GDDR3-Speicher im Anmarsch

04.06.2004
Die 3. Generation des Grafikspeichers GDDR steht vor der Markteinführung. Ursprünglich hatte ihn ATIin Zusammenarbeit mit Speicherherstellern entwickelt. Nun ist NVIDIA als erster da. Von Lars Weinand

Gestern gekauft, seit vorgestern bereits veraltet. So oder so ähnlich könnte man die rasante technische Entwicklung bei Grafikkarten umschreiben. Erst im Oktober vergangenen Jahres hat NVIDIA die GeForce FX 5700 Ultra alias NV36 mit GDDR2-Speicher auf den Markt gebracht. Nun präsentiert NVIDIA eine neue Version der Karte, ausgestattet mit GDDR3-Chips. Spezifiziert und vorgestellt wurde die neue GDDR3-Speichertechnologie als offener Standard von ATI in Zusammenarbeit mit diversen Speicherherstellern im Jahre 2002. Die erste Grafikkarte, die mit solchen Speichermodulen ausgestattet ist, kommt nun allerdings von NVIDIA. Bevor wir uns der Karte zuwenden, werfen wir zunächst einen Blick auf die technischen Unterschiede.

Was ist anders bei GDDR3?

Die Unterschiede zwischen GDDR3- und GDDR1-Speicher sind schnell auf den Punkt gebracht. Eine von 2,5 Volt auf 1.9 Volt (Samsung) beziehungsweise 1,8 Volt (Micron) verringerte Betriebsspannung sowie "On-Die-Termination" erlauben weitaus höhere Taktraten als zuvor. Die schnellsten bisher vorgestellten Module kommen von Samsung und erlauben eine Taktrate von 800 MHz (1600 "MHz" DDR). Zukünftig sind mit GDDR3 noch weitaus höhere Taktraten möglich. Ein Nachteil gegenüber GDDR1 ist die bei GDDR3 deutlich höheren CAS-Latenzzeiten (CAS Read Latency). Bei gleichem Takt sind GDDR1-Module in der Praxis also etwas schneller. Dieser Nachteil wird durch die höheren erzielbaren Taktraten aber mehr als egalisiert.

Die Hersteller Samsung und Hynix haben zwar auch GDDR1 256-MBit-Module mit bis zu 700 MHz beziehungsweise 800MHz auf ihren Produktseiten gelistet, in Stückzahlen erhältlich sind derzeit aber maximal 500 MHz GDDR1-Bausteine. Der technische Aufwand um GDDR1-Speicher mit derart hohen Taktraten zu betreiben ist jedoch immens und lässt die Preise entsprechend nach oben klettern. GDDR3-Speichermodule, die derzeit von Samsung und Micron angeboten werden, beginnen dagegen erst bei einer Taktrate von 500 MHz.

In seinen Haupteigenschaften entspricht GDDR3 weitgehend dem wenig erfolgreichen GDDR2-Speicher. Geändert wurden lediglich Strobes (Impuls-Schema) und der Receiver-Typ.

Die einzigen bekannten Grafikkarten, die mit GDDR2 ausgerüstet wurden, waren die 256-MB-Variante der ATI Radeon 9800 Pro, die NVIDIA GeForce FX 5800 Ultra und eben die GeForce FX 5700 Ultra. In der Praxis bereitete die hohe Hitzeentwicklung der Speichermodule bei hohen Taktraten jedoch einige Probleme. Bei GDDR3 sollten die Temperaturen dank der auf 1,8 V reduzierten VDDQ-Spannung deutlich geringer ausfallen - zumindest bei den "kleinen" Modellen. Ohne Kühlkörper geht es allerdings nicht.

Genauere Details zu GDDR3 bieten die Hersteller Samsung und Micron auf ihren Webseiten:

Im Detail: NVIDIA GeForce FX 5700 Ultra GDDR3

Die neue GDDR3-Variante weist auf den ersten Blick keine wesentlichen Unterschiede zum bisherigen GDDR2-Modell auf. Lediglich die andere Modulbestückung erlaubt eine Unterscheidung. Während die GDDR2-Karte mit 128-MBit-Modulen bestückt ist, kommen auf dem GDDR3-Board 256-MBit-Bausteine zum Einsatz. Daher benötigt das neue Modell nur vier Module statt bisher acht bei 128 MB Speicherausstattung. Diese Einsparung an Speichermodulen ist aber keine prinzipielle Eigenschaft von GDDR3! Theoretisch hätte man auch die GDDR1-Karte mit vier 256-MBit-Modulen ausstatten können. Da die neuen Module bisher jedoch nur in 256-MBit-Bauweise erhältlich sind, hatte NVIDIA keine andere Wahl.

An der Breite des Speicherbusses ändert dies jedoch nichts, er ist weiterhin 128 Bit breit. Um die höheren Latenzzeiten des neuen Speichers auszugleichen und wohl auch, um die Karte etwas vom alten Modell abzuheben, hat NVIDIA die Taktrate von 450 MHz (900 DDR) auf 475 MHz (950 DDR) angehoben. Die Taktrate der NV36-GPU liegt dagegen wie bisher bei 475 MHz.

Die GDDR2-Module der alten Kartenvariante waren lediglich für 450 MHz (900 DDR) ausgelegt. Das J im ersten Teil der Produktbezeichnung (K4J5...) kennzeichnet bei Samsung die GDDR3-Variante. D steht für GDDR1, N für GDDR2.

Testkonfiguration

Wir testen die neue GDDR3-Variante einmal mit dem Standard-Speichertakt von 475 MHz und versuchen das Overclocking-Potenzial der Referenzkarte zu ermitteln. Als Vergleichskarten dienen eine "alte" GDDR2 FX 5700 Ultra, eine GeForce FX 5900 SE sowie ATIs Radeon 9600XT.

