Götterdämmerung im Handymarkt

01.02.2001

Es war vernünftig, als Ericsson sich letzte Woche von der Handy-Produktion verabschiedete. Allein im letzten Jahr hatten die Schweden 3,7 Milliarden Mark Miese mit den Mobilen eingefahren. Nun soll Flex-tronics, ein asiatischer Dienstleister für Produktion und Distribution, sich um den unangenehmen Teil, die Produktion, kümmern und ihn profitabel machen. Kein Problem, denn das kann das in Singapur beheimatete Unternehmen wirklich gut, wie die Kooperationen mit Bosch und Siemens (Handys), Microsoft (Xbox) sowie Consumer-PCs von Fujitsu Siemens zeigen (Mehr dazu lesen Sie auf Seite 12).

Ericsson hingegen will sich laut CEO Kurt Hellström nun auf Entwicklung, Design und Vermarktung der Handys konzentrieren. Oh je, das könnte kritisch werden. Man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen für Gestalt und Farbe sich endlich mehr am tatsächlichen Markt orientieren. Zugegeben: die Design-Studien für künftige UMTS-Handys oder PDAs mit GPRS-Modul sehen wirklich schnuffig aus. Die real exis-tierenden Mobiltelefone von Ericsson hingegen kann selbst der wortgewandteste Händler kaum schön reden. Klobige Riesenantennen lassen an den Motorola-Knochen aus der guten alten C-Netz-Zeit denken. Und das Gros der Handykunden steht kaum auf gruselige Farbkombinationen wie Babybreigelb mit verwaschenem Kompostbraun. Wenn nicht in den letzten Jahren der Handymarkt regelrecht explodiert wäre und wirklich jedes Mobiltelefon seinen Käufer gefunden hätte, Ericsson wäre schon viel früher in der Versenkung verschwunden.

Doch jetzt schmollen die Schweden auch noch. Sie monierten bei ihrem Rückzug, dass sie ihre technisch hochgerüsteten Handys viel zu günstig und mit viel Verlust abgeben mussten, da die Konkurrenz viel billigere Geräte in den Markt pumpte. Das klingt nicht sehr professionell, sondern vielmehr nach dem Wehklagen eines Besiegten. Hier stellt sich doch die Frage, warum der Mitbewerb wie Nokia, Motorola oder Siemens sehr wohl in der Lage ist, punktgenau auf den Marktgeschmack ausgerichtete attraktive Handys mit ähnlicher oder gar besserer Technik zu produzieren und dabei noch Geld zu verdienen. Diese Firmen sind nicht bös, sondern einfach cleverer. Jede von ihnen hat sich spezialisiert: Nokia spricht vor allem Jugendliche an. Die Finnen-Handys können durch eine Vielzahl von Klingeltönen, Logos sowie farbigen Oberschalen trotz Massenproduktion individualisiert werden. Genial! Siemens, mit neun Prozent Marktanteil (noch) Viertplazierter und dicht hinter Ericsson mit zehn Prozent, besticht durch sein stilvolles Design und den hohen Bedienkomfort. Edel! Selbst Motorola, durch seine starke US-Vergangenheit Zweitplazierter im Weltmarkt, stellt sich durch Extra-Features wie integriertes Radio oder massenwirksame Kooperationen mit Popstars wie Britney Spears als Nokia-Alternative dar. Klug!

Klar, auch diesen taffen Jungs wird schon bald der Wind kalt ins Gesicht wehen. Der Grund liegt aber nicht darin, dass sie ihren Job nicht verstehen, sondern an der Sättigung des Marktes. Bereits 2001 werden 80 Prozent der verkauften Handys Ersatzgeräte sein. Den nächsten Aufschwung wird es erst geben, wenn die UMTS-Netze in Betrieb genommen werden können. Doch das werden nicht die Weicheier und Jammerlappen der Branche erleben, sondern nur die Profis. Hoffe ich doch!

Ulrike Goreßen

ugoressen@computerpartner.de

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