GE Compunet und Bechtle: Können Konkurrenten Freunde sein?

04.07.2002

GE Compunet und Bechtle, die Nummer 1 und die Nummer 2 der Systemhäuser in Deutschland, wollen in Teilbereichen kooperieren. So plant GE Compunet, die Leistungen von "Bechtle direkt" zu nutzen, Bechtle erhält dafür die Möglichkeit, auf das Konfigurations- und Logistikzentrum sowie das Ersatzteilmanagement von Compunet zuzugreifen. Die Einzelheiten sind noch nicht bekannt.

Compunet und Bechtle: zwei Konkurrenten, die kooperieren. Kann so etwas dauerhaft funktionieren? Das Fragezeichen hinter dem vorigen Satz muss ganz groß sein. Eine Kooperation von Konkurrenten kann nur dann funktionieren, wenn sie sich an der entscheidenden Stelle nicht gegenseitig wehtun. Die entscheidende Stelle ist genau identifizierbar: Es ist der Kunde.

Kooperationen von Konkurrenten sind selten. Das liegt in der Natur der Sache. Das letzte Mal, als wir an dieser Stelle über eine Kooperation von Konkurrenten schrieben, liegt vier Jahre zurück. Damals hatte die PC-Kette Comtech von IBM die exklusiven Produktions- und Vermarktungsrechte für die Consumer-Linie "Aptiva" erhalten. Vobis, einer der schärfsten Comtech-Konkurrenten, hatte damals bei Comtech eine "Aptiva"-Sub- lizenz gekauft. Ein Vorgang, der seinerzeit für großes Aufsehen in der Branche sorgte, heute aber freilich völlig vergessen ist. Dass diese Kooperation nicht wirklich gut funktionierte, mag viele Gründe gehabt haben, auch und vor allem den, dass beide Partner dieselben Kunden adressierten.

Kurz nach der Mitteilung über den Schulterschluss von GE Compunet und Bechtle tauchten Gerüchte auf, dass sich die beiden Unternehmen hinter verschlossenen Türen darauf verständigt hätten, sich bei den Kunden nicht gegenseitig in die Quere zu kommen. Beide Firmen haben diese Meldungen natürlich ins Reich der Fantasie zurückgewiesen. Derlei Absprachen seien kartellrechtlich nicht nur problematisch oder verboten, sie seien auch gar nicht erforderlich. Die adressierten Kundengruppen von GE Compunet und Bechtle seien zum großen Teil schon immer völlig unterschiedlich gewesen. Während sich GE Compunet auf die wirklichen Großunternehmen in Deutschland konzentriere, liege der Schwerpunkt von Bechtle auf dem gehobenen Mittelstand. Überschneidungen bei den Kundengruppen gebe es nur in marginalem Rahmen, hört man aus den beiden Firmen. Absprachen in dieser Hinsicht seien also gar nicht erforderlich.

Das sind interessante Äußerungen. Plötzlich scheint es so, als ob GE Compunet und Bechtle gar nicht im Wettbewerb miteinander stünden und auch noch nie gestanden hätten. Das glaubt aber nur derjenige, der sich den Reißverschluss mit der Kneifzange zumacht. Dennoch muss man nicht sofort an verbotene Absprachen zwischen beiden Unternehmen denken. Sowohl Compunet-Chef Johannes Meier als auch Bechtle-Vormann Gerhard Schick sind intelligente und erfahrene Männer. Darüber hinaus haben sie sich schon häufiger zum gemeinsamen Gedankenaustausch getroffen. Gut möglich, dass sie sich auch verstehen, ohne etwas zu sagen. Die Voraussetzungen für ein Gelingen der Kooperation sind in dieser Hinsicht also nicht schlecht.     Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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