Gravis: Im Zeichen des Apfels

11.06.2004
Mit 21 Filialen und einem Jahresumsatz von 53 Millionen Euro schätzt sich die Gravis AG als erfolgreichsten Apple-Händler in Deutschland ein. Archibald Horlitz, Geschäftsführer und Gründer, erklärt seine Passion für Apple-Produkte und wie der iPod die Apple-Gemeinschaft stärken soll. Von ComputerPartner-Redakteurin Ulrike Goressen

Ortstermin Franklinstraße 8 in Berlin: In dem zentral gelegenen Industriegebiet, direkt neben einem Möbelmitnahmeladen, ist die Zentrale von Deutschlands größtem Apple-Händler beheimatet. Hier befindet sich auch der erste "Gravis Flagship-Store". Dieses Flaggschiff ist 450 Quadratmeter groß - und sehr edel: heller Holzboden, viel Fläche zwischen den themenorientierten Aufstellern sowie Regalsystemen und Punkstrahlern, die Lichtakzente auf die Produkt-Highlights setzen. Ganz wichtig für Archibald Horlitz, Gründer und Geschäftsführer von Gravis, ist auch die absolute Sauberkeit des Showrooms. Wenn die nicht gegeben ist, kann der ansonsten locker-lässige Chef schon mal fuchsteufelswild werden. "Ein schönes Produkt braucht eben auch einen schönen Rahmen", ist sein Credo.

Diese Leidenschaft für Apple-Produkte hält schon über 18 Jahre. Damals hatte ihm ein amerikanischer Austauschstudent einen Apple-Rechner gezeigt und es war um ihn geschehen. 1985 gründete Horlitz das erste Unternehmen unter dem Namen HDS. 1988 wurde Gravis als Mailorder-Haus in Dreieich aus der Taufe gehoben. 1991 siedelte die Zentrale nach Berlin um, und die ersten beiden Gravis-Shops wurden eröffnet. Ende 1999 übernahm die Berliner Teles AG die Gravis AG. Nach viel Mühe und Aufregung kaufte Horlitz Mitte 2002 wieder 80 Prozent der Anteile zurück. Heute deckt Gravis mit seinen 21 Filialen und dem 2000 eröffneten Web-Store 90 Prozent des Apple-Retail-Marktes ab. Hinzu kommt die HSD Consult GmbH. Das Apple-Systemhaus ist in Berlin (Zentrale ebenfalls in der Franklinstraße) und Hamburg vertreten. Trotz räumlicher Nähe kümmern sich beide Holding-Töchter ausschließlich um ihren Marktbereich. Mit insgesamt 250 Mitarbeitern erwirtschaftete die Gravis Holding 2003 einen Umsatz von 53 Millionen Euro. Das ist beachtlich, zumal der deutsche Apple-Markt sehr übersichtlich ist.

Die Liebe zum Produkt

Was ist das Erfolgsrezept von Gravis? Horlitz antwortet prompt: "Die extreme Identifikation mit dem Produkt." Statt abgeklärter Verkäufer, die jedes Produkt an den Mann bringen können, würden bei Gravis Leute arbeiten, die die Apple-Produkte kennen und lieben. In jedem Laden wird alles vom Stecker über Rechner und Monitor bis hin zur Software angeboten; das vergrößert die Kundentreue. Deshalb hat der Apple-Händler auch keine Angst vor der Konkurrenz seitens Media Markt oder Vobis, da diese nur eine begrenzte Auswahl an Apple-Produkten im Sortiment hätten.

Des Weiteren bietet Gravis regelmäßig Schulungen zu Anwendungsszenarien wie digitales Video, Musik oder DVD-Gestaltung an. So sollen nicht nur Apple-Fans auf den neuesten Stand, sondern auch Windows-PC-User auf den Apfel-Geschmack gebracht werden.

iPod als Missionar

Die explosionsartige Zunahme von Viren und Würmern erleichtert Horlitz und seiner Crew diese Missionsarbeit. Immer mehr PC-Nutzer fragen nach, ob die Macs tatsächlich so viel sicherer seien als PCs. Dieses Sicherheitsbedürfnis hätte sich schon spürbar in den Verkaufszahlen niedergeschlagen. "Und ehemalige PC-Nutzer sind die treuesten Verfechter des Apple", ist sich Horlitz sicher.

Eine weitere große Hoffnung, Apples Marktanteil trotz der massiven Windows-Dominanz zu vergrößern, sieht "Mister Apple" im iPod, insbesondere dem iPod Mini. Der farbige Kleine soll nun endlich im Sommer nach Deutschland kommen und die Berührungsangst der Windows-Nutzer abbauen. Bislang sind schon einige Tausende Vorbestellungen für den Mini eingegangen. "Wenn ein Windows-User erst einmal einen iPod benutzt hat, merkt er, dass Apple wirklich tolle Produkte baut", so der Gravis-Gründer. "Steht dann der nächste Rechnerkauf bevor, schaut sich der Kunde vielleicht bei den Apple-Produkten um." Die Gravis-Geschäftsführung rechnet sich laut Masterbusinessplan aus, dass 15 Prozent der Windows-Kunden, die einen iPod gekauft haben, zu Apple "konvertieren". Horlitz' Hochrechnung zufolge wird Gravis dieses Jahr rund 18.000 iPods verkaufen. Mit dem iPod Mini könnten es dann bis Jahresende sogar rund 30.000 Stück sein. Während in den Gravis-Läden sowie im Webshop nur jeweils ein Drittel der Kunden aus dem Windows-Lager kommen, bilden sie bei der Berliner Hugendubel-Aktion (siehe dazu Kasten) mit über 80 Prozent die absolute Mehrheit. Der für Herbst geplante Start des deutschen Apple Music-Stores im Internet könnte den entscheidenden Nachfrageschub für das Weihnachtsgeschäft bringen. Die rechtlichen Auseinandersetzungen mit den vielen kleineren Labels verzögern momentan immer noch den Start des Musikportals in Europa.

Meinung der Redakteurin

Kaum ein anderes Handelshaus hat sich über so lange Zeit so leidenschaftlich einem Hersteller verschrieben. Dabei hat sich Gravis nicht allein auf Apples Ideen und Produkte verlassen. Eigeninitiativen wie etwa die Hugendubel-Kooperation zeugen von echtem Unternehmergeist. Das hat Vorbildcharakter.

Der iPod als Vorleser

Vor zwei Monaten startete Gravis unter dem Namen "Gravis@Hugendubel" eine ungewöhnliche Aktion in der Berliner Filiale des Buchhändlers Hugendubel. Der Apple-Händler präsentiert und verkauft auf einem eigenen Stand direkt neben Café und Leseecke den iPod und den iPod Mini. Von Letzterem hatte Gravis-Gründer Horlitz sogar eine kleine Menge direkt aus den USA importiert und bietet sie für 299 Euro an. Jeder Käufer eines Players erhält kostenlos drei Hörbücher seiner Wahl als Zugabe. Damit soll die Anwendungsvielfalt des Players dargestellt werden.

Da die Promotion-Aktion zur beiderseitigen Zufriedenheit gelaufen ist, haben Horlitz und die Geschäftsleitung von Hugendubel Ende Mai beschlossen, aus der zeitlich befristeten Aktion eine ständige Geschäftsbeziehung zu machen. Gravis wird nun nach dem Shop-in-Shop-Prinzip fester Bestandteil des Berliner Hugendubel-Angebots. Eine Ausweitung der Zusammenarbeit auf andere Hugendubel-Filialen (in 16 deutschen Städten vertreten) ist in Planung. GO

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