Geschickt verhandeln - nicht pokern

08.03.2006
Von Veronika Renkes

Sensibler für die Situation des Gegenübers

Doch was sich so einfach anhört, wird oft zum Stolperstein: Denn vielfach setzen Verhandlungspartner zu stark auf ihre rhetorischen Fähigkeiten und auf ihre Argumentationskompetenz. "Aus der Forschung wissen wir aber, dass kommunikationsstarke Personen durchaus schlechte Verhandler sind - und umgekehrt: Sprachlich wenig begabte Personen mögen dennoch sehr gut verhandeln können", stellt Kommunikationsforscher Roland Reichenbach vom Erziehungswissenschaftlichen Institut der Universität Münster klar.

Roland Reichenbach, Professor an der Universität Münster: 'Kommunikationsstarke Personen oft schlechte Verhandler.'
Roland Reichenbach, Professor an der Universität Münster: 'Kommunikationsstarke Personen oft schlechte Verhandler.'

Für den Professor ist Verhandeln eine "eigene, spezifische Kommunikationsform, in deren Zentrum die strategische Koordination von Interessen steht. Das Ziel lautet: Für die am Entscheidungsprozess beteiligten Parteien eine akzeptable Einigung zu finden." Nicht die Güte der Argumente, sondern die Fähigkeit der Partner, ihre partikulären und gemeinsamen Interessen zu koordinieren, entscheidet über den Erfolg von Verhandlungen.

Do`s and Don`ts in Verhandlungenstandard

Ob Sie das erhalten, was Sie sich erhoffen, hängt nicht zuletzt von Ihrer Verhandlungskompetenz ab. Der Münchner Personalberater Thomas Eichinger nennt die wichtigsten Spielregeln:

  • Lassen Sie Ihre Kollegen aus dem Spiel: Schnell laufen Sie Gefahr, dass Ihr Gegenüber dann den Spieß umdreht und Ihre Qualifikationen mit denen anderer Kandidaten vergleicht.

  • Vermeiden Sie Verweise auf Konkurrenzfirmen: Es ist zwar richtig, dass Sie sich einen genauen Marktüberblick verschaffen. Doch sollten Sie sich entsprechende Hinweise in Verhandlungsgesprächen mit Personalchefs tunichst verkneifen.

  • Drücken Sie nicht auf die Tränendrüse: Der Arbeitgeber kann nichts dafür, dass die Lebenshaltungs- oder Unterhaltskosten ständig steigen. Jammerer haben keine überzeugenden Argumente für Gehaltserhöhungen zu bieten. Leistungsstarke Mitarbeiter schon.

  • Verlegen Sie sich nicht auf's Pokerspiel: Die Taktik "Alles oder Nichts" führ in der Regel ins Aus. Anstatt alles auf eine karte zu setzen, sollte man offen für verschiedene Optionen sein. Alternativen zu einer Gehaltserhöhung können beispielsweise sein: Fahrtgeldzuschuss, Essenstickets, Weiterbildung, Kinderbetreuungsmöglichkeiten.

  • Betreiben Sie keine Hinhaltetaktik: Für faire Verhandlungen müssen die Bedingungen von Anfang an offen dargelegt werden. Wer über einen längeren Zeitraum immer wieder neue Forderungen stellt, wirkt unseriös.

  • Vermeiden Sie egomanische Auftritte: Demonstrativ zur Schau getragenes Anspruchsdenken führt ins Aus. Von ihren Mitarbeitern erwarten die Unternehmen Teamgeist und Dienstleistungsmentalität à la "Was kann ich persönlich zum Erfolg der Firma beitragen?"

  • Werben Sie für sich durch Ihre Leistungen: Überlegen Sie vorab, wo Sie in letzter Zeit besonders erfolgreich für Ihre Firma tätig waren. Welche Projekte haben Sie angeschoben? Wo haben Sie zu einer Umsatzsteigerung oder zum Imagegewinn Ihres Unternehmens maßgeblich beigetragen?

All dies setzt unter anderem ein hohes Maß an Kompromissbereitschaft und Flexibilität voraus. Denn oft lässt sich keine Win-win-Situation herstellen, müssen sogar erfolgsverwöhnte IT-Fachkräfte lernen, mit weniger als ursprünglich erhofft auszukommen. Dieser Mentalitätswechsel, der Sprung von einer eher Ich-zentrierten zu einer mehr partnerschaftlich angelegten Verhandlungsstrategie, fällt vielen Mitarbeitern aus der IT-Branche schwer.

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