Gangster, Gauner und Ganoven?

27.02.2003
Damian Sicking dsicking@computerpartner.de

Mit der Studie "Der graue Markt" hat sich die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG blamiert (zu den Inhalten der Studie vgl. Seite 10). Das liegt weniger an der geringen Zahl der befragten Unternehmen, sondern an der Banalität der Aussagen und dem unklaren Gebrauch des Ausdrucks "grauer Markt". So muss der Leser sich selbst zusammenreimen, was die KPMG unter dem "grauen Markt" versteht. "Grau" ist nach dem Verständnis dieser von Herstellern wie Cisco, HP, 3Com und Xerox finanzierten Studie allem Anschein nach ein Markt, der nicht so läuft, wie die Hersteller das wollen.

Das Beste, was man mit der KPMG-Studie anfangen kann, ist, sie als Anlass zu nehmen für die Frage nach dem Umgang von Geschäftspartnern miteinander. Wir reden hier nicht von Betrug und Kriminalität, sondern wir reden von einem Verhalten, das vielleicht nicht immer astrein ist. Wenn das Systemhaus zum Beispiel vom Hersteller einen Projektpreis für 200 Drucker erhält, der Projektauftrag aber in Wahrheit nur 150 Drucker beinhaltet und das Systemhaus die überzähligen Geräte auf dem Markt anbietet, dann kann man sich entweder ganz furchtbar über diese Unanständigkeit empören, oder man kann dieses Verhalten als Mogeln bezeichnen, wie man es früher beim "Mensch-ärgere-dich-nicht"-Spiel gelernt hat und das durch die Nachlässigkeit der Mitspieler (hier: des Lieferanten) erst möglich wird.

Mogeln ist ein Versuch, sich im Spiel einen Vorteil zu verschaffen. Menschen, die nicht und niemals mogeln, gibt es nicht. Mit jemandem aber, der immer mogelt und dabei erwischt wird, will niemand mehr spielen.

Die Selbstreinigungskräfte des Marktes sorgen dafür, dass solche notorischen Falschspieler schnell aussortiert werden. Hin und wieder mogeln, wenn der Mitspieler nicht aufpasst, gehört dagegen zum Spiel dazu. So hat auch die KPMG-Studie festgestellt, dass mehr als zwei Drittel der "seriösen" Händler den "grauen Markt" für den Kauf und Verkauf von Produkten nutzen. Wie denn auch sonst: Manchmal kann man gar nicht anders, weil der Lieferant zum Beispiel mal wieder nicht liefern kann (zählt nicht als Mogeln), mal bietet sich eine Chance auf einen Vorteil, die man nutzen muss.

Vielleicht sieht eine perfekte Welt so aus, dass es in ihr nur Schwarz und Weiß gibt. In unserer wirklichen Welt dagegen gibt es viele Farben. Wenn man wie die KPMG von einem "grauen" Markt spricht, dann steht dahinter die Absicht, diese Praktiken in eine "Grauzone" zwischen Legalität und Kriminalität zu stellen. Was die KPMG beschreibt, ist aber in Wahrheit kein "grauer", sondern ein "bunter" Markt, nämlich der Markt, wie er funktioniert. Natürlich wird, wie in jedem Spiel, in diesem Markt gemogelt, und zwar von jedem Teilnehmer - auch von den Herstellern.

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