Grafikkarten für 3D-Spiele: Voodoo-Chip soll den Markt verzaubern

22.05.1998

MÜNCHEN: Mit dem Voodoo-Chip für Grafikbeschleunigung hat die kalifornische Start-up-Company 3Dfx Interactive 1996 einen Coup gelandet. Endlich konnten die mit dieser Hardware ausgestatteten PCs an 3D-Leistungen von Workstations anknüpfen. Und bereits Anfang dieses Jahres tauchte mit Voodoo2 ein neuer 3D-Grafik-Chip auf. Aber lohnt es sich, diese Boards tatsächlich in sein Sortiment aufzunehmen?Spätestens zum Weihnachtsgeschäft gibt es die Dinger auch bei Aldi." Peter Paul Schikora, Geschäftsführer beim Grafikkartenhersteller CMC - Computer Multimedia Components GmbH in Taufkirchen bei München, ist sich sicher, daß Voodoo2-basierte 3D-Add-on-Boards der Renner dieses Jahres werden. Für sein Unternehmen sieht er jedoch das Problem der mangelnden Verfügbarkeit: "Während wir monatlich nur 5.000 Voodoo2-Chips von 3Dfx Interactive bekommen, werden Marktführer Diamond und Creative Labs vorrangig beliefert. Doch 5.000 Stück sind besser als gar nichts, wir versuchen erst einmal in dem Markt Fuß zu fassen", schildert der CMC-Chef das derzeitige Dilemma.

Zwei Hersteller beherrschen den Markt

1996 hat die kalifornische High-Tech-Schmiede 3Dfx Interactive ihren sogenannten Voodoo-Chip entwickelt, der sich ausschließlich um den Bildaufbau von 3D-Szenen kümmert. In Tests mit interaktiven Spielen, die einen hohen 3D-Anteil aufwiesen, übertraf dieser Grafikprozessor alle bisher auf PCs erreichten Leistungen deutlich. Mittlerweile steht mit Voodoo2 der Nachfolger fest. Zur diesjährigen CeBIT haben bereits einige Hersteller Grafikkarten mit der neuen Technologie vorgestellt, erste Produkte sind schon heute auf dem Markt verfügbar.

So bietet beispielsweise Diamond ab sofort "Monster 3D II" an, ein Add-on-Board mit Voodoo2-Chipsatz und insgesamt acht Megabyte Speicher für zirka 500 Mark. Die 12-Megabyte-Version dürfte um die 100 Mark mehr kosten. Damit sollen Spiele in Auflösungen bis zu 800 x 600 Bildpunkten laufen, unter Umständen sogar mit 1024 x 768 Punkten - werden zwei 3D-Boards zusammengeschaltet, ist diese Auflösung immer erreichbar. Gleichzeitig gab Diamond die Preissenkung ihrer Monster 3D-Karte mit 4 MB bekannt: Das Board mit dem Voodoo2-Vorläufer ist ab sofort für weniger als 300 Mark zu haben. Damit will der Hersteller die Einsteiger bedienen. Denn momentan gibt es noch kaum PC-Games, die wirklich die volle Leistung aus Voodoo2 ausschöpfen, wohingegen bereits über 400 Spiele vom Voodoo1-Chipsatz unterstützt werden. Ab Herbst rechnet Markus Florian, Product Manager bei der Diamond Multimedia Central Europe in Starnberg, mit mehr als zwei Dutzend Spielen, die für Voodoo2 ausgelegt sein werden. "Und schon heute kann sich der Spiele-Freak über höhere Frame-Rates und Auflösungen freuen", behauptet Florian. Die Zukunftsaussichten dieses Markts schätzt der Manager als sehr positiv ein: "Wir haben bereits über 1,2 Millionen Monster 3D-Boards verkauft und möchten natürlich auch mit der nächsten Generation der Voodoo-Grafikkarten Marktführer bleiben." Der geeignetste Vertriebspartner ist für ihn der Computerfachhandel: "Bei Fragen zur Kompatibilität und Installation wünscht der Kunde einen kompetenten Ansprechpartner, der ihm die nötige Sicherheit zur Investition einer nicht ganz unerheblichen Summe gibt", springt der Diamond-Mann für den Fachhandel in die Bresche. Um die Vormachtstellung auf dem Markt der 3D-Grafikkarten kämpft mit Diamond die britische Multimedia-Company Creative Labs. Ihre mit dem Voodoo2-Chip versehene "3D Blaster"-Karte mit zwölf Megabyte kostet zirka 600 Mark, die Einsteigerversion mit acht Megabyte wird für rund 500 Mark angeboten. "Noch dieses Jahr wollen wir eine halbe Million dieser 3D-Add-on-Boards allein in Deutschland verkaufen", gibt sich der fürs europaweite Marketing verantwortliche Manager Jean Marc Behle bei der Creativ Labs GmbH in München optimistisch. "Nur wenige PC-Komponenten erfreuen sich derzeit einer derart hohen Nachfrage. Und dreidimensionales Spielen am PC ist einer der heißesten Trends." Für Behle sind "nicht nur Kids die Zielgruppe", denn seiner Meinung nach bringen "3D-Add-on-Boards Spaß für die ganze Familie". Deswegen hält er den Verkauf von Grafikhardware sowohl in Spiele-Shops und Kauf-häusern als auch in Computerläden für sinnvoll.

