Interview mit Deutschlandchef Frank Hasselmann

Galaxus.de möchte Allrounder werden



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Der Schweizer Online-Händler Galaxus ist Ende 2018 mit einem Schwerpunkt auf Elektronik in den deutschen Markt eingestiegen. Auch aufgrund der Corona-Krise legten die Umsätze deutlich zu. Das beflügelt die Pläne, Galaxus.de zügig zum Allround-Anbieter auszubauen.
Milliardenhändler: Der Hauptsitz von Digitec Galaxus in Zürich
Milliardenhändler: Der Hauptsitz von Digitec Galaxus in Zürich
Foto: Digitec Galaxus

Ende 2018 stieg der größte Schweizer Online-Händler Digitec Galaxus mit dem Shop Galaxus.de in den deutschen Markt ein. Das Unternehmen wählte einen leisen Markteintritt mit einer Beta-Version, erzielte nach einem halben Jahr aber dennoch bereits Monatsumsätze im Millionenbereich. Anfang 2020 teilte Digitec Galaxus mit, 2019 einen Plattformumsatz von 1,146 Milliarden Franken (rund 1,08 Milliarden Euro) erzielt zu haben. Für Galaxus.de wurde dabei die Umsatzmarke von "deutlich über eine Million Euro pro Monat" kommuniziert.

Nun sprach channelpartner.de mit Geschäftsführer Frank Hasselmann, der von Hamburg aus das Deutschlandgeschäft von Galaxus leitet, darüber, wo der Online-Händler heute steht und mit welchen strategischen Schwerpunktsetzungen man in Deutschland weiter wachsen will.

channelpartner.de: Statt des großen Paukenschlags haben Sie beim Markteinstieg in Deutschland vor eineinhalb Jahre eine eher langfristig angelegte Strategie gewählt. Wo stehen Sie inzwischen beim Bekanntheitsgrad?

Frank Hasselmann: Wir haben noch nicht mit breit angelegten Werbemaßnahmen begonnen und setzen bisher vor allem auf Online-Marketing. Wir haben eine sehr gute Position bei den Preisvergleichern, nutzen verschiedenste Social-Kanäle, Display-Anzeigen, Affiliate Marketing und natürlich Google Shopping. Bald wollen wir aber unsere erste größere Online-Werbekampagne starten.

channelpartner.de: Auch was das Warenangebot betrifft, da haben Sie sich für einen sukzessiven Ausbau entschieden. Was können Kunden inzwischen alles bei Galaxus.de finden?

Frank Hasselmann: Wir haben inzwischen ein Sortiment von über 300.000 Produkten, die wir von mehr als 200 Lieferanten beziehen. Unser Schwerpunkt ist dabei bisher der Digitalbereich. Dazu gehören zum Beispiel die Themen Gaming, PCs und Notebooks, aber auch Unterhaltungselektronik wie TVs, Lautsprecher oder Kopfhörer. Haushaltselektronik und Spielwaren finden unsere Kunden ebenfalls auf unserer Plattform. Darüber hinaus bauen wir unser Sortiment weiter aus.

Unser Ziel ist es, uns so schnell wie möglich wie in der Schweiz als Generalist aufzustellen. Im Frühjahr haben wir die Kategorie Heimwerken und Garten live geschaltet. Demnächst werden die Bereiche Gesundheit, Sport und Erotik neu dazukommen. Bei Themen wie Fashion werden wir uns allerdings noch etwas mehr Zeit lassen.

Frank Hasselmann ist seit dem Start Ende 2018 Geschäftsführer von Galaxus.de
Frank Hasselmann ist seit dem Start Ende 2018 Geschäftsführer von Galaxus.de
Foto: Galaxus

"Die Internationalität ist unsere große Stärke"

channelpartner.de: Sie bieten in Ihrem Shop auch gebrauchte Artikel an. Handelt es sich dabei um die Wiederverkaufsfunktion, die Digitec und Galaxus ihren Kunden in der Schweiz anbietet?

