Große Auswahl - schwieriger Vergleich

18.04.2002
Schon die Wahl zwischen einem kompletten Speichernetzwerk (Storage Area Network, SAN), dem Speichern im Netzwerk (Network Attached Storage, NAS) oder der lokalen Archivierung (Direct Attached Storage, DAS) ist schwierig. Entscheidet sich der Kunde schließlich für ein SAN, fangen die Probleme aber erst richtig an. Denn die unterschiedlichen Technologien der Hersteller machen die Wahl des geeigneten Gerätes nicht gerade leicht.

Am 1. März dieses Jahres brachte eine Ariane-5-Rakete den "Envisat" auf seine Erdumlaufbahn. Der europäische Umweltsatellit wird während seiner fünfjährigen Lebensdauer Daten in der Größenordnung von einem Petabyte sammeln. Diese Datenmenge entspricht dem Festplattenvolumen von etwa einer Million Heimcomputer oder rund 250 Milliarden Textseiten, die 20 Millionen Aktenschränke mit jeweils vier Schubladen füllen würden.

Speicherplatz für genau diese riesige Datenmenge hat EMC insgesamt bis 1997 verkauft. Im Vergleich zum heutigen Datenaufkommen mutet aber selbst diese Zahl winzig an. Denn das Gesamtvolumen aller weltweit verfügbaren Informationen wird heute auf zwölf Exabyte geschätzt, wobei mehr als zehn Prozent davon in digitaler Form vorliegen. Ein Exabyte entspricht rund tausend Petabytes oder etwa einer Million Terabyte. Ein Terabyte wiederum ist gleich einer Million Megabyte, entspricht also ungefähr dem Inhalt von einer Million Büchern.

Jedes Jahr kommen mehrere Exabyte an gespeicherten Daten hinzu, und innerhalb der nächsten fünf Jahren wird ein Zeitpunkt erreicht, ab dem sich die Datenmenge jedes Jahr verdoppelt. Bereits heute müssen sich Unternehmen mit dem Management von Daten im Petabyte-Bereich auseinander setzen. Es ist unvorstellbar, diese Datenflut über direkt angeschlossene Speichergeräte zu sammeln. Spätestens ab dieser Datenmenge sollte sich daher die Anschaffung eines eigenen Speichernetzwerkes lohnen.

Bei großen Datenmengen ist ein SAN unerlässlich

Für den Aufbau eines SAN haben verschiedene Hersteller die unterschiedlichsten Systeme im Angebot. Fallen in einem Unternehmen jeden Tag große Mengen an Daten an oder arbeiten die Server, die an ein Storage-System angeschlossen werden sollen, mit unterschiedlichen Betriebssystemen, empfiehlt sich wohl ein Gerät der so genannten Enterprise-Klasse.

Diese ganz großen Speichersysteme bieten eine hohe Bandbreite und sind bei Applikationen, auf die täglich mehrere tausend Benutzer zugreifen, sinnvoll. Alle Komponenten sind redundant ausgelegt, sodass nicht gleich das ganze Gerät ausfällt, wenn ein Bauteil defekt ist. Die Verfügbarkeit von 99,999 Prozent bedeutet, dass das System maximal fünf Minuten pro Jahr ausfallen darf.

Weiter zeichnen sich diese Modelle durch eine hohe Performance, höchstmögliche Sicherheit und schnelle Backup- und Restore-Features aus. Den Ansprüchen der ESA (European Space Agency), die Daten von Envisat beziehen wird, dürften diese Geräte genügen. Je nach Konfiguration ist in der Enterprise-Klasse mit einer Investition ab einer Million Dollar zu rechnen.

Speichern im Terabyte-Bereich

In der Enterprise-Klasse bietet nun EMC sein Flaggschiff "Symmetrix" an. Ein einziges dieser Systeme fasst bis zu 69 Terabyte an Daten. Trotz dieser Masse würde die ESA immerhin 15 solcher Schränke allein zum Speichern der Envisat-Daten benötigen.

Schon seit geraumer Zeit drängen weitere Herstelle in den ursprünglich von EMC beherrschten Markt der Highend-Speichersysteme. Sun bietet beispielsweise die "Stor Edge 9900"-Familie an, die baugleich zur "Freedom Storage Lightning 9900"-Reihe von Hitachi Data Systems ist und eine Rohkapazität von bis zu 73 Terabyte bereithält. In die gleiche Größenordnung ist Hewlett-Packards "Sure Store Disk Array XP 512" mit ebenfalls 73 Terabyte Speicherplatz einzuordnen. IBMs "Enterprise Storage Server", auch unter dem Namen "Shark" bekannt, und LSI Logic Storage Systems "Metastor E4600", das Platz für 40 Terabyte vorhält, spielen hier eine wichtige Rolle.