Doch der Absatz von Hardware steigt und fällt mit der Verfügbarkeit der entsprechenden Software. Für den Creative Labs-Manager kein Problem: "Seit einigen Wochen tauchen Voodoo2-kompatible PC-Games verstärkt auf. Fast alle Hersteller bringen angepaßte Versionen auf den Markt oder bieten Patches für bestehende Spiele an. Die meisten neuen Titel werden ohnehin auf Voodoo2 abgestimmt", glaubt er zu wissen.

Den Kleinen bleiben nur die Nischenmärkte

Hinter den zwei Großen tummelt sich eine ganze Schar von kleineren Anbietern. Einer davon, der Grafikspezialist MiroMedia, will dieser Tage seinen "MiroHighscore FD 3D"-Beschleuniger vorstellen. Darin sind gleich zwei Voodoo2-Grafikprozessoren untergebracht. Hinzu kommen zwölf Megabyte EDO DRAM sowie ein TV-Ausgang, der für den Spielgenuß auf dem Fernsehbildschirm sorgen soll. Ein Endkundenpreis von zirka 650 Mark wird angepeilt. "Aufgrund der vielen Low-cost-PCs und dem damit verbundenen Aufrüstbedarf", so die Einschätzung von Herrmann Eiden, Marketingleiter bei der MiroMedia GmbH in Braunschweig, "wird der Markt für 3D-Add-on-Boards bis ins kommende Jahr hinein stark wachsen. Wir werden unsere Karte primär über den Fachhandel vertreiben. Denn nicht zuletzt durch die unterschiedliche Ausstattung der installierten PCs ist die eingehende Kundenberatung oft vonnöten." Gegenüber den Konkurrenzprodukten will sich der frühere Monitorhersteller mit eigenen Hardwareerweiterungen, wie der TV-Anschlußmöglichkeit, herausheben. Als Käufer des neuen Boards kommen für Eiden vor allem Spiele-Freaks in Frage, die bereits einen Pentium II-basierten Rechner besitzen, bei allen anderen reicht Voodoo1 allemal - auch noch für die nächsten Monate.

Ein weiterer Anbieter dieser Produkte ist Anubis. Das Unternehmen vertreibt seine "Typhoon 3D Max II"-Grafikzusatzkarte selbst und über die Distributoren Frank & Walter, Microcomputer DOS und Peacock. Das Voodoo2-Board mit 8 oder 12 MB kostet 500 beziehungsweise 650 Mark. Laut Dirk Heindörfer, dem Marketingmanager bei der Anubis Electronic GmbH in Saarbrücken, will sich der Hersteller mit diesem Produkt unmittelbar nach den Platzhirschen Diamond und Creative Labs positionieren: Auch für Heindörfer stellt sich das Problem mit der Lieferbarkeit. "Denn nur wer über genügend große Stückzahlen an Voodoo2-Chips verfügt, kann sich eines geschäftlichen Erfolges sicher sein", klagt er sein Leid.

