Gastkommentar

23.07.1998

In seinem Leserbrief "Dumping-Angebote bei Media-Markt" (ComputerPartner 11/98, Seite 6) hatte Fachhändler Paul-Joachim Hauke geschrieben, daß er das Bayerische Staatsministerium in dieser Angelegenheit um eine Stellungnahme gebeten habe. Hier die Antwort in Auszügen:

Ihre Sorge über den zunehmenden Wettbewerbs- und Preisdruck zu Lasten des mittelständischen Einzelhandels ist verständlich. Wegen der grundsätzlichen Preisgestaltungsfreiheit der Unternehmen sind die Möglichkeiten des Einschreitens gegen aggressive Preisstrategien aber regelmäßig sehr eingeschränkt. Zwar dürfen nach Paragraph 26 Absatz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Unternehmen mit überlegener Marktmacht diese gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar zu behindern. Eine Behinderung in diesem Sinne kann im Einzelfall auch vorliegen, wenn ein marktstarkes Unternehmen Waren unter dem Einkaufspreis verkauft.

Der Bundesgerichtshof stellt jedoch an die Feststellung der Unbilligkeit von Verlustpreisverkäufen hohe Anforderungen: Als unbillige Behinderung sind Verkäufe unter Einkaufspreis nur dann zu werten, wenn entweder in Verdrängungsabsicht gehandelt wird - was schwer nachzuweisen ist - oder wenn Maßnahmen getroffen werden, die geeignet sind, durch Behinderung kleiner und mittlerer Wettbewerber die strukturellen Voraussetzungen für wirksamen Wettbewerb - einschließlich des Wettbewerbs seitens kleiner und mittlerer Unternehmen - nachhaltig zu beeinträchtigen.

Die Gefahr solcher Marktwirkungen kann erst bei systematischen Verkäufen unter Einkaufspreis, die durch Langfristigkeit und eine erhebliche Unterschreitung gekennzeichnet sind und durch intensive Werbemaßnahmen unterstützt werden, bejaht werden. Die von Ihnen dargelegte einmalige Verkaufsaktion der Firma Media Markt reicht deshalb, auch bei einer Unterschreitung des Einkaufspreises durch das Angebot des Computers für 1.698 Mark, allein nicht aus, um eine unbillige Behinderung zu Ihren Lasten anzunehmen und behördliche Maßnahmen zu ergreifen.

Die Landeskartellbehörde greift im Rahmen ihres Ermessens Beschwerden wegen eines möglichen Verstoßes gegen Paragraph 26 Absatz 4 GWB in der Regel nur in solchen Fällen auf, die eine besondere kartellrechtliche Problemstellung aufweisen oder eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite haben. In den übrigen Fällen ist ein kartellbehördliches Eingreifen schon deshalb nicht zwingend geboten, weil Ansprüche aus Verstößen gegen Paragraph 26 GWB auch auf dem Zivilrechtsweg geltend gemacht werden können (Paragraph 35 GWB). Mit dieser Möglichkeit steht ein gleichwertiger Schutz zur Verfügung.

Wir verkennen die Bedeutung des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes für Ihr Unternehmen nicht, könne aber eine grundlegend neue kartellrechtliche Problematik von besonderem öffentlichem Interesse nicht sehen. Wir bitten daher um Verständnis, daß wir den Fall nicht aufgreifen, sondern Ihnen empfehlen, Ihr Anliegen gegebenenfalls zivilrechtlich zu verfolgen.

Paas, Ministerialrätin, Bayerisches Staatsministerium

für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, München

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