Haftungsprobleme des GmbH-Geschäftsführers

31.05.2007
Rechtsanwalt Dr. Norbert Gieseler über Problemfälle im Rahmen der Liquidation bzw. Insolvenz

1. Insolvenzverschleppung: Gemäß § 64 GmbHG hat der Geschäftsführer ohne schuldhafte Verzögerung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen.

Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO liegt vor, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Gläubiger tatsächlich Zahlung verlangen. Maßgeblich sind alle fälligen Geldverbindlichkeiten des Unternehmens. Nur eine echte Stundung beseitigt die Fälligkeit. Ein kurzfristiger Liquiditätsengpass führt auch nicht zur Zahlungsunfähigkeit. Kurzfristigkeit liegt nicht mehr vor bei einem Zeitraum von zwei Wochen. Kann während dieser Zeit nicht ausreichend Liquidität beschafft werden, liegt Zahlungsunfähigkeit vor. Auch die Unfähigkeit, einen geringen Teil der fälligen Verbindlichkeiten zu zahlen, führt zur Zahlungsunfähigkeit, wobei ganz geringfügige Liquiditätslücken außer Betracht zu bleiben haben. Dafür geht der BGH praxistauglich von einer Liquiditätslücke von unter 10 Prozent der fälligen Verbindlichkeiten aus.

Bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann der Geschäftsführer für die Gesellschaft einen Insolvenzantrag stellen, er muss es aber nicht. Gläubiger der Gesellschaft können einen Antrag nicht stellen. Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die Gesellschaft voraussichtlich nicht in der Lage ist, ihre bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu erfüllen.

Überschuldung liegt nach § 19 Abs. II InsO vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Maßgebend hierfür ist eine Überschuldungsbilanz, bei welcher die handelsrechtlichen Bewertungsregeln nicht gelten. In ihr sind die Aktivpositionen grundsätzlich mit den Liquidationswerten anzusetzen. Nach § 19 Abs. II Satz 2 InsO sind jedoch die Fortführungswerte maßgebend, wenn die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist. Ist Ergebnis der Überschuldungsbilanz zu Fortführungswerten negativ, besteht Insolvenzantragspflicht trotz positiver Fortführungsprognose. Die positive Fortführungsprognose setzt die Aufstellung eines dokumentierten Finanzplans voraus. Hierbei ist die Prognose nur dann positiv, wenn sich aus dem Finanzplan die überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass die Gesellschaft mittelfristig über die erforderliche Liquidität verfügen wird, um einen Einnahmeüberschuss zu erzielen, aus dem die gegenwärtigen und künftigen Verbindlichkeiten gedeckt werden können. Planungshorizont ist mindestens das Ende des folgenden Geschäftsjahres.

Soweit der Geschäftsführer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung feststellt, ist er verpflichtet, ohne schuldhafte Verzögerung einen Insolvenzantrag zustellen. Diese Verpflichtung trifft auch den, der die Geschäfte wie ein Geschäftsführer führt, ohne zum Geschäftsführer bestellt zu sein.

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