Der Anubis-Manager sieht den 3D-Grafikbereich in zwei Segmente divergieren: "Da gibt es auf der einen Seite den Massenmarkt, den wir mit der Voodoo1-Karte bedienen können, und auf der anderen Seite die Freaks, die bereit sind, 500 Mark und mehr für eine Grafikkarte auszugeben." Verkaufsfördernd für Heindörfer ist eine Präsentation der Karte zusammen mit Spielen: "Ich würde kein nacktes Board ins Schaufenster stellen." Als Vertriebskanal kommt für ihn der Computerfachhandel gleichberechtigt neben den Spiele-Shops in Frage.

STB glaubt nicht an Bundles

Der "Black Magic 3D"-Beschleuniger des texanischen Herstellers STB soll ebenfalls ab sofort verfügbar sein: Mit acht Megabyte kostet er 500 und mit zwölf Megabyte 690 Mark. John Gunn, der Marketing Director bei STB Systems Inc. aus Richardson, will die Karte diesmal nicht zusammen mit Spielen verkaufen: "Dieses Produkt richtet sich an eingefleischte Spieler, und diese besitzen bereits einen Großteil von PC-Games. Der Kunde kann zwischen unserer Karte allein oder einem teureren Software-Bundle der Mitbewerber wählen."

Mit seiner "Orbit 3D Voodoo2" hat nun auch der Multimediaspezialist CMC aus Taufkirchen nachgezogen. Nachdem die Firma erst Anfang des Jahres ein Voodoo1-Grafikboard vorgestellt hatte (siehe ComputerPartner Nr. 2/98), ist ab Ende April eine 8- MB-Version der Voodoo2-Karte für knapp 400 Mark erhältlich. Mit 12 MB bestückt ist die 3D-Grafikhardware für zirka 500 Mark zu haben. Für den CMC-Geschäftsführer Schikora bleibt trotzdem das Geschäft mit dem "alten" Voodoo-Chipsatz vorrangig. "Anfängern reicht dieses Board für knapp 300 Mark vollkommen aus. Ein Upgrade auf Voodoo2 empfiehlt sich nur für passionierte Spieler, die die kommende Generation von 3D-Games voll ausreizen möchten. Die totalen Spiele-Freaks können sich gar zwei Voodoo2-Boards zusammenschalten und das Ganze in höchster Auflösung genießen", berichtet der CMC-Oberste. Chip-Nachfrage ist höher als das Angebot.

Ein besonders Bonbon hält der Anbieter für Kids bereit, die gerne gegeneinander spielen möchten. Für 249 Mark offeriert der Hardwarehersteller ein Hub inklusive vier Netzwerkkarten für den Spielspaß im Netz. Schikora will dann das Ganze als ein Komplettsystem mit dem Voodoo2-Chipsatz anbieten. "Über unsere Distributoren werden wir uns ausschließlich an den Fachhandel wenden, da wir bei vielen Kunden einen großen Beratungsbedarf sehen. Den Vertrieb an die großen Retailer wie Karstadt, Saturn Hansa, Media Markt, Vobis und Co. überlassen wir anderen. Dort wird spätestens Ende dieses Jahres der große Run einsetzen, wenn Großmütter ihren Enkeln ein Voodoo2-Board unterm Christbaum legen wollen", so Schikora weiter.

Bisher können nur Diamond und Creative Labs den Markt bedienen. Immerhin erhalten die beiden von 3Dfx Interactive zirka 90 Prozent aller Voodoo2-Chips. Die momentane Nachfrage nach den 3D-Boards übersteigt bei weitem das vorhandene Angebot. So haben es die Kartenhersteller hinter den beiden großen Voodoo2-Abnehmern schwer. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sie sich auf diesem hart umkämpften Markt durchsetzen können.

Was machen die anderen Grafikkartenhersteller?

