Fusion mit Hindernissen: Zwei Königskinder finden zueinander

05.12.2002
Die Nachricht kam, als niemand mehr damit gerechnet hat: Nach jahrelangem Gerangel wird Compunet Anfang 2003 nun doch von seinem strategischen Partner Computacenter übernommen. Die Spekulationen haben ein Ende und ein neuer IT-Service-Gigant betritt die europäische Bühne.

Vor einem Jahr galt die Fusion schon als sicher, doch dann dementierte das Management: Compunet stehe nicht zum Verkauf, ließ Johannes Meier, Vorstandssprecher der GE Compunet AG, seine Mitarbeiter und die Öffentlichkeit damals wissen. Zuvor hatten Insider von einer bevorstehenden Übernahme durch Computacenter berichtet.

Nun, 13 Monate später, die überraschende Nachricht: Das Mutterhaus General Electric (GE) verkauft doch, die britische Computacenter wird GE Compunet und GE Capi-tal IT Solutions Austria übernehmen. Das Management ist sich einig, der geplanten Übernahme müssen jetzt noch die Aktionäre von Computacenter und die Regulierungsbehörden zustimmen, was als sicher gilt. Der Kaufpreis beläuft sich auf insgesamt 121 Millionen Euro: 57 sind sofort fällig, die restlichen 64 Millionen richten sich nach der Leistung der Jahre 2003 und 2004, wobei, wie das Management betont, das Risiko auf beiden Seiten liegt. Der Abschluss des Mergers wird Anfang 2003 erwartet.

Verhandelt wird schon seit Jahren

Annäherungsversuche der beiden Unternehmen gab es bis dato reichlich: Bereits 2000 hatte es Verhandlungen über einen Verkauf gegeben; sie scheiterten am Preis. Compunet konnte gute Zahlen vorweisen und war dem Interessenten zu teuer. Im Oktober 2001 ließen Insider durchblicken, man sei sich nun doch einig geworden, der Verkauf der Compunet AG an das britische Systemhaus sei unterschriftsreif. Die offiziellen Dementis waren halbherzig, denn Verhandlungen hatte es gegeben. Das Resultat war aber keine Übernahme, sondern eine strategische Allianz: Beschlossen wurde die Zusammenarbeit in den Bereichen Systemintegration, Management von IT-Services (einschließlich Betrieb, Verwaltung und Anwenderbetreuung) und Lieferung konfigurierter Systeme. GE Compunet übernahm in Deutschland Computacenter, die Briten erhielten alle Geschäfte in Großbritannien und den Service von GE Capital IT Solutions in Frankreich (ComputerPartner-Online berichtete). Dass die Fusion von langer Hand geplant sei, will Meier aber nichtbestätigen: "Als wir die Allianz geschlossen haben, haben wir wirklich nicht an einen Verkauf gedacht. Doch das Marktumfeld hat sich seitdem entscheidend verändert." Der IT-Konsolidierungsdruck sei deutlich gestiegen, das konjunkturelle Umfeld sei schwierig: "Erst Anfang 2002 zeichnete sich doch für alle ab, dass es sehr schwierig wird, ohne kritische Masse zu überleben."

Durch den Zusammenschluss entsteht nun ein IT-Service-Gigant mit einer starken Marktposition in den drei größten Ländern Europas: Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Das neue Unternehmen wird auch Kunden in Österreich, Belgien und Luxemburg direkt betreuen. Der IT-Dienstleister wird den Angaben zufolge ein Umsatzvolumen von mehr als vier Milliarden Euro erreichen und rund 10.000 Mitarbeiter beschäftigen."Wir sind jetzt so aufgestellt, dass wir auch im internationalen Markt erfolgreich sein müssen", so Meier, "denn wir ergänzen uns hervorragend, werden gegenseitig von unseren Erfahrungen profitieren." Das sieht Mike Norris, CEO von Computacenter, genauso: "GE Compunet ist das deutsche Äquivalent zu Computacenter. Das Portfolio von Compunet hat ein ausgeprägtes Serviceelement und unterstützt damit unsere Strategie, das Dienstleistungsgeschäft weiter auszubauen."

Wenig Änderungen, mehr Schlagkraft

Intern werde sich nicht viel ändern: "Es ist sicher, dass der Vorstand in der jetzigen Besetzung weitermachen wird", betont Meier. Der Manager erwartet einen reibungslosen Übergang: "Wenn Fusionen scheitern, dann meistens an der Unternehmenskultur. Unser Vorteil ist, dass wir dank der Allianz schon wissen: Wir passen gut zusammen". Einschneidende Restrukturierungsmaßnahmen sind ebenfalls nicht zu erwarten:"Wir haben den unangenehmen Teil, die nationalen Integrationen, bereits hinter uns gebracht; können uns jetzt auf die strategische Integration konzentrieren", so Meier. Für alle Fälle soll es aber ein Integrationsteam geben, in dem sowohl die deutsche als auch die britische Seite vertreten sein werden. Für die deutsche Niederlassung werde der Verkauf vor allem positive Effekte haben, versichert Meier: "Wir haben nun die Chance, an einer Sorte von Ausschreibungen teilzunehmen - und diese zu gewinnen -, die uns bislang verschlossen war." Dann allerdings unter einem anderen Namen: GE Compunet wird ab 2003 voraussichtlich unter CC Compunet firmieren. Weitere Einzelheiten zum Integrationsplan will das Management bekannt geben, sobald das Kartellamt die Fusion abgesegnet hat. (mf)

www.compunet.de;

www.computacenter.de

Lesen Sie zum Thema auch den "Offenen Brief" auf Seite 3.

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