Gewerbesteuerpflicht: Nur die Ausbildung zählt

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Unter anderem führte das Gericht in seinen Entscheidungsgründen aus: "Da der Ingenieur auf wissenschaftliche Grundlage tätig ist, setzt ein Beruf, der dem eines Ingenieurs ähnlich sein soll, ebenfalls eine Ausbildung voraus, die mit der Berufsausbildung des Ingenieurs oder der eines Informatikers verglichen werden kann. Aufgabe des Ingenieurs ist es, auf Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen."

Das Gericht verlangt, dass die Ausbildung des Steuerpflichtigen mit der eines Absolventen einer Hochschule oder Fachhochschule vergleichbar ist. Allerdings kann ein entsprechender Ausbildungsstand auch durch Teilnahme einer Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltung, eigenständiges Literaturstudium und durch gewonnene praktische Erfahrung erworben werden.

Das Hessische Finanzgericht erwartet eine Dokumentation mit entsprechenden Ausbildungsnachweise, dass das erworbene Wissen den Anforderungen entspricht, die an einen Absolventen des Studienganges "Allgemeine Informatik" nach seinem Studienabschluss gestellt werden. Hierzu hatte das Gericht dann mit Hilfe eines Sachverständigengutachten klären lassen, welchen Ausbildungsstand der Kläger hat. Das Gericht verweist darauf, dass der EDV-Berater zwar auf seinem Gebiet ein Fachmann sei und in seinem Fachgebiet die geforderten Ausbildungsinhalte erheblich übertrifft. Beanstandet wurde aber, dass der EDV-Berater nicht über die Breite eines Wissens verfügt, wie sie an (Fach-)Hochschulen in vergleichbaren Studiengängen gelehrt werden. Interessant sind dann die weiteren Ausführungen des Gerichts:

"Wer über ein gründliches und umfassendes theoretisches Wissen in seinem Beruf verfügt, vermag auch relativ einfach erscheinende Probleme in einem größeren Zusammenhang zu sehen und damit sicherer zu beurteilen als jemand, der dies nur aufgrund einer vorwiegend praktischen Ausbildung sowie seiner praktischen Erfahrungen tut."

Damit grenzt sich das Hessische Finanzgericht gegenüber dem Finanzgericht Hamburg ab, das in einem Urteil vom 27.04.2006 einen selbständigen EDV-Berater ohne Hochschulabschluss als Freiberufler angesehen hatte (Az.: 6 K 120/069). Der EDV-Berater war im Bereich der Systemtechnik bzw. der Entwicklung komplexer Anwendersoftware tätig. Auch ohne ein ingenieurähnliches Grundlagenwissen war das Hamburger Finanzgericht von einer ingenieurähnlichen und damit freiberuflichen Tätigkeit ausgegangen. Diese Rechtsauffassung teilt das Hessische Finanzgericht ausdrücklich nicht.

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