angesprochen werden, die traditionell wenig vor dem Computer arbeiten.

Kaum Neuerungen

Wirkliche Neuigkeiten über die Produkte waren auf der Fusion kaum zu hören. Zwar tönte Ballmer, daß "die nächsten zwölf Monate, die heißesten sein werden, die wir je hatten", aufgrund der angekündigten Produktreleases wie:

- Windows NT 5.0, das erst Anfang 1999 auf den Markt kommen wird.

- Office 9, von dem es im Juli oder August die erste Betaversion gibt. Ballmers Anspielung ließ erahnen, wann das Produkt erhältlich sein wird: "Ich wette mit Ihnen, bis wir damit fertig sind, nennen wir es Office 2000."

- SQL Server 7.0, den Ballmer mit den Worten kommentierte: "Ein Quantensprung. Es hat lange gedauert, bis wir damit fertig wurden."

Über eine langfristige Produktstrategie hüllten sich beide Microsoft-Manager allerdings in Schweigen. Die Klage des amerikanischen Justizministeriums und 20 weiterer Bundesstaaten gegen Microsoft (siehe ComputerPartner Nr. 10/98, Seite 8) war ebenfalls kein Thema während der gesamten Veranstaltung. Die Microsoft-Manager sprachen sie nur in Nebenbemerkungen an. "Microsoft zahlt sechs Milliarden Steuern. Davon geht wahrscheinlich ein Großteil in die Regulierung des Unternehmens." Damit hatte Ballmer die Lacher auf seiner Seite.

Gemischte Eindrücke bei deutschen Partnern

Aus Deutschland waren 74 Microsoft-Certified-Solution-Provider und Solution Provider Partner angereist. Viele waren schon früher auf der Tech Ed und nahmen die Fusion jetzt noch mit. "Die Tech Ed ist für uns interessanter, weil die Vorträge der Fusion sehr auf den amerikanischen Markt zugeschnitten sind", berichtete Andrea Adam, Leitung Software bei der CDS GmbH in Unna. Kontakte knüpfen, Kooperationen fördern, Informationen erhalten: Das sind für Anja Keckeisen, zuständig für Solution-Provider-Marketing bei Microsoft Deutschland, die Hauptgründe, die für eine Teilnahme an der Fusion sprechen. Ihrer Ansicht nach war der Großteil der Teilnehmer am Sonntagabend zufrieden mit den Gelegenheiten, mit anderen deutschen Lösungsanbietern ins Gespräch zu kommen.

Die Meinung über die Kosten für die Veranstaltung war zweigeteilt. Die einen nahmen die Ausgaben für Anmeldung, Flug und Übernachtung gerne in Kauf, denn: "Im Vergleich zu anderen Weiterbildungsseminaren sind die Kosten nicht zu hoch. Eine Woche Weiterbildung in München ist teurer", meinte Rolf-Dieter Härter, Geschäftsführer der Inteco GmbH in Filderstadt. Andere sahen darin einen raffinierten Schachzug Microsofts: "Es ist geschickt von Microsoft, sich die eigene Verkaufsveranstaltung bezahlen zu lassen", sagte Helmut Stange, Geschäftsführer CDS GmbH in Unna.

Entgegen der großspurigen Ankündigungen erfüllten viele Vorträge die in sie gesetzten Erwartungen nicht, weil sie zu tief ins technische Detail gingen oder an oberflächlichen Marketingsprüchen hängenblieben. "Die Vorträge waren oft zu technisch. Die Fusion sollte für das Management sein und die Produktpositionierung und Zielgruppen aufzeigen. Die technische Seite wird doch in der Tech Ed abgedeckt", kritisierte Härter. Ein anderer Teilnehmer war enttäuscht, weil er nichts über die langfristige Strategie des Unternehmens erfuhr: "Für unser Unternehmen ist es wichtig zu wissen, was 2000 oder 2001 los ist." Für ihn hatte sich der Besuch nicht gelohnt. Andreas Decker, Referatsleiter Projekte bei Syscon AG in Mörfelden, der dagegen sehr zufrieden mit der Fusion:

"Ich wollte Kontakte zu anderen Microsoft-Partnern knüpfen und nehme jetzt drei oder vier gute Kontakte mit nach Hause." (is)

Der "German Meeting Point" half den deutschen Teilnehmern, sich auf der Fusion nicht zu verlaufen.

Steve Ballmer (rechts) hört mit typisch amerikanischer Begeisterung der Erfolgsstory eines MCSPs zu.

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