"Wall Street Journal"

Google tritt auf die Kostenbremse

Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Der Internetkonzern Google stellt weniger neue Mitarbeiter ein und ist um mehr Effizienz seines mittlerweile verzweigten Imperiums bemüht.

Das berichtet das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Recruiter, Venture Capitalists und andere mit der Angelegeneit vertraute Personen. Darum bemühe sich unter anderem die neue Finanzchef Ruth Porat, die an einem internen Audit zu Kosten, Erlösen und Buchhaltungssystemen beteiligt sei und versuche, Google als stabilerer, aber auch komplexerer Unternehmung ihren Stempel aufzudrücken. Googles Umsätze wachsen weniger als früher, die Gewinnmargen schmelzen ab und der Aktienkurs stagniert.

Am Donnerstag meldet Google seine Zahlen zum zweiten Quartal und gewährt damit einen aktuellen Einblick in seine Kostenstruktur. CFO Porat dürfte dabei ihren ersten größeren Auftritt in der anschließenden Telefonkonferenz mit Finanzanalysten haben.

Google hatte im ersten Quartal "nur" noch 1819 neue Mitarbeiter eingestellt, die geringste Aufstockung seiner aktuell 55.419-köpfigen Belegschaft seit dem Schlussquartal 2013. 2014 hatte das Unternehmen im Schnitt noch 2435 neue Mitarbeiter pro Quartal eingestellt, schreibt das "WSJ". Mittlerweile legten Manager anhand strategischer Prioritäten fest, welche Teams ihren Headcount erhöhen dürften. Verschiedene Bereiche müssten seit Ende vergangenen Jahres Pläne vorlegen, wie sie durch mehr Mitarbeiter bestimmte Ziele wie mehr Umsatz oder Nutzer erreichen wollten, heißt es weiter.

Auch für Reisen, Ausstattung und Veranstaltung seien Genehmigungen nicht mehr so einfach zu bekommen wie in der Vergangenheit. Google bemühe sich aber auch weiterhin aggressiv darum, seine Mitarbeiter zu halten (oft mit mehr Anteilen). Der Konzern wächst und ist von einem Stellenabbau weit entfernt. Dass er jetzt die Kosten stärker im Blick habe, sei dennoch eine deutliche Veränderung für ein Unternehmen, das lange Zeit Expansion und Experimentieren über Controller-Bedenken gestellt habe, so das "WSJ".

"Google nimmt den Fuß vom Gas", kommentiert Analyst Carlos Kirjner von Bernstein Research. "Ich glaube nicht, dass die Company ihre Philosophie oder Herangehensweise grundlegend geändert hat. Sie hat einfach Anpassungen vorgenommen."

Früher waren Googles Erlöse so stark gestiegen, dass Kostenkontrolle nicht so wichtig war. Mittlerweile aber flacht das Wachstum ab, die Kosten steigen trotzdem weiter. 2014 erzielte Google noch 19 Prozent Umsatzwachstum nach 21 Prozent 2013, 22 Prozent 2012 sowie 29 Prozent 2011. Die operativen Kosten stiegen im vergangenen Jahr laut S&P Capital IQ aber um 31 Prozent und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sogar um 38 Prozent.

In der Folge ging die operative Marge laut Goldman Sachs von 38 Prozent im Jahr 2011 auf zuletzt nur noch 32 Prozent zurück. Gleichzeitig engagiert sich Google in neuen Feldern wie Internetversorgung mit hoch fliegenden Ballons, einem eigenen Mobilfunkangebot und selbstfahrenden Autos. Viele dieser Projekte generieren noch keine nennenswerten Einnahmen, was Anleger zunehmend hinterfragen. Die Google-Aktie hat im vergangenen Jahr rund drei Prozent verloren, während die Anteile von Apple und Facebook um über 30 Prozent zulegten.

Google-Chef Larry Page habe Ende vergangenen Jahres versucht, in einem Treffen mit wichtigen Aktionären deren Bedenken zu zerstreuen. Google verstehe die Notwendigkeit, langfristige Investitionen gegen das Risiko abzuwägen, dass ein niedriger Aktienkurs an der Moral der Mitarbeiter nage und Recruiting sowie Employee Retention erschwere. Als Beispiel für erfolgreiches Lenken eines großen und komplexen Konzerns habe Page Berkshire Hathaway von Warren Buffett mit CEOs an der Spitze operativer Firmen und einer Holding genannt, die abhängig vom Erfolg jährlich Kapital an diese Töchter ausschütte.

Im Januar hatte auch noch der damalige Finanzchef Patrick Pichette Investoren versichert, Google werde "Disziplin und die Bereitschaft zeigen, zurückzuschalten, wenn wir an die Grenzen dessen stoßen, was wir noch vertretbar absorbieren können". Als Beispiel für die neue Diszipliniertheit führte Pichette damals die Entscheidung an, den Vertrieb der ersten Version der Datenbrille "Glass" einzustellen.

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