Händler hilf! Der Speichermarkt wächst schneller als der IBM-Vertrieb

04.11.1997

STUTTGART/MÜNCHEN: IBM hat beobachtet: Der Speichermarkt wächst jedes Jahr um mindestens 50 Prozent. Damit für Big Blue von diesem Kuchen ein fettes Stück und nicht nur ein paar Krümel abfallen, braucht es zweierlei: Offene Systeme für die heterogenen Rechner- und Speicherwelten der Anwender, und viele Vertriebspartner mit Lösungskompetenz. Die erste Bedingung hat IBM erfüllt, jetzt müssen nur noch die Händler mitspielen.

Mein größter Konkurrent sind die Kunden, die Speicher im Server einfach mitkaufen und sich weiter keine Gedanken machen", gesteht Dietmar Wendt, der seit Jahresbeginn 1997 die Geschicke der IBM Speichersysteme in Europa und Rußland bestimmt. Das nimmt nicht weiter Wunder bei einem Manager, der seine aktuell größte Herausforderung darin sieht, den Open-Systems-Markt zu erobern.

Allerdings begnügte sich Wendts Arbeitgeber bis Ende 1996 selbst damit, seine schnellen SSA-Speicher-Subsysteme nur in den firmeneigenen RS/6000-Maschinen anzubieten (siehe Kasten). Inzwischen hat IBM das SSA-System auch für alle anderen gängigen Serverplattformen verfügbar gemacht, und da gebietet der beträchtlich erweiterte Kreis potentieller Kunden, daß der Vertrieb nicht mehr nur über die IBM-Kanäle, sondern verstärkt über Partner zu erfolgen hat.

IBM will den Markt mit der SSA-Technik aufrollen

Daß die ein profitables Geschäft erwartet, dessen ist man sich bei IBM sicher. Immerhin, so brüstet sich Wendt, seien in den eineinhalb Jahren seit Einführung ein Petabyte SSA-Speicher an IBM-Systeme ausgeliefert worden - mehr als 1.000 Terabyte also. Nach Ansicht von Marktkennern - IBM selbst gibt sich da schweigsam - setzt Big Blue bereits heute im Open-Systems-Markt weltweit mindestens anderthalb Milliarden US-Dollar jährlich um. Wendt prognostiziert in den kommenden Jahren allein im SSA-Bereich ein Wachstum von 70 Prozent. Den aktuellen Marktanteil von SSA beziffert er mit 17 Prozent. Zur Zeit wird dieses Geschäft zu etwa 30 Prozent indirekt abgewickelt. "Unser Ziel sind mindestens 70 Prozent, damit wir im Bereich der Aftermarket-Sales auch kleinere Kunden professionell angehen können", erläutert der IBM-Manager.

In Deutschland hat die IBM als Speicherdistributoren bislang Workstation 2000, A. Scholz, Magirus unter Vertrag. Hinzu kommt die MCE Computer Peripherie GmbH. Der Ottobrunner Grossist vertreibt seit 1996 auch IBM-Speichersubsysteme und erzielte im vergangenen Jahr mit 39 Beschäftigten einen Umsatz von 112 Millionen Mark. Die Zielmarke für 1997 liegt bei 160 Millionen Mark. Das 1980 gegründete Unternehmen mit weiteren Geschäftsstellen in Lorsch und Straßburg verkauft "Storage Only" und rühmt sich, im vierten Quartal 1996 der weltweit größte Distributor von IBM-Festplatten gewesen zu sein.

Als IBM-Alliierter beim Angriff auf den Open-Systems-Markt hat MCE eine Geheimwaffe im Arsenal: Die anderen Distributoren vertreiben nur die IBM-eigene Adapterkarte für die SSA-Anbindung an Rechner mit PCI-Architektur wie von Sun und HP. MCE jedoch hat darüber hinaus einen SSA/SCSI-Wandler der Firma Vicom im Angebot, mit der sich die SSA-Technologie in alle gängigen Host-Plattformen integrieren läßt, also auch SGI oder DEC.

MCE vertreibt diesen Adapter bislang als einziger in Deutschland, und Vertriebsleiter Paul Mehl gedenkt, diesen Vorsprung in klingende Münze zu verwandeln. Dazu braucht es natürlich Kunden. Bislang sind laut Mehl "nicht mehr als 20" seiner Händler auf den SSA-Zug aufgesprungen. Entsprechen die hohen Erwartungen, die IBM an den Markt für offene Speichersysteme und an den indirekten Vertrieb stellt, nur halbwegs der Realität, dann steht in den kommenden Jahren für Anbieter von Speicherlösungen reiche Ernte ins Haus. (ld)

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