Green Card, Internet und wir

03.09.2000
Die Spätfolgen der "Bimbes"-Regierung.

Der Fauxpas unseres Ex-Kanzlers vom Stau auf der Datenautobahn, insbesondere zur Ferienzeit, mag schon vergessen sein, er ist trotz allem ein Synonym für den Umgang mit der kommenden Informationsgesellschaft. Die Versäumnisse der Schulbildung und Ausbildung bei Bund und Ländern sind die Folgen verfehlter Zukunftspolitik. In ComputerPartner 22/98 vom Wahlherbst 1998 wurde schon im Einklang mit den damals führenden Verantwortlichen der Zukunftsentwicklung das fehlende Potential bei Bildung, Aus- und Weiterbildung gefordert. Noch immer erklären im IT-Entwicklungsland Deutschland die Schüler ihren Lehrern den Umgang mit Windows 95. Der Jubel der Wirtschaft, zweifelhafte Doktoren und Ingenieurstitel aus Billiglohnländern zu importieren, erinnert an die Wirtschaftswundermacher der 60er Jahre. Nur gab es dort keine vier Millionen Arbeitslose. Wer die Jobbörse der Cebit besuchte und sah, mit welcher Arroganz und Oberflächlichkeit Noch-Weltkonzerne angeblich Personal suchten, sah sich in diese vormillenniale Zeit zurückversetzt. Noch immer wird das Know-how der Vergangenheit vorausgesetzt. Bisher war Hewlett-Packard das einzige Unternehmen, das Ideen und eine zukunftsorientierte Denke verlangt hat. Fast 100 Prozent bestehen auf einen Wohnungswechsel zum Arbeitsplatz. Wer möchte schon in einer Großstadt arbeiten, wenn er ein Haus auf dem Land besitzt - und vor allem wozu? Auch die Werbung bei VW und Opel ist fortschrittlicher als die Realität, Teleworking eher eine kostenlose Zugabe der abhängig Beschäftigten. Warum müssen solche Arbeitsplätze immer in München oder Hamburg sein? Es gibt noch jede Menge Deutschland dazwischen und daneben. Setzt doch die indischen Maßstäbe einfach an den deutschen Bewerbern an. Zum Abtippen von Quellcode oder Copy & Paste aus Objektmodulen braucht es doch keinen Doktortitel. Die Anpassung von Excel- oder Access-Makros, lösungsorientiert, machen wir das nicht alle, irgendwie? Hätten sich Albert Einstein oder Leonardo da Vinci heutzutage bewerben müssen, sie wären wahrscheinlich in einer Putzkolonne oder bei Zeitschriftenwerbern gelandet. Eine Anzeige fordert drei Jahre erfolgreiche Vertriebserfahrung im Data-Warehouse-Umfeld, da bleibt einem doch das Herz stehen. Da machen die Großen wie IBM und Co doch eher Hoffnung. "Sie sind IT-Spezialist, dann bewerben Sie sich", ist die richtige Art und Weise. Die Leute nach ihren Fähigkeiten einzusetzen, statt sie nach ihren Zeugnissen auszusortieren, macht ein erfolgreiches Unternehmen im 21. Jahrhundert aus. Ob das damit zu tun hat, dass ich auf der Cebit noch keinen anständigen Job gefunden habe ...?

Mein Fazit: Macht Beamte zu Angestellten, und im Handumdrehen wird zukunftsorientiert gedacht. Und ich biete bis dahin den Amis meinen Telearbeitsplatz an (24h-Access and no "Föhn" guaranteed).

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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