Frank Hasselmann: Nein, bei den gebrauchten Artikeln finden Sie derzeit bei uns vor allem Ware aus Retouren. Die Wiederverkaufsfunktion wollen wir auch in Deutschland einführen, doch brauchen wir dafür erst eine entsprechende Menge an Kunden, die bei uns gekaufte Geräte weiterverkaufen wollen.

channelpartner.de: Wie stellt sich das bei den Community-Funktionen auf Galaxus.de dar? Man findet hier zu einigen Themen umfangreiche Diskussionsstränge. Sind das ausschließlich deutsche Kunden oder greifen Sie hier auch auf den Content zurück, der von ihren Kunden aus der Schweiz stammt?

Frank Hasselmann: An der Community zeigt sich sehr gut, dass die Internationalität unsere große Stärke ist. Da wir auf unsere - über Jahre in der Schweiz gewachsene - Kunden-Community zurückgreifen konnten, stand gleich zum Start in Deutschland ein großes Reservoir an Kundenfragen, Diskussionen und weiterem Content zur Verfügung.

Wir bemühen uns, auch unsere deutschen Kunden zur Aktivität in der Community zu motivieren. Aber wir bleiben dabei sehr vorsichtig und wollen nicht aufdringlich sein. Wir sind ein sehr ruhiger Shop, das ist für uns ein wichtiger Punkt. Bei uns gibt es keine Pop-ups, kein blinkenden Preise und keine aufgezwungenen Aufforderungen zu Kommentaren.

channelpartner.de: Sich mit dem Content-starken, wertigen Charakter Ihres Shops zu differenzieren, war ja eines der Ziele beim Deutschlandstart. Wie gut ist Ihnen das gelungen?

Frank Hasselmann: Der Charakter unseres Shops ist das wichtigste differenzierende Element für uns und letztlich auch die Rechtfertigung dafür, dass wir auf dem deutschen Markt sind. Das können die Kunden vor allem bei der Kaufentscheidung beobachten.

Wenn unsere Kunden nicht genau wissen, für welchen Artikel sie sich entscheiden sollen, dann beraten wir sie. Wir investieren dafür viel in unsere Redaktion, in Content und in unsere Community. Wer das einmal erlebt hat, der ist danach richtig überzeugt. Und genau das wollen wir jetzt auch mit unserer Branding-Kampagne an einen weiteren potentiellen Kundenkreis kommunizieren.

"Wir liegen deutlich über den Erwartungen"

channelpartner.de: Den ruhigen Markteintritt, den unaufgeregten Charakter Ihres Shops - das haben Sie so umgesetzt, wie angekündigt. Inwiefern bestätigt Sie der Kundenzuspruch und die Umsatzentwicklung auf diesem Weg?

Frank Hasselmann: Wir sind sehr gut unterwegs und sehr zufrieden mit der Entwicklung in Deutschland. Wir haben unsere Pläne und Business Cases seit dem Start kontinuierlich nach oben angepasst. Dass wir deutlich über den Erwartungen liegen, hängt im übrigen nicht nur mit der Entwicklung seit der Corona-Krise zusammen. Die zahlreichen Ladenschließungen und die höhere Nachfrage im Netz haben für uns natürlich noch einmal einen sehr starken Schub bedeutet. Es gab Wochen, in denen wir Verkäufe registriert haben, wie sonst bisher nur im Weihnachtsgeschäft.

Inzwischen hat sich das wieder ein Stück weit normalisiert, doch wir beobachten weiterhin starke Zuwächse gegenüber 2019. Ich denke, dass die gesamte Online-Branche sich auch nach Corona auf einem höheren Niveau etablieren wird. Denn die Vorteile des Online-Geschäfts bleiben bestehen und leider werden uns auch die Risiken von Corona noch eine Weile beschäftigen. Viele Kunden sammeln dadurch beim Online-Kauf Erfahrungen, die nachhaltig sind.

channelpartner.de: Wie schätzen Sie ihre Geschäftsentwicklung in der Corona-Krise im Vergleich zum Online-Wettbewerb ein?

Frank Hasselmann: Wenn man die Zahlen für den deutschen Markt mit unserem eigenen Wachstum vergleicht, lässt sich feststellen, dass wir in den letzten Monaten überproportional profitiert haben und unsere Position auf dem Markt ausbauen konnten. Damit haben wir nicht gerechnet - schließlich hätte man davon ausgehen können, dass auch in der Krise vor allem große Händlermarken profitieren. Für uns, die wir in Deutschland noch ein neuer Shop sind, war das eine sehr positive Bestätigung.

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