Gastkommentar

11.07.1997
Joseph Berghammer war einer der vielen Zuhörer der Diskussion um den Meistertitel, die von ComputerPartner während der Systems veranstaltet wurde. Der Büroinformationselektronikermeister ist Inhaber der BeCom, Berghammer Computer GmbH in München. SeinerMeinung nach wurden in der Diskussion nicht alle wichtigen Punkte angesprochen, deswegen hat ihn die ComputerPartner-Redaktion um eine Stellungnahme gebeten.

Joseph Berghammer war einer der vielen Zuhörer der Diskussion um den Meistertitel, die von ComputerPartner während der Systems veranstaltet wurde. Der Büroinformationselektronikermeister ist Inhaber der BeCom, Berghammer Computer GmbH in München. SeinerMeinung nach wurden in der Diskussion nicht alle wichtigen Punkte angesprochen, deswegen hat ihn die ComputerPartner-Redaktion um eine Stellungnahme gebeten.

Zur Ausführung von Reparaturen im gewerblichen Bereich ist laut geltendem Recht unter bestimmten Voraussetzungen die Eintragung in die Handwerksrolle notwendig. Eintragungsberechtigt sind neben dem Meister eine Reihe weiterer Personengruppen. Deshalb sollte die Diskussion nicht um den Meistertitel geführt werden, sondern richtigerweise um die Eintragung in die Handwerksrolle. Eintragungsfähig sind neben dem Büroinformationselektronikermeister mehrere artverwandte Handwerksberufe und - was für den Bereich des Computerfachbetriebs besonders wichtig ist - auch alle Personen die eine einschlägige Ingenieurausbildung mit entsprechender Berufspraxis haben. Der reine Handelsbetrieb ist - wie auch in anderen Bereichen der Wirtschaft - ohnehin nicht eintragungspflichtig. Zum anderen gibt es, sofern Umsatzgrenzen im Bereich Reparaturen nicht überschritten werden, Ausnahmeregeln. Ein Betrieb mit weniger als rund 70.000 Mark Umsatz in diesem Bereich muß sich zwar einer Prüfung durch die Handwerkskammer unterziehen, wird aber als handwerklicher Nebenbetrieb nicht eintragungspflichtig, allerdings besteht dann auch nicht die Möglichkeit der Ausbildung von Lehrlingen oder die Möglichkeit der Werbung mit dem Hinweis auf den fachlich qualifizierten Werkstatt- und Reparaturbetrieb. Garantiereparaturen, die über den Hersteller abgewickelt werden, sind nicht betroffen.

Im EDV-Bereich sind, und das können wir aus unserer langjährigen Handelstätigkeit mit Importen aus Asien bestätigen, sehr viele Ingenieure, meist mit FH-Abschluß tätig, bei denen in der Regel die Eintragungsvoraussetzungen ohnehin gegeben sind.

Einen Meistertitel können zudem alle Personen erwerben, die eine handwerkliche oder gleichgestellte Ausbildung haben, unabhängig davon, welcher Ausbildungszweig vorliegt, sofern eine drei- bis fünfjährige Tätigkeit (Gesellenzeit) im gewerblichen Bereich nachgewiesen wird, in dem die Meisterprüfung abgelegt werden soll. Der Gewerbebetrieb, in dem diese Zeit verbracht worden ist, muß nicht einmal eingetragen sein. Aufgrund des immer schwieriger werdenden Marktes haben Neulinge im EDV-Markt ohnehin keine echten Einstiegsmöglichkeiten mehr. Alleine deshalb ist eine qualifizierte Ausbildung und mehrjährige Berufserfahrung zum Beginn einer selbständigen Tätigkeit sowohl in kaufmännischer wie in technischer Hinsicht unabdingbar.

Die auf der Podiumsdiskussion angesprochenen Personen mit Novell- oder Microsoft-Zertifizierung sind aufgrund des bereits bekannten Lernpensums jederzeit in der Lage, den Lernstoff des Büroinformationselektronikermeisters zu bewältigen. Die Ausbildung dafür umfaßt vier Teile mit insgesamt etwa 1.000 Unterrichtsstunden ê 45 Minuten und dauert im Abend-/Samstagskurs etwa 1,5 Jahre.

Eine Vollzeitausbildung ist möglich und wird mittlerweile staatlich gefördert. Die Kosten der Ausbildung sind geringer als die bei Novell- oder Microsoft-Ausbildungen. Es besteht auch die Möglichkeit, bei genügendem Vorwissen ohne Kurs die Prüfung abzulegen, die Erfolgsquote dürfte allerdings gering sein. Bei den angesprochenen, langjährig am Markt tätigen Personen sind die Zugangsvoraussetzungen zur Ablegung der Meisterprüfung meist gegeben.

Für unseren Betrieb - wir sind seit 1979 im Markt und seit 1991 Datev-Systempartner - bedeutet die Eintragung eine sehr große Aufwertung, da wir mittlerweile Lehrlinge ausbilden dürfen. Wir sind sehr angenehm überrascht, wie engagiert unsere zwei jungen Mitarbeiter sind, die ihrerseits einen Ausbildungsplatz gefunden haben. Die Eintragung in die Handwerksrolle bedeutet für Betriebe einen großen Vorteil gegenüber Mitwettbewerbern, da sie damit die Möglichkeit haben eine qualifizierte Ausbildung im dualen Ausbildungssystem Betrieb - Berufsschule anzubieten, die weltweit sogar sehr geschätzt ist. Bei Eintragung in die Handwerksrolle muß der Betriebsinhaber, falls er selbst eingetragen wird, der Handwerkerversicherung beitreten, diese ist nichts anderes als eine Form der gesetzlichen Rentenversicherung. Bei GmbH-Geschäftsführern entfällt die Verpflichtung. Die ganze Angelegenheit ist aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten, Ausnahmen und Freigrenzen lange nicht so brisant, wie bisher in der Presse oder auf der Podiumsdiskussion dargestellt.

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