Gewinn- und Wachstumswarnung beißen den Apfel klein

10.05.2000
40 Prozent seines Börsenwertes büßte Apple am vergangenen Donnerstag ein. Der Grund: Gewinn und Umsatz im vierten Quartal 2000 fallen geringer aus als geplant. Analysten, von Apple sträflich vernachlässigt, wetzten sogleich das Verbalmesser und riefen die Krise der Kalifornier aus.

Von einem deutlich schlechteren vierten Quartal 1999/00 (Stichtag: 30. September) als geplant geht Apple aus. Nicht 165 Millionen Dollar, sondern ein Drittel weniger, nämlich zirka 110 Millionen Dollar Gewinn, erwarten sich die Kalifornier. Die Umsätze werden laut App- <text style=>le-Finanzchef Fred Anderson rund 1,85 bis 1,9 Milliarden Dollar be-tragen; geplant waren rund zwei Milliarden. Zum Vergleich: Im ebenfalls von einer Gewinnwarnung begleiteten vierten Quartal des Geschäftsjahres 1998/99 betrug der Gewinn 111 Millionen Dollar; der Umsatz lag bei 1,34 Milliarden Dollar.

Dass Apple, dessen US-PC-Marktanteil mittlerweile auf rund zehn Prozent geklettert ist, auch im kommenden Geschäftsjahr mit geringerem Wachstum rechnet, be-antwortete die Börse - wie in letzter Zeit bei IT-Aktien fast gewohnheitsmäßig - mit sofortigem Liebesentzug: Die Aktie stürzte binnen weniger Stunden von 53.50 auf unter 30 Dollar ab, und Analys-ten setzten die Aktie auf "Neutral".

Als Gründe für die unerwartete Quartalsentwicklung führt Apple an: den unerwartet schlechten Rechnerabsatz im amerikani-schen Bildungssektor ("Educa-tion"), weltweit geringere Computerabsätze überhaupt infolge einer von anderen Computerherstellern keineswegs beobachteten allgemein geringeren Sommernach-frage sowie die nicht für möglich gehaltenen mäßigen Umsätze mit dem überteuerten, wegen Haarrissen im Gehäuse und technischen Problemen massiv kritisierten Edel-Mac "Cube".

"Apple hat keine wirklichen neuen Produkte"

Für die seit Steven Jobs 1997 erfolgten Amtsantritt als (Interims-) Präsident traditionell schlecht gebrieften Analysten kam die Apple-Warnung überraschend. Noch vorige Woche waren sie von einer starken Nachfrage nach den Produkten der Kaliforniern ausge-gangen.

Allerdings: Kritischere Marktbeo-bachter hatten sich längst darüber Gedanken gemacht, ob die vor allem äußere Veredelung der Apple-Computer für ein lang anhaltendes Wachstum ausreichen werde. "Vor allem Privatbenutzer achten bei einem Neukauf darauf, immer die schnellsten Prozessoren zu einem möglichst günstigen Preis zu bekommen. Unter diesem Aspekt befriedigen die vergleichsweise niedrig getakteten G3-I-Macs trotz ihre sonstigen Ausstattung den Endverbraucher nicht", meinte ein Analyst von US-Berater Merrill Lynch. Außerdem schmälere der notwendige Abverkauf alter I-Macs in den US-Retail-Läden den Absatz der im August vorgestellten neuen I-Macs. In den USA hält Apple rund 7,5 Prozent PC-Marktanteile bei den Großflächenvermarktern.

Auch die Highend-G4-Rechner hätten sich nicht nach Plan verkauft. Die Umstellung von ein auf Zwei-Prozessor-G4-Systeme habe lediglich zwei Wochen gedauert. Doch dieses Auslieferungsloch habe zur Umsatz- und Gewinndelle beigetragen; ferner hätten Apple-Kunden die Neuvorstellungen abgewartet. Ältere Modelle seien liegen geblieben und müssten jetzt billig losgeschlagen werden.

Zudem machen Beobachter wie Merrill-Lynch-Analyst Steven Fortuna geltend, dass die Dual-Prozessor-Rechner, die bis dato nur von wenig Software wie Photoshop genutzt werden können und erst mit der Auslieferung des neuen Betriebsystems "Mac-OS X" ihre Stärken entfalten werden, keine wirkliche Lösung des Apple-Problems seien, mit vergleichsweise langsamen Prozessoren gegen hochgetaktete Business-PCs bestehen zu können. "Apple hat keine wirk-lichen neuen Produkte und einen schalen Upgrade-Pfad vorgelegt", fasst er den bekannt wunden Punkt der Kalifornier zusammen.

Apples Technologie-Roadmap macht das offensichtlich: Das bereits für Ende 1999 angekündigte Betriebssystem wird erst Anfang nächsten Jahres fertig sein. Wann Motorola den G5-Chip fertig haben wird, steht dahin.

"Bestes Jahr seit Bestehen"

Nichtsdestotrotz: Von Apple Deutschland in Ismaning war zu erfahren, dass das Geschäftsjahr 1999/2000 (Stichtag: 30. September) das beste Jahr seit Bestehen der Deutschland-Filiale war. Zahlen nannte das Unternehmen beziehungsweise Apple-Sprecher Georg Albrecht nicht. Unternehmensnahe Quellen rechnen mit einem Umsatz von zirka 580 bis 600 Millionen Mark. Gravis-Chef Archibald Horlitz bestätigte auf Anfrage das gute Ergebnis. "Unser Einkaufsvolumen liegt 120 Prozent über dem Vorjahr", erklärte er gegenüber ComputerPartner. Nicht nur die I-Macs, sondern auch die G4-Rechner seien gut verkauft worden.

"Spannend wird das nächste Quartal", blickt er voraus. Denn es komme darauf an, ob Apple im wichtigen deutschen Markt "Gas gibt oder in der Nische verharrt". Für Ersteres, gesteuert von der Pariser Apple-Zentrale aus auf Geheiß von Steven Jobs, will Horlitz Indizen haben. Ob davon allerdings Apple-Fachhändler profitieren werden, bezweifelt er. Denn, so Horlitz, diese Gruppe werde derzeit "platt gemacht". Nicht allein durch vergleichsweise billige Online-Ange- bote großer Wiederverkäufer wie etwa Gravis oder Cancom, sondern auch durch die Apple-Politik, bestimmte Produkte nur über die so genannten "Stores" anzubieten. Als Beispiele für diese "Brechstangenpolitik" nennt er Peripherieprodukte wie die optische Maus und eine Rage-Grafikkarte. (wl)

www.apple.com/de/

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