Gefälschte Motherboards: So kann man sich schützen

15.07.1999

MÜNCHEN: Zur Zeit geistern wieder Warnungen vor gefälschten Motherboards durch die Presse. Wie kann man aber so eine Fälschung erkennen und sich davor schützen?Motherboards sind hochwertige technische Komponenten, die sich nicht so einfach fälschen lassen. Im Gegensatz zu Speicherchips und Prozessoren, wo es immer auch zweite Wahl auf dem Markt zu kaufen gibt, existieren solche Quellen im Motherboardmarkt nicht.

Das teuerste ist die Platine

Motherboards billiger als die Konkurrenz anbieten zu können, ist nicht einfach. Das Teuerste ist die Entwicklung der Platine. Moderne Motherboards werden mit bis zu sechs unterschiedlichen Lagen an Leiterbahnen (Layern) gefertigt. Deshalb ist bei einer Fälschung eine Eigenentwicklung so gut wie ausgeschlossen. Der oder die Fälscher werden versuchen an eine größerer Stückzahl fertiger Platinen heranzukommen.

Der nächste Schritt ist die Bestückung der Boards. Bei den feinen Lötstellen ist es auch hier nicht möglich so etwas in Heimarbeit durchzuführen. Der oder die Fälscher müssen zumindest über eine SMD-Lötanlage verfügen. SMD steht für Surface mounted Devices. Damit werden Bauteile wie zum Beispiel ICs, Widerstände und Kondensatoren bezeichnet, die direkt auf die Oberfläche der Platine gelötet werden. Erst wenn sowohl Platinen als auch eine Fabrikationsanlage zur Verfügung stehen, kann die Fälschung beginnen.

Einsparmöglichkeiten

Ein Fälscher versucht nun das Motherboard möglichst billig herzustellen. Das geht nur, wenn er zur Bestückung preiswerte Bauelemente einsetzt. Bei den Chips kann er auf Bauteile zweiter Wahl zurückgreifen. Oder er kauft aus den Überbeständen der Hersteller sogenannte "graue Ware", die zum Teil weit unter dem normalen Preis angeboten wird.

Manche Bauelemente, wie beispielsweise einige Kondensatoren, kann der Fälscher sogar komplett weglassen, ohne daß die Funktion des Motherboards gestört wird. Damit das auch dem Fachmann auf den ersten Blick nicht auffällt, lötet man anstelle der Kondensatoren leere Hüllen (Dummies) ein. Die sind natürlich viel billiger als echte Kondensatoren.

Auch bei den Fassungen und Steckern läßt sich enorm sparen, wenn man auf billige und minderwertige Bauteile zurückgreift. Andere Funktionen, wie beispielsweise den heute bei Markenboards üblichen Temperaturfühler, kann man ebenfalls einfach ersatzlos streichen.

Zählt man alle diese Faktoren zusammen, lassen sich Motherboards super günstig herstellen. Allerdings braucht man dafür schon eine Fabrikationsstraße und zusätzlich die Platine. Um gefälschte Motherboards herzustellen, muß man deshalb über die richtigen Anlagen, faßt genau dieselben wie der Hersteller, verfügen.

Sind Fälschungen immer schlechter?

Verwendet der Fälscher die Original-Platine und kauft gleichzeitig die Bauteile preiswert auf dem Spotmarkt aus Überbeständen der großen Hersteller ein, sind Fälschungen nicht schlechter als das Original. Werden jedoch minderwertige Bauteile eingesetzt und Kondensatoren weggelassen, arbeitet das Board zwar immer noch, aber es erfüllt nicht mehr alle Spezifikationen. Das bedeutet: Wird das Motherboard an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit betrieben, arbeitet es nicht mehr stabil. Der Computer wird ständig zu Abstürzen neigen. Besonders wichtig ist in diesem Fall die Umgebungstemperatur. Im Winter laufen alle Boards stabil und ohne Probleme, während im Sommer Abstürze immer mehr zunehmen.

Verdächtige Chargen

Ob ein Motherboard allen angegebenen Spezifikationen entspricht, läßt sich leicht selbst ausprobieren. Dazu wird das Board eingebaut und mit dem schnellsten zulässigen Prozessor bestückt. Der Hauptspeicher wird ebenfalls mit allen Speicherstreifen aufgerüstet. Danach sollten auch alle PCI-Fassungen mit Einsteckkarten versehen werden. Danach sollte der nun fertige PC ein paar Tage laufen. Man darf natürlich nicht vergessen das Gehäuse zu schließen. Um höhere Temperaturen zu simulieren kann man den Rechner neben einem Heizkörper plazieren und gegebenenfalls mit einer Decke zudecken. Besteht der Computer den Test ist das Motherboard in Ordnung.

So kann man sich schützen

Wer nicht bei renommierten Distributoren oder gleich vom Hersteller, sondern bei obskuren Anbietern kauft, darf sich nicht wundern, wenn er mal mit Fälschungen abgespeist wird. Dann sorgt jedoch ein Anruf beim entsprechenden Hersteller schnell für Klarheit.

Verdächtig sind in jeden Fall Produkte, die ohne entsprechendes Handbuch kommen. Oder solche, bei denen anstelle eines Handbuchs nur schlampig kopierte Seiten beiliegen.

Ob die Platine in allen Punkten den Spezifikationen entspricht, läßt sich nur durch Versuche ermitteln. (jh)

Garantiert keine Fälschung: Das neue Board mit Whitney-Chipsatz von Elitegroup.

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