LSIs Modell gibt es übrigens auch im Viererpack: "Metastor E4600 HPC-x" ist für Umgebungen gedacht, die besonders hohe Speicherkapazitäten und Durchsatzraten benötigen. Mit einer Übertragungsleistung von maximal 1,56 Gigabyte pro Sekunde und einem Fassungsvermögen von 160 Terabyte eignet sich diese High-Performance-Computing-Maschine für die Verarbeitung und Analyse geografischer Daten, CAD/CAM-Prozesse sowie Streaming-Media-Dateien. Die Anforderungen der ESA sollte dieses Gerät also erfüllen.

Fast alle Systeme sind skalierbar

Für Unternehmen oder Abteilungen, die zwar nicht ganz die Ansprüche der Enterprise-Klasse haben, aber trotzdem einige ihrer Vorteile sowie deren Sicherheit und Performance nutzen wollen, haben die Hersteller eine so genannte "Midrange-Klasse" ins Produktprogramm aufgenommen. Diese Systeme sind fast immer skalierbar und meist modular aufgebaut.

Skalierbar bedeutet, dass die Anzahl der Festplatten sowie deren Speicherkapazität variabel erhöht werden können. Das System wächst also mit dem Speicherbedarf des Kunden bis zu einer Obergrenze mit. Darüber hinaus sind modulare Systeme durch den Einsatz zusätzlicher Komponenten erweiterbar.

Die verschiedenen Möglichkeiten der einzelnen Modelle und die unterschiedliche Positionierung der Hersteller erschweren einen direkten Vergleich (siehe Tabelle "Die gängigsten SAN-Systeme"). Hinzu kommt, dass die Hersteller ihre Produkte ständig erweitern. "Metastor E4400" beispielsweise ist fast schon ein Auslaufmodell. Stattdessen bietet LSI seinen Kunden den Nachfolger "Metastor E4600" an, der zwar teuer ist, aber dafür auch bessere Leistungen bringt. IBMs "Enterprise Storage Server" spielt, je nach Konfiguration, sowohl im Enterprise- als auch im Midrange-Bereich eine Rolle. Ähnliches gilt für Compaqs EVA (Enterprise Virtual Array).

Als Vergleichsmaßstab schlechthin könnte die maximale Kapazität oder die Input/Output-Leistung dienen. Dabei ist aber zu beachten, dass eine höhere Kapazität zu Lasten der Leistungsfähigkeit geht. Zudem kann die von den Herstellern angegebene maximale Kapazität nie voll ausgeschöpft werden, da die Geschwindigkeit zu sehr darunter leiden würde.

Schwierige Wahl

Außer den technischen Daten gilt natürlich auch der Preis als ein wichtiges Entscheidungskriterium. Da aber dieser Wert je nach Konfiguration stark schwankt, sind diesbezüglich keine zuverlässigen Aussagen seitens der Hersteller zu erhalten. Hinzu kommt, dass nicht allein die Hardware den Preis bestimmt. Dieser beginnt bei Speichergerät im Midrange-Bereich bei rund 100.000 Dollar. Dazu kommen aber noch die Kosten für die benötigte Software, die manche Hersteller teils unentgeltlich mitliefern. Andere wiederum verlangen für jedes gewünschte Feature einen Extra-Obolus, was einen Vergleich anhand des Preises allein fast unmöglich macht.

Die Entscheidung für einen Anbieter wird letztlich nicht nur nach technologischen Kriterien oder dem reinen Kaufpreis getroffen. Ein Großteil der Gesamtkosten eines Systems fällt bei dessen laufendem Betrieb an, die Hardware-Anschaffung spielt hierbei eher eine untergeordnete Rolle. Aus diesem Grund bilden bei einem Preisvergleich die gesamten Betriebskosten, also die TCO (Total Cost of Ownership), einen verlässlicheren Maßstab als der reine Anschaffungspreis. Kaufentscheidende Kriterien sind vielmehr Flexibilität, Skalierbarkeit, Modularität, Erweiterbarkeit und Plattformunterstützung eines Systems. Außerdem ist es wichtig, dass sich die Lösung einfach verwalten und warten lässt.

