Gastkommentar

08.06.1998

Trotz Internet spielt der Handel auch in Zukunft eine bedeutende Rolle - stationär und online. Dell macht mit sechs Millionen Dollar Internetumsatz pro Tag Schlagzeilen als erfolgreiche E-commerce-Firma. Dell ist aber grundsätzlich als Direktvermarkter erfolgreich, ob per Telefon, Fax oder eben Internet. Genauso etablieren sich im Internet jedoch auch Händler, zum Beispiel Compunity. Die Kompetenz des Handels liegt im breiten Sortiment, in der Kundenbetreuung und der Logistik. HP, Nokia, Lotus und so weiter bauen auf den Handel.Um über das Internet direkt zu verkaufen, muß ein Hersteller über eine Infrastruktur verfügen, die auch eine einzelne Druckerpatrone für 39 Mark schnell und ohne hohe Zusatzkosten an einen Endkunden liefert und abrechnet. Eine aufwendige Aufgabe, die gerne dem Handel überlassen wird.

Für Markenhersteller wird in Zukunft jedoch eine hohe Kundenbindung und Markentreue erfolgsbestimmend. Hersteller suchen die direkte Kundenbeziehung, um den Kunden bei weiteren Kaufentscheidungen möglichst loyal an die eigene Marke zu binden. Frequent-buyer-Programme, wie sie bei Fluggesellschaften schon lange üblich sind, werden auch in der IT-Branche entstehen. Solche Anforderungen und Programme verlangen jedoch nach einer durchgängigen Integration der Systeme zwischen Handel und Hersteller. Dazu ist eine enge und vertrauensvolle Partnerschaft nötig: Kunden werden gemeinsame Kunden. Und der Hersteller wird künftig den Kaufentscheid des Kundens zu seinen Gunsten mit beeinflussen wollen.

Auch der Handel profitiert von dieser Partnerschaft. Aufbau und Betrieb eines E-commerce-Systems sind aufwendig und übersteigen die Möglichkeiten der meisten Händler. Nur wenn die Investition für ein umfangreiches Partnernetz getätigt werden kann, ergibt sich ein vernünftiger Return.

Insbesondere von der Distribution werden neue Leistungen erwartet. Um für den Internethandel fit zu sein, wird es zum Beispiel nötig, schnell und günstig im Namen des Handels an Besteller zu liefern. Im Softwarebereich wird die elektronische Distribution von Software wichtig. Die Verwaltung eines digitalen Softwareinventars, Lizenzverwaltung und elektronische Kaufabwicklung sind neue Themen. In den USA machen sich neue Firmen diese Chance zunutze. In Deutschland ist noch offen, ob etablierte Händler die Chance erkennen und nutzen oder ob es die Chance für einen Start-up ist.

Felix Somm ist President & CEO der Somm & Partner AG in Gottlieben (Schweiz) und Geschäftsführer der Somm.com GmbH in München

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