Gemessen an der Anzahl der Stellenangebote geht es der IT-Branche glänzend

19.07.1996
MÜNCHEN: Mit fast 18.000 ausgeschriebenen Stellen lagen die IT-Jobangebote im ersten Halbjahr 1996 um satte 40 Prozent über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Besonders starke Zuwachsraten meldeten die Beratungsunternehmen und der IT-Handel.Auf die Frage, was denn nächste Woche im Kalender stehe, antwortet Nöhlmann langsam und überlegt: "Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag...". Und genauso armseelig ist die Antwort der Bundesanstalt für Arbeit, wenn sie denn wieder und wieder über den "Fortschritt" im deutschen Arbeitsmarkt Stellung beziehen muß. Armer Herr Jagoda: Hätte er doch bloß ausschließlich das zu vermelden, was in diesem Artikel berichtet werden kann.

MÜNCHEN: Mit fast 18.000 ausgeschriebenen Stellen lagen die IT-Jobangebote im ersten Halbjahr 1996 um satte 40 Prozent über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Besonders starke Zuwachsraten meldeten die Beratungsunternehmen und der IT-Handel.Auf die Frage, was denn nächste Woche im Kalender stehe, antwortet Nöhlmann langsam und überlegt: "Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag...". Und genauso armseelig ist die Antwort der Bundesanstalt für Arbeit, wenn sie denn wieder und wieder über den "Fortschritt" im deutschen Arbeitsmarkt Stellung beziehen muß. Armer Herr Jagoda: Hätte er doch bloß ausschließlich das zu vermelden, was in diesem Artikel berichtet werden kann.

Diese Meldung kann sich nämlich wirklich sehen lassen: Zuwächse mit zum Teil mathematischem Verdoppelungscharakter. Und das in einer Branche, die durch die Vergleichsanmeldung eines IT-Handels-Sauriers (Escom) zur Zeit sogar eine Art Nestbeschmutzung erfährt. Gerade deswegen - oder dennoch - sollte den positiven und aussichtsreichen Arbeitsmarktzahlen der IT-Branche, zu der die IT-Hersteller und Systemhäuser, die DV-Berater, die Telekommunikation und der besagte IT-Handel zu zählen sind, hier ein prominenter Auftritt zuteil werden. Und den haben sie wirklich verdient.

Nach der Arbeitsmarkt-Auswertung des ersten Halbjahres 1996 des Deutschen Instituts für Arbeitsmarkt-Analysen und -Statistik in Hamburg

(DIFAS) kann für jedes dieser Branchensegmente eine deutliche Steigerung der Beschäftigungszahlen und somit der Schaffung von Arbeitsplätzen bescheinigt werden. Während die IT-Branche insgesamt ihre Stellenangebote um über 40 Prozent (siehe Grafik) gegenüber dem 1. Halbjahr 1995 erhöhen konnte, sind es klar die DV-Beratungsunternehmen (+ 50 Prozent) und der IT-Handel (+ 49,8 Prozent), die für das größte Stück des Arbeitsmarktkuchens in den ersten sechs Monaten 1996 gesorgt haben. Trotz wohltuender Steigerungen in der Telekommunikation und der IT-Herstellung bleibt ein kleiner, allerdings zu verschmerzender, Wehrmutstropfen: Die gezeigten Zuwächse von 26,9 und 23 Prozent bedeuten zwar ebenfalls eine erhebliche Generierung neuer Arbeitsplätze, die Steigerung als solche liegt jedoch proportional unter dem Marktwachstum. Die betroffenen Unternehmen wird dieses sicher kalt lassen, denn der gezeigte Stellenzuwachs geht einher mit gestiegenen Geschäftsvolumina. Und die Inhaber der diesbezüglichen Arbeitsplätze werden es sicher nicht so genau nehmen wollen - und damit haben beide Seiten auch recht.

DIFAS bezeichnet in der jüngsten Statistik auch wieder die regionalen Schwankungen und Konzentrationen. In der IT-Herstellung sind dabei die Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg die Global-player des Marktes. Sie vereinen zusammen immerhin 34,4 Prozent des Gesamtangebotes. Einkommensteuermäßig führt also mehr als jeder Dritte aus dieser Branche seine Steuern an die Kommunen dieser drei Länder ab.

Im IT-Handel sieht es ähnlich aus. Hier führen erneut Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen die Rangliste der arbeitsplatzschmiedenden Länder an und schaffen insgesamt stolze 46,6 Prozent der hier angesiedelten neuen Vergütungsempfänger. Die DV-Berater konzentrieren sich etwas noch weitergehender in ihrem Arbeitsplatzportfolio: angeführt von Bayern folgen Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und dazu Hessen mit weitem Abstand zu anderen Regionen. Überwältigende 69,6 Prozent Anteil am diesbezüglichen Stellenmarkt ist als eine starke Konzentration zu bezeichnen und zeigt, daß der wirtschaftliche Fortschritt in Deutschland auch in der unmittelbaren Nähe dieser Unternehmen zu finden sein wird.