ComputerPartner-Meinung:

Die unterschiedlichen Technologien und Konzepte der Hersteller machen die Wahl der richtigen Storage-Lösung nicht unbedingt einfacher. Ob es die "richtige" Lösung überhaupt gibt, ist zudem fraglich. Die undurchsichtige Preispolitik der Hersteller kommt erschwerend hinzu. Meist überfordern die Anbieter ihre Kunden zusätzlich mit Technologiedetails, die nur wenige Spezialisten wirklich durchschauen. Beispielsweise kündigen Hersteller eine Zwei-Gigabit-End-to-End-Lösung an, deren Nutzen der Kunde gar nicht versteht. Statt technologisch zu argumentieren, würde es manchem Hersteller gut tun, in verständlichen Worten zu sagen, was eine Technologie im täglichen Einsatz tatsächlich leistet. (ce)

Die gängigsten SAN-Systeme

Hersteller / Compaq / Hewlett-Packard / Fujitsu Siemens / IBM / Sun / LSI

Produkt / EVA / VA7100/7400 / Fibre Cat 4700 / 2105 Enterprise Storage Server / Stor Edge 3900 / Metastor E4400

Kapazität maximal / 17 Terabyte / 1,1/7,7 Terabyte / 8,5 Terabyte / 22,4 Terabyte / 11 Terabyte / 32 Terabyte

Anzahl Festplatten / 240 / 15/105 / 120 / 384 / 162 / 224

Festplattenkapazität / 36/72 Gigabyte / 18/36/72 Gigabyte / 18/36/72 Gigabyte / 9/18/36/72 Gigabyte / 36/73 Gigabyte / 18/36/72 Gigabyte

Cache / 2 x 1 Gigabyte / 2 x 1 Gigabyte / 2 x 1 Gigabyte / 32 Gigabyte / 18 Gigabyte / 2 Gigabyte

IO/sec / 168.000 / 12.000/ 30.000 / 50.000 / Abhängig von Plattform (Mainframe/Open) und Anschluss (Escon, Ficon, SCSI, FC) / 16.000 / 60.000

Transfer intern / FC-AL 200 MB/s / FC-AL 100 MB/s / FC-AL 100 MB/s / PCI-Busse und SSA / SCSI/FC-AL / FC-AL 100 MB/s

Anzahl Busse / 2 x Dual-Loop / 2 x Dual-Loop / 2 x Dual-Loop / 8 / 18 / 4 x Dual-Loop

Managementsoftware / HSV-Management / Command View / Navisphere Manager / Stor Watch Specialist Stor Watch Expert / Stor Edge 3900 System Configuration Tool / Santricity

Dual Path / Secure Path 3.1 / Auto Path VA / EMC ATF / ESS Sub-System-Device-Driver / Sun Stor Edge Traffic Manager / Redundant Dual Active Controller

Pluspunkte / Virtualisierung / Interne Fibre Channel- Architektur / Online-Erweiterung von Raid-Sets, Skalierbarkeit / Flash-Copy mit Copy, No-Copy- Option, Concurrent Copy, synchrone und asynchrone Spiegelung / Optimiert für Solaris- Betriebssystem, aber auch offen für andere Plattformen / Skalierbare Performance, Kapazität und Verfügbarkeit, modularer Aufbau

/ Modularer Aufbau, / Skalierbarkeit / Business Copy XP: Online-Spiegelung auf weitere Raid-Sets / Full-Fibre-Channel- Architektur hohe Performance / Performance, Verfügbarkeit optimiert für den Anschluss heterogener Server, / günstige TCO durch einfachen und automatisierten Betrieb, / Online-Erweiterung von Raid-Sets und Volumes und Hotscale Techology

/ Hohe Packungsdichte, also viel Kapazität auf geringem Platz / Auto-Raid-Technologie und Virtualisierung / Hardware-basierter Spiegel und/oder Snapshot durch Zusatzoption/ höchste Parallelität der Verarbeitung, Ficon-Anschlüsse / ideal für HPC-Anwendungen oder Cluster-Umgebungen / Support aller gängigen Server-Plattformen, auch Linux und Novell

Geräte für Speichernetze lassen sich nur schwer vergleichen. Skalier- und erweiterbar sind sie alle, den Aus schlag müssen die speziellen Anforderung des Kunden geben. Die oben vorgestellte "Fiber Cat 4700" ist identisch mit EMCs "Clariion FC 4700". LSIs Master-Distributor Storage Tek verkauft den Nachfolger der "Metastor E4400", die "Metastor4600" als "D-Serie 178".

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