Da die Latenzzeiten von GDDR2- und GDDR3-Speichermodulen praktisch identisch sind, machen direkte Vergleiche zwischen beiden 5700-Ultra-Varianten mit angeglichenen Speicher-taktraten keinen Sinn.

Die Tests

Unreal Tournament 2004

Um die Leistung in Epics jüngster Version von Unreal Tournament zu messen, benutzen wir ein selbst erstelltes Timedemo in der Map Assault-Torlan. Wir verwenden keine Bots, bewegen diverse Vehikel und feuern häufig, um die Grafikkarte möglichst maximal zu belasten.

Es sind praktisch keine Unterschiede zwischen den beiden GeForce FX-5700-Ultra-Varianten auszumachen. Beide liegen gleichauf mit der Radeon 9600 XT.

Bei Unreal Tournament 2004 Quality bringt der schnellere Speicher der neuen FX 5700 Ultra keine Verbesserungen.

Halo Combat Evolved:

Für die Tests verwenden wir den im Spiel implementierten Benchmark-Modus mit PixelShader 2.0. Auch in diesem Spiel zeigen sich nur minimale Unterschiede zwischen den beiden FX-5700-Ultra-Varianten. Die Radeon 9600 XT hat hier die Nase leicht vorne.

Colin Mc Rae 4 - Demo:

Für die Tests in der jüngsten Version von CMR messen wir die Framerate mit Fraps. Wir starten dazu ein Rennen (Japan, Stage 2), brechen den Start ab (Retire) und messen die Framerate bei der darauf folgenden 360 Grad Kameradrehung.

Die FX 5700U GDDR3 Variante hat hier minimale Vorteile. ATIs Radeon 9600XT läuft in diesem Spiel allerdings bedeutend schneller!

Stromverbrauch

Auf Anregung unserer Leser testen wir künftig auch den Stromverbrauch von Grafikkarten. Zu diesem Zweck verwenden wir ein einfaches Messgerät von Conrad Elektronik (Energy-Check 3000), das uns den Stromverbrauch des kompletten Testrechners in Watt anzeigt. Da die meisten Grafikkarten über zusätzliche Stromanschlüsse verfügen, wäre eine Messung des Verbrauchs von Grafikkarten rein über den AGP-Port nur sehr schwer zu realisieren.

Wir testen drei verschiedene Betriebszustände der Karten. Zunächst den Verbrauch beim Start des Rechners, bevor das Betriebssystem geladen wird. Die zweite Messung erfolgt im 2D-Modus in Windows XP und die dritte im 3D-Modus. Für letzteren Test verwenden wir den Benchmark AquaMark3, der sich als 3D-Anwendung mit dem größten Stromhunger herausstellte.

Die Radeon 9600XT hat den geringsten Stromhunger, dicht gefolgt von der neuen GDDR3-Version der FX 5700 Ultra. Die ältere GDDR2-Version liegt deutlich darüber. Am meisten genehmigt sich hier die ATI Radeon 9800 XT.

Auch im Betriebssystem, in dem die Karten vom Treiber automatisch heruntergetaktet werden, zeigen sich Unterschiede zwischen beiden FX-5700-Ultra-Versionen. Am wenigsten verbraucht erneut die Radeon 9600XT. An der Spitze liegt die Radeon 9800XT.

Auch in Spielen ist die Radeon 9600XT die genügsamste Karte. Die FX 5700 Ultras verbrauchen deutlich mehr Strom. Am hungrigsten ist jedoch die FX 5950 Ultra, dicht gefolgt von der Radeon 9800XT.

Anmerkung: Die Verlustleistung des Netzteils ist in diesem Vergleich nicht berücksichtigt!

Fazit: Viel Lärm um nichts

Die neue GDDR3-Speichertechnologie sieht viel versprechend aus. Bei der neuen GDDR3-Ausführung der GeForce FX 5700 Ultra sind die Vorteile jedoch nur marginal. Die geringe Takterhöhung gegenüber dem GDDR2-Modell wirkt sich in der Praxis kaum aus.

Da NVIDIA den Namen gegenüber dem bisherigen Modell nicht angepasst hat, werden interessierte Käufer Schwierigkeiten haben, die neue Ausführung von der alten zu unterscheiden. Man stellt sich überhaupt die Frage, warum NVIDIA bei dieser Karte zu GDDR3 wechselt. Neben dem dadurch erzielten Image-Gewinn, also vor ATI eine Grafikkarte mit GDDR3-Speicher im Programm zu haben, liegt der Hauptgrund sicherlich in der geringen Verfügbarkeit von GDDR2-Speichermodulen. Auf den Websites der großen Speicherhersteller werden diese Module bereits seit längerem nicht mehr aufgeführt.

Positiv bleibt der geringere Stromverbrauch und das höhere Übertaktungspotenzial der neuen GDDR3-Variante. Da NVIDIAs Overclocking-Menü jedoch nur geringe Takterhöhungen zulässt, ist dieser Vorteil auch nur eingeschränkt nutzbar. Im direkten Performance-Vergleich kann die GeForce FX 5700 Ultra nicht überzeugen. ATIs Radeon 9600 XT ist in manchen Benchmarks zwar etwas langsamer, kann diesen Nachteil durch bessere Leistungen in anderen (shader-intensiven) Tests sowie ihren günstigeren Anschaffungspreis (circa 140 bis 150 Euro) und bessere Bildqualität (FSAA) aber ausgleichen. Die stärkste Konkurrenz kommt jedoch aus dem eigenen Hause in Form der GeForce FX 5900 SE (bzw. XT). Diese ist zwar niedriger getaktet, gleicht diesen Nachteil durch die doppelte Anzahl an Pixel-Pipelines aber mehr als aus.

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