Beim Anblick des Siegeszuges von Voodoo stellt sich natürlich die Frage, wie die großen Anbieter im 2D-Grafikmarkt, also ATI und Matrox, zu dieser 3D-Technologie stehen. Joachim Skorra, der für das Marketing Europa verantwortlich Manager bei ATI Technologies GmbH in Oberhaching bei München, sieht in dem 3Dfx-Chip-Satz keinen neuen Industriestandard aufkommen. "Wir befinden uns nicht im direkten Wettbewerb mit Anbietern von reinen 3D-Beschleunigerkarten. Die Voodoo-Architektur halten wir insgesamt für sehr interessant, sie ist für uns jedoch kein Thema, da wir ausschließlich Komplettlösungen liefern, also Grafik-Chips, in die die entsprechenden 2D-, 3D- und Video-Technologien bereits integriert sind. Der Markt für reine Add-on-Boards ist relativ begrenzt und für uns irrelevant, da wir uns vor allem im OEM-Geschäft positionieren. Über kurz oder lang wird sich ohnehin Microsofts DirectX als Windows-Schnittstelle durchsetzen, womit man die bestehende Hardware noch besser wird nutzen können", so Skora gegenüber ComputerPartner.

Einen ähnlichen Weg verfolgt auch Prozessorkrösus Intel mit dem Grafik-Chip i740. Prototypen von Grafikkarten mit diesem Baustein sind bereits auf dem Markt, ein i740-Board bietet zum Beispiel Chaintec an. In ersten Tests hat Intels Grafik-Chip mit integrierter 3D-Beschleunigung teilweise besser abgeschnitten als der bisherige Marktführer in diesem Segment, der Riva 128-Prozessor von Nvidia. An die 3D-Leistungen der Voodoo2-Chips reichen jedoch beide nicht heran.

Trotzdem ist auch für Cristiana Ocaûa-Gorges, Marketingleiterin bei der Matrox GmbH in Unterhaching bei München, Voodoo kein Thema. "Wir setzen auf die One-Board-Solution. Unsere künftige Grafik-Hardware wird auf dem neuen G200-Chip basieren." Der G200-Chip ist zum AGP-Port kompatibel. Er besitzt einen 128-Bit-Bus und verfügt standardmäßig über 16 MB Arbeitsspeicher. Mit "m3D" offeriert der Hersteller zwar auch eine 3D-Erweiterung für Spiele, doch der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt eindeutig im professionellen 2D-Grafik-Bereich, also in Office-Anwendungen, DTP und Bildbearbeitung. Spiele kommen hingegen nur für einige wenige Käufer in Frage, dieses Marktsegment ist daher für Matrox nicht lukrativ genug.

Reine 3D-Beschleuniger nur für Spieler interessant

Für die breite Masse der PC-Anwender ist eine Zusatzkarte für 3D-Beschleunigung sicherlich nicht vonnöten. Doch die immer zahlreicher werdende Schar von Usern, die den PC auch zu Unterhaltungszwecken nutzt, dürfte nun verstärkt ins Visier der 3D-Boards-Anbieter geraten. Um in den unbeschwerten Genuß eines Adventure-Game zu gelangen, braucht es eben ein bißchen mehr an Grafik-Power. Denn bei einer Frame-Rate von 60 Bildern pro Sekunde fängt der Spaß erst richtig an.

Jede Verzögerung beim Bildaufbau mindert die Spielfreude erheblich, für die Enthusiasten kann es nie schnell genug gehen. Nachdem sie oftmals mehrere hundert Mark für die PC-Spiele ausgegeben haben, sind sie sicherlich auch bereit, einen adäquaten Beitrag für die passende Hardware auf den Tisch zu legen. (rw)

Monster 3D-II-Add-on-Boards von Diamond gibt es mit acht oder zwölf Megabyte.

CMC-Geschäftsführer Schikora: "Noch vor Weihnachten gibt's

Voodoo2-Boards bei Aldi."

Diamond-Manager Florian: "Mehr als 1,2 Millionen verkaufte Monster 3D weltweit sprechen für sich."

Creative Labs-Manager Behle: "Bis Ende 1998 rechnen wir mit einer halben Million verkauften Boards allein in Deutschland."

ATI-Manager Skorra: "Voodoo ist für uns kein Thema."

Matrox-Managerin Ocaûa-Gorges: "Wir setzen auf die One-Board-Lösung."

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