Gewerbeschein interessiert nicht

31.07.2006
Norsk-IT - das in der Vergangenheit oftmals umstrittene Unternehmen - macht mit aggressiven Preisen auf sich aufmerksam. Mit einem neuen Angebot, das sich offiziell an den Fachhandel richtet, öffnet der E-Tailer aber eher Endkunden die Tür.

Von Alexander Roth

Auf Norsk-IT (www.norsk-it.de) treffen die typischen Attribute zu, die einem modernen E-Tailer im Guten wie im Schlechten gerne nachgesagt werden: Die Internet-Unternehmen seien auf der einen Seite zwar verlockend günstig und offerierten ihre Produkte mit tagesaktuellen Preisen, böten dagegen auf der anderen Seite dürftigen Kundenservice und seien für Außenstehende als Unternehmen nur schwer durchschaubar.

So gewann Norsk-IT, das im Sortiment etwa 7.000 klassische IT-, CE- und TK-Produkte führt, in der Vergangenheit zwar zahlreiche Preisvergleichstests und konnte damit nach eigenen Angaben insgesamt 200.000 Privatkunden und über 1.000 Händler zum Bestellen bewegen. Einen zweifelhaften Ruf bekam das Unternehmen aber spätestens dann, als unter anderem Geschäftsführer Christian Böhme dafür sorgte, dass das freiwillige Verbraucherschutzforum "www. snakecity.de" seine Pforten schließen musste, was in der Branche zu großem Aufsehen führte.

Der Vorwurf: Böhme wollte sich mit der Aktion unliebsame Kritiker vom Halse schaffen.

Weiterer Kritikpunkt am Unternehmen ist der offizielle Firmensitz in Norwegen. Norsk-IT sei so in Rechtsfragen nur schwer zu belangen. Zudem wurde der Service im Falle von Fehllieferungen immer wieder von Kunden bemängelt.

"Gewerbeschein nur unnötige Bürokratie"

Glaubt man den zahlreichen Internetforen, die E-Tailer und ihre Leistungen bewerten, scheint sich Norsk IT insbesondere in puncto Kundenservice deutlich verbessert zu haben. Mit der Lieferung erhalten mittlerweile alle Kunden einen DHL-Aufkleber, der eine kostenlose Retour ermöglicht. Auch das Thema "Norwegen" scheint mittlerweile vom Tisch - mit ein bisschen Geduld finden sich auf skandinavischen Internetseiten alle wichtigen Daten wie auch die offiziellen Geschäftszahlen des Unternehmens: 2004 hatte Norsk-IT einen Umsatz von etwa 23 Millionen Euro und einen Verlust von etwa 36.000 Euro eingefahren. Trotz des Minus beeindruckende Zahlen für ein Unternehmen, dessen Mitarbeiterzahl sich nach eigenen Angaben im einstelligen Bereich bewegt. Auch Geschäftsführer Christian Böhme scheint mittlerweile ein gemachter Mann, so zumindest sein Ruf in der Branche.

Wie strukturiert sich Norsk-IT? Die Antwortet lautet: Outsourcing. "Rechnet man die Mannstunden unserer Dienstleister mit ein, kommen wir auf etwa 100 Arbeitsplätze", sagt Christian Böhme im Gespräch mit ComputerPartner. Norsk-IT habe von der Logistik bis zum Callcenter fast alle Geschäftsbereiche ausgelagert. Dabei seien alle Verträge extrem kurzfristig und leistungsabhängig gestaltet, so Böhme. So weiß er für den Moment auch nicht, wo das aktuelle Callcenter seinen Sitz hat. Bei Norsk-IT zähle eben nur die kurzfristige Leistung, sagt Böhme.

Nur das Aussortieren und Einpflegen der Angebotslisten der zuliefernden Distributoren werde noch von den Norsk-IT-Mitarbeitern selbst übernommen. Böhme betont, dass Norsk-IT mit zahlreichen Distributoren wie Tech Data und Herstellern "hervorragende Kontakte" pflege. Kein Wunder: Hier hat Norsk-IT mit 200.000 Kunden Macht im Gepäck. Die Forderungen des E-Tailers an seine Lieferanten haben Gewicht, Großbestellungen möchten die Distributoren nicht den Wettbewerbern überlassen.

Das wiederum ermöglicht dem Internetunternehmen eine einfache Logistik: Die Ware werde laut Böhme oftmals vom Hersteller direkt zum Logistikzentrum der DHL in Hannover geschickt, von dem aus Norsk-IT seine Kunden beliefert.

"Fachhändler kaum eine Chance"

Mit einem so genannten "Fachhandelsprogramm", das der E-Tailer Mitte Juli 2006 einführte, zielt das Unternehmen auf alle Firmen oder Personen ab, die drei Monate lang Produkte im Wert von jeweils 1.500 Euro bestellen. Das können auch Privatpersonen sein: Ein Gewerbenachweis wird nicht verlangt. Es interessiere Norsk-IT nicht, mit wem es Geschäfte mache, so Geschäftsführer Böhme, solange der Besteller zahlungskräftig sei. Zudem sei ein Gewerbeschein nur "unnötige Bürokratie".

Um die Kreditwürdigkeit des Kunden sicherzustellen, nimmt Norsk-IT bei größeren Bestellungen nur Zahlungen per Vorkasse an. Den Kreditrahmen oder die Online-Überweisung könne der E-Tailer binnen Minuten einsehen, so Böhme. Der Geschäftsführer verspricht zudem jedem der Großkunden individuelle Beratung, Preisnachlässe und vergünstigte Versandkonditionen. Konkrete Margen will er aber nicht nennen.

Zerstört das nicht das Geschäft von Händlern, da Kunden diese Vergünstigungen für sich selbst in Anspruch nehmen können? Böhme: "Mit dem Geschäft von nicht beratungsintensiven Produkten" (die der E-Tailer vorwiegend anbietet) "hat der Fachhändler sowieso kaum eine Chance." Dennoch könnten auch Händler von Norsk-IT profitieren, da die Preise oftmals noch immer unter den üblichen Preisen lägen. Der Onlineshop bilde zudem, ähnlich einem Preisvergleichs-Dienstleister, sekundengenau jeweils das günstigste Angebot aus einer großen Liste zahlreicher europäischer Distributoren ab, und das "mit geringer Eigenmarge". Dass der E-Tailer dabei mit dem branchenüblichen Wasser kocht, verhehlt Böhme nicht.

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