Haftungsausschluß für indirekte Schäden und Folgeschäden in AGB

03.06.1998

HAMBURG: Nicht nur Software-Unternehmen versuchen, durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen umfangreichen Haftungs- und Gewährleistungsausschluß in Vertragsverhältnisse einfließen zu lassen. Dabei wird vielfach übersehen, daß sich die Rechtsprechung hier in den letzten Jahren verschärft hat.

Was bezüglich dieses Themas - häufig gerade bei mittelständischen Unternehmern - ebenfalls unberücksichtigt bleibt: Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen der Kontrolle durch das in vielen Punkten strengere AGB-Gesetz, während Individualvereinbarungen - jedenfalls in den meisten Fragen - nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu bewerten sind.

Dementsprechend ist der Drang vieler, allgemeine Geschäftsbedingungen für ihr Unternehmen aufstellen zu lassen, vom Handling her ver-ständlich. In rechtlicher Sicht sind Allgemeine Geschäftsbedingungen jedoch vielfach bedenklich.

Genereller Haftungsausschluß - unwirksame Klausel

Das mußte auch ein Soft- und Hardwarelieferant aus Köln erfahren, der in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen Schadensersatzansprüche "gleich aus welchem Rechtsgrund... insbesondere auch für indirekte oder Folgeschäden" ausgeschlossen hatte und eine Haftung gegenüber seinem Kunden unter Bezugnahme auf seine AGB ablehnte.

Das Oberlandesgericht Köln (19 U 215 / 96) erklärte in seinem Urteil vom 21.03.1997 letztinstanzlich die Klausel für unwirksam und verurteilte den Soft- und Hardwarelieferanten zum Ersatz des dem Kunden entstandenen Gesamtschadens. Das OLG Köln wies noch einmal ausdrücklich darauf hin, daß ein derartiger Haftungsausschluß nicht nur gegen § 11 Nr. 8 a und b AGBG (Allgemeine-Geschäftsbedingungen-Gesetz) verstoße, da durch die Klausel Schadensersatzansprüche aus Verzug und Unmöglichkeit bei einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen würden. Die Bestimmung verstoße ferner gegen § 9 II Nr. 2 AGBG, wonach bei Verletzung von wesentlichen Vertragspflichten (Kardinalpflichten) die Haftung für einfache Fahrlässigkeit regelmäßig nicht ausgeschlossen werden darf. Zu solchen Kardinalpflichten gehören nach Ansicht des OLG Köln neben den vertraglichen Hauptpflichten die Verpflichtung des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, seine Leistung innerhalb des vertraglich vereinbarten Zeitraums beziehungsweise zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt zu erbringen. Da der Software- und Hardwarelieferant durch seine Klausel die gesamte Haftung, also auch die für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen hatte, war hierin ein Verstoß gegen § 9 II Nr. 2 AGBG zu sehen.

Bei der AGB-Gestaltung am AGB-Gesetz orientieren

Sofern sich Unternehmer entscheiden, AGB einzusetzen, ist bei ihrer Gestaltung darauf zu achten, daß die Erfordernisse des AGB-Gesetzes beachtet werden. Viele Verwender von AGB versuchen, das gesamte Risiko des Vertrags auf den Kunden abzuwälzen, was mit den Grundgedanken des AGB-Gesetzes nicht im Einklang steht.

Größere Unternehmensberater sind aufgrund dieser Schwierigkeit zwischenzeitlich dazu übergegangen, ausschließlich Individualvereinbarungen mit dem Kunden zu schließen, und lassen hierbei ihre Haftungsausschluß-Klauseln in den Vertragstext einfließen, mit der Hoffnung, daß nunmehr das Bürgerliche Gesetzbuch als Maßstab für die Wirksamkeit dieser Klauseln gelte. Wenn sich in einem Rechtsstreit herausstellt, daß derartige "Individualvereinbarungen" bei einer Vielzahl von Kunden geschlossen wurden, dürfte das AGBG nicht umgangen werden können, so daß sich wiederum die Unwirksamkeit der Festsetzung herausstellen würde.

*Dr. Stefanie Müller ist Rechtsanwältin der Kanzlei Schubert & Dr. Müller in Hamburg

Zur Startseite