Geschäftskunden sind Hoffnungsträger

23.09.2004
Obwohl Europa bei der Mobilkommunikation zur Weltspitze gehört, bleibt sein Markt für mobile Anwendungen bisher hinter den Erwartungen zurück. Frost & Sullivan zeigt auf, wie die Branche im Geschäftskundensegment den Umsatz steigern kann. Von ComputerPartner-Redakteurin Ulrike Goressen

Der europäische Markt für mobile Kommunikation tut sich schwer. Bei den potenziellen Anwendern gibt es noch zu viel Skepsis im Blick auf Investitionsrentabilität und Betriebskosten, die Betreiber sorgen sich um das Auslastungsniveau und die Umsätze, die sich mit mobilen Anwendungen erwirtschaften lassen. Inzwischen bieten sich aber, wie eine neue Analyse der Unternehmensberatung Frost & Sullivan feststellt, im Geschäftskundensegment entscheidende Möglichkeiten, Umsatz mit mobilen Anwendungen zu erwirtschaften.

Neue Tarifstrukturen

So soll etwa der Datenverkehr von Geschäftskunden stetig zunehmen. Zwar sei sein Volumen im Vergleich zur Sprach- und zur privaten Datenkommunikation noch begrenzt, laut Frost & Sullivan dürfte er aber schon nennenswerte Netzkapazitäten beanspruchen. Allein der verstärkte mobile Datenverkehr soll zu einer stärkeren Nutzung der Sprachdienste durch Geschäftskunden führen. Wenn allerdings der europäische Gesamtmarkt für mobile Anwendungen expandiert, muss auch die Tarifstruktur angepasst werden, damit die Betreiber vom zunehmenden Geschäftsdatenverkehr profitieren können.

Gegenwärtig bieten nämlich die meisten Betreiber Flatrates an. "In diesem Stadium der Marktentwicklung vereinfachen solche transparenten Preisstrukturen die Beurteilung der Investitionsrentabilität", erklärt Andrew Tanner-Smith, Senior Industry Analyst bei Frost & Sullivan. "Aber wenn die Nachfrage steigt, müssen die Preissysteme angepasst werden, damit die Betreiber den Wert des verstärkten Geschäftsdatenverkehrs für sich realisieren können."

Der Weg zum Markt führt in diesem frühen Stadium der Beziehungen zwischen Softwareanbietern und Mobilfunkbetreibern laut Analysten üblicherweise über Systemintegratoren. Sehr wenige Implementierungen mobiler Anwendungen würden direkt von den Mobilfunkbetreibern angeboten. Die großen Softwareanbieter ihrerseits hätten sowohl unabhängige Wege zum Markt eingeschlagen als auch Partnerschaften mit Systemintegratoren geschlossen. Reine Softwareanbieter müssten zwangsläufig Partnerschaften eingehen, um den Markt zu erreichen. Für die nächste Zeit ist nach Analystenmeinung mit einer Konsolidierungsphase zu rechnen, da große Anbieter von Unternehmenssoftware reine Mobilfunksoftware-Anbieter übernehmen werden, um Zugang zu deren technischem Know-how zu bekommen. Marktführer bei Software für mobile Anwendungen in Europa ist gegenwärtig Siebel Systems, Inc.

Eine starke Performance verzeichnen lokal orientierte Mobilfunkbetreiber und solche, die sich neue geografische Märkte erschließen konnten. Den Spitzenplatz mit einem prognostizierten Marktanteil von 19 Prozent der Teilnehmer am Geschäftsdatenverkehr im Jahr 2004 soll die Vodafone-Gruppe einnehmen, gefolgt von T-Mobile mit 16 und Orange mit 14 Prozent. Betreiber mit einer robusten lokalen Präsenz im Geschäftskundensegment und in wichtigen Vertikalmärkten sollen in der Lage sein, ihre Marktposition zu konsolidieren.

Hohe Penetrationsraten

Im Vergleich der Vertikalbranchen wurde im Jahr 2003 die höchste Penetration mobiler Anwendungen bei den Versorgern, in der Fertigung sowie im Bereich Transport und Kommunikation verzeichnet. "Die Gründe für die überraschend gute Aufnahme liegen sowohl in der Konzentration der Systemintegratoren und Anbieter auf diese Märkte als auch in deren eigenem Bedarf", erläutert Tanner-Smith. "Mit fortschreitendem Marktwachstum verlagern sich die Schwerpunkte."

Alternative Technologien wie WLAN stellen laut Frost & Sullivan eine ernsthafte Konkurrenz für den Einsatz von Software für mobile Anwendungen dar. So sei das Geschäftskundensegment durch die große Verbreitung von Notebooks und die Nachfrage nach einem flexiblen Zugang zu Netzdiensten zu einem Schlüsselmarkt für WLAN geworden.

Beide Technologien sollten sich nach Meinung der Marktforscher jedoch dank ihrer spezifischen Vorteile nebeneinander behaupten können. Die Software für mobile Anwendungen würde davon profitieren, dass heute aufgrund der größeren Robustheit der Netze ständig Verbindungen verfügbar sind. Der bei zunehmender Nutzung zu erwartende Rückgang der Kosten für den Datenverkehr sei ein weiterer Vorteil. Gleichzeitig hätte die größere Vielseitigkeit der Handsets dazu beigetragen, dass für die Arbeit mit Netzdiensten nicht mehr immer ein Laptop erforderlich sei. Flexible Smartphones und moderne mobile Handsets würden den PDAs Konkurrenz machen. Laptops blieben aber durch ihre Verbreitung und ihre Rechenleistung dauerhaft relevant für mobile Anwendungen.

Aktuell liegen die skandinavischen Länder an der Spitze, sie sollen aber mit zunehmender Marktsättigung wieder Marktanteile verlieren. Gleichzeitig dürfte laut Frost & Sullivan eine starke Nachfrage von den großen Geschäftskundenmärkten in Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien für Wachstum in diesen Ländern sorgen.

Meinung der Redakteurin

Die Studie weist zwei starke Wachstumskomponenten aus: vernünftige Tarifstrukturen und die enge Kooperation der Anbieter mit Systemintegratoren. Letztere haben als Einzige in diesem Markt den direkten Draht zum Geschäftskunden. Sie kennen dessen Bedürfnisse und aktuelle Ausstattung. Sologänge der Anbieter bringen also nichts außer Kosten.

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