Nur bei der Telekommunikations-Industrie führt Bayern die Gewinner-Riege nicht an. Hier ist es klar das Land Nordrhein-Westfalen mit der Landeshauptstadt Düsseldorf, das mit weitem Abstand zu Hessen das Herz der Branche darstellt. Nur diese beiden Länder sichern zusammen mit 46,5 Prozent nahezu die Hälfte aller neu geschaffenen Arbeitsplätze in der Telekommunikationswelt und haben so eine Wirtschaftslücke effizient und für lange Zeit uneinholbar für sich nutzen können.

Im Vergleich des ersten Halbjahres 1996 muß natürlich auch wieder ein Blick auf die bundesdeutschen Entwicklungsländer und die viel besungene "Aufschwung-Ost-Lage" geworfen werden. Da sind es lediglich Berlin und - mit Abstrichen - Sachsen, die zumindestens Bewegungs-Signale aufzeigen. Berlin zeigt in der DV-Beratungswelt allerdings bereits Beschäftigungszuwächse, die mit dem Weststandard vergleichbar sind. Gleiches gilt für die IT-Herstellung. Auch Sachsen hat in diesen beiden Branchen-Segmenten aufflackerndes Leben zu registrieren, bleibt jedoch noch unterhalb der westdeutschen Hinterbänkler.

IT-Industrie besetzt Top-Management-Funktionen

Augenmerk sollte auch auf die DIFAS-Auswertungen bezüglich der Management-Ebenen neu besetzter Stellen gelegt werden. Diese Betrachtung läßt nämlich Rückschlüsse auf die Unternehmensorganisationen und -größen zu, die in der IT-Branche gesamt doch noch recht unterschiedlich verteilt sind. Top-Management-Funktionen werden vornehmlich von der IT-herstellenden Industrie besetzt, ebenso wie im Middle- und Lower-Management-Bereich. Den zweiten Rang in den Management-Verteilungen nehmen die DV-Beratungshäuser ein, die in nachvollziehbarer Weise einen erheblichen Nachholbedarf an Führungskräften haben und sicher auch noch künftig die Ausgleichskraft für die gestrichenen DV-Managementfunktionen in den Anwendungsunternehmen innehalten. Telekommunikation und IT-Handel sind sich über ihre Positionierung in der diesbezüglichen Rangfolge noch nicht ganz einig. Während die TK eher Top- und Middlemanagement im ersten Halbjahr 1996 bestetzt hat, ist es der IT-Handel, der mehr Bedarf an den untersten Führungsebenen vorwies und somit stärkere Organisationserweiterungen belegen konnte.

Im Bereich der hochqualifizierten Fachkräfte führen eindeutig die DV-Beratungsunternehmen, die aufgrund der hohen Marktnachfrage nach Dienstleistung und Beratung zu aggressiven Neurekrutierungen gezwungen waren. Viele IT-Spezialisten müssen sich mit dieser Entwicklung konkret auseinandersetzen. Bieten doch die DV-Berater - somit auch salonfähig geworden - zur Zeit und mit steigender Tendenz die vielfältigsten und zahlreichsten Arbeitsplätze im Spezialistenwesen. IT-Hersteller, Telekommunikation und der IT-Handel bilden die Reihenfolge der nachgeordneten Arbeitsplatzanbieter im 1. Halbjahr 1996 für hochqualifizierte Fachkräfte in der IT-Branche.

Ob bei der Betrachtung des kommenden Halbjahres die Flecken auf der weißen Branchenweste des IT-Handels megaperlartig reingewaschen werden konnten, oder der ESCOMIC nur ein Göttergrollen als Reaktion übergroßen Branchen-Lobes war, wird allein die Zukunft zeigen. Fehlmanagement gab und gibt es in vielen Branchen und Unternehmen, sogar in solchen, die ihre Selbstüberschätzung durch besonders kurze Buchstabenkombinationen in ihrer Marken- und Geschäftsbezeichnung zum Ausdruck bringen (oder gebracht haben). Wer glaubt, daß in einer kleinen Branche, wie es die IT nun einmal im Vergleich zu anderen derzeit noch ist, der Hirnschlag eines Global-players den Arbeitsmarkt nachdrücklich beeinflußt, wird irren. Zum einen schlägt ein potentielles Portfolio an bestimmten Kräften nur selten derartige Wellen, zum anderen muß selbst bei höchstmöglicher Objektivität bekundet werden, daß Qualifikation, Engagement und Dienstleistungsbereitschaft bei den Mitarbeitern des Herrn Schmidt kaum dafür geeignet sind, schnell und unkompliziert auf freie Arbeitsplätze des bekämpften Wettbewerbs zu rücken. Denn dieser hat mit Sicherheit ein paar Qualifikations- und Qualitätsvorgaben an seine Mitarbeiter.

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