Geforce FX: der zweite Start

22.05.2003
Kurz vor Weihnachten stellte Nvidia den Grafikchip Geforce FX 5800 vor. Nach niederschmetternder Resonanz seitens der Fachpresse - zu teuer, zu laut, zu langsam - wurde der Ball flach gehalten, und der Chip landete nur in homöopathischen Dosen im Handel. Nun startet Nvidia einen zweiten Versuch mit der Geforce FX 5900.

Seit Weihnachten hat der Erzkonkurrent von Nvidia die Nase vorn. Unangefochten liegt ATIs neues Flaggschiff, der Radeon 9800 Pro, bei fast allen Grafikkartentests in Führung. Das könnte sich aber mit der Einführung des Geforce FX 5900 Ultra ändern.

Der Chip FX 5900 ist keine Weiterentwicklung des FX 5800, sondern quasi eine komplette Neuentwicklung. Die Anzahl der Transistoren wurde von 125 Millionen auf rund 130 Millionen aufgestockt. Einen Großteil der Transistorfunktionen dürfte dabei die neue Grafikschnittstelle beansprucht haben, die jetzt, wie die der Konkurrenz, 256-bittig arbeitet.

Mit dieser Änderung gesteht Nvidia praktisch einen Fehler ein. Denn noch kurz vor der Einführung des FX 5800 erklärten führende Designer aus Nvidias Chiplabors, dass kein Consumer eine 256-Bit-Schnittstelle wünsche, geschweige denn brauche. ATI hingegen setzte gleich auf die breite Schnittstelle, und der Erfolg gab dem Unternehmen Recht.

Ein weiteres Manko des FX 5800 war sein Kühler. Die hohe Verlustleistung des Chip war nur mit einem ausgeklügelten Radiallüftungssystem abzuführen, das allerdings recht laut war. Nvidias Entwickler glaubten, dass das Laufgeräusch den Hardcore-Spieler nicht weiter stören würde: "Auch ein Ferrari ist laut und wird trotzdem gekauft", lautete ihre Argumentation. Die Fachpresse entschied aber anders und riet ihren Lesern vom Kauf ab.

Die Verantwortlichen von Nvidia reagierten und kreierten in Rekordzeit praktisch einen neuen Chip. Auch die Roadmap wurde bereinigt, der Geforce FX 5800 wird dort mit keinem Wort mehr erwähnt.

Die Vorzüge des neuen Chip

Neben den elektrischen Modifikationen wurde als Erstes das Lüfterproblem angegangen. Bei höchster Grafikleistung führt sich der Geforce FX 5900 rund 83 Watt an elektrischer Leistung zu Gemüte. Mit einem optimierten Radiallüfter und einer intelligenten Lüftersteuerung - jetzt in sechs statt zwei Stufen - konnte Nvidia das Lüftergeräusch auf ein erträgliches Maß herunterschrauben. Bei 2D-Anwendungen springt der Lüfter überhaupt nicht an. Und bei "ein bisschen" 3D arbeitet er auf der niedrigsten Stufe. Nun stellt sich die Frage, was mit ein bisschen 3D gemeint ist - dies konnte Nvidia leider nicht beantworten.

Die Schnittstelle zum Speicher wurde auf 256 Bit aufgebohrt, der Speicher (hier lässt sich nun auch ein preiswerter DDR-Speicher einsetzen) wird mit 425 MHz getaktet, der GPU-Core mit 400 MHz. Der Datendurchsatz zum Speicher konnte auf 27,2 GB pro Sekunde erhöht werden. Damit übertrifft der FX 5900 den alten FX 5800 um mehr als 10 GB/s und den Radeon 9800 Pro um mehr als 6 GB/s. Laut Aussagen von Nvidia soll der Geforce FX 5900 rund doppelt so schnell sein wie der alte Geforce 5800 und um rund 50 Prozent schneller als der Radeon 9800 Pro.

Das neue Flaggschiff, die FX 5900 Ultra mit 256 MB DDR-Speicher, wird ab Juni verfügbar sein und soll zu einem Straßenpreis von rund 500 Euro verkauft werden. Im Midrange-Bereich will Nvidia die FX 5900 mit 128 MB DDR-Speicher für 399 Euro verkaufen. Und dann gibt es noch eine FX 5900, ebenfalls mit 128 MB bestückt, die für 299 Euro angeboten werden soll. Die für den Value-Markt konzipierte Karte kommt erst im Juli in den Handel. Offenbar sind sich die Marketingstrategen bei Nvidia noch nicht ganz einig, denn die 100 Euro Preisunterschied konnte Nvidia nicht erklären. Wahrscheinlich arbeitet diese Karte nur mit einer 128-Bit-Schnittstelle. Aber dann stellt sich die Frage: Ist die FX 5900 (Value) eine abgespeckte FX 5900 Ultra oder eine aufgebohrte FX 5800? Zurzeit kann Nvidia diese Frage jedenfalls noch nicht beantworten.

www.nvidia.de

ComputerPartner-Meinung

Die Produktpolitik von Nvidia ist selbst für Insider nur schwer zu durchschauen. Seit wenigen Wochen erst ist die Geforce FX 5800 in kleinen Stückzahlen im Handel, da wird sie schon von der nächsten Generation abgelöst. Wie soll der Handel seinem Kunden erklären, dass jetzt eine neue, fast doppelt so schnelle Version herauskommt, die nicht nur leiser, sondern auch noch um rund 150 Euro billiger ist? Das wird auch dem hartnäckigsten Nvidia-Fan sauer aufstoßen. (jh)

Zur Startseite