Haitec: Rückbesinnung auf alte Werte

01.11.2001
Die Haitec AG ließ sich von der euphorischen Aufbruchstimmung mitreißen: Sie ging an die Börse und setzte auf E-Business. Diese Träume sind geplatzt. Jetzt will der Dienstleister zu seinen Wurzeln zurück.

Mit schlankerer Struktur und neu erwachtem Selbst-bewusstsein zeigte sich der IT-Dienstleister Haitec auf der Systems. "Wir haben die Restrukturierung genutzt, um uns auf das zurückzubesinnen, was wir am besten können", sagte Finanzvorstand Christian Ruppert. "Schließlich waren wir damit vor dem Börsengang zehn Jahre lang sehr erfolgreich."

Mit der Automobilbranche groß geworden

1989 wurde Haitec gegründet. Die junge Firma bot Kunden aus der Automobilbranche Tools und Applikationen an, die das Arbeiten mit Software für Konstruktion und Design von technischen Modellen erleichtern. Das Angebot wurde rasch durch Installationsservices und Schulungen abgerundet. Haitec etablierte sich auch als Anbieter von CAE-Lösungen und arbeitete profitabel. Es folgten eine enge Partnerschaft mit IBM, der Aufbau eines eigenen Vertriebs und eines eigenständigen E-Business-Geschäftsbereiches.

1999, in dem Jahr, in dem Haitec an die Börse ging, kam der Absturz: Die Geschäfte liefen schleppend, Personalprobleme auf Vorstandsebene machten Kunden und Investoren nervös. Nach wenigen Monaten trennte man sich von Finanzchef Christian Seefeldt. Klaus Grünewald, verantwortlich für die strategische Ausrichtung, verließ ebenfalls das Unternehmen und kam kurze Zeit später als Vorstandsvorsitzender zurück: Unternehmensgründer Thomas Weiser hatte einen schweren Autounfall erlitten, eine Rückkehr war nicht abzusehen. Das Unternehmen schien kopflos. Die Aktie, ohnehin seit Sommer #99 auf Abwärtskurs, stürzte nach einer Gewinnwarnung Ende November in die Tiefe. Vertriebsvorstand Axel Feldhoff signalisierte zwar Ende 1999 noch Optimismus ("Durch das Tal des schlechten Jahres sind wir durch"), hat die Firma aber inzwischen verlassen.

Die Restrukturierung ist fast abgeschlossen

Seit zwei Jahren versucht Haitec aus den roten Zahlen zu kommen, 2002 soll es endlich soweit sein. "Unsere Restrukturierung ist fast abgeschlossen", bekräftigt Ruppert. Einer der wichtigsten Schritte sei die Zentralisierung des Einkaufs gewesen. Man sei einfach zu schnell gewachsen, um den Überblick behalten zu können, meint der Manager. "Früher war jede Unit selbst für Bestellungen verantwortlich. Dass Maschinen geordert wurden, die wir vorrätig hatten, fiel deshalb erst auf, wenn sie im Lager ankamen."

Ein weiterer Meilenstein war die Schließung des SAP-Competence-Centers: "Wir haben damit keinen Fuß in die Tür bekommen. Die Mannschaft stand auf Halde und es kamen keine Projekte", erklärt Ruppert. Der Entschluss zog Entlassungen nach sich, zehn Prozent der Belegschaft mussten gehen. "Wir haben das sicher nicht mit der Gießkanne verteilt. Nach dem Motto: Wer hat noch Probezeit, wer geht uns auf die Nerven." Laut Ruppert sei man bei den Mitarbeitern durchaus auf Verständnis gestoßen: Wir haben nach Betriebseinheiten entschieden, konnten es erklären. Deswegen gab es auch kein böses Blut." Künftig will sich der Dienstleister lieber Manpower auf dem freien Markt holen. "Nach dem Projekt trennt man sich einfach wieder. Das ist besser, als Kompetenzen auf Vorrat zu haben, nur weil sie vielleicht eines Tages gebraucht werden könnten. Man muss eben doch zuerst wissen, was gefordert wird." Ähnlich will Haitec in Zukunft das Thema E-Business handhaben: Wie die meisten Unternehmen des Neuen Marktes schrieb sich Haitec das Modewort auf die Fahnen. Heute wird auf kleiner Flamme gekocht: "Wir haben E-Business integriert. Wenn es sich anbietet, werden wir dem Kunden entsprechende Lösungen vorschlagen", so Ruppert. Einen eigenen Geschäftsbereich E-Business wird es allerdings nicht mehr geben. All diese Entscheidungen habe man aus unternehmerischen Gründen getroffen, versichert Jacqueline Brachholz, zuständig für Investor-Relations. Der Druck der Aktionäre habe damit nichts zu tun: "Die Börse gibt nur die Regeln vor und natürlich halten wir uns auch daran." Sicher hätte Haitec lieber einen höheren Aktienwert, doch dies sei derzeit auch mit positiven Meldungen kaum zu schaffen: "Sie geben die gute Nachricht um 10 Uhr raus, um 11 Uhr meldet ein anderer Gewinneinbrüche und reißt alle mit", zuckt Brachholz die Schultern. "Ein Unternehmen, das in der Basis nicht gesund ist, würde das kein halbes Jahr durchstehen."

In sechs Monaten will Haitec wieder schwarze Zahlen schreiben. Das erste Halbjahr 2001 war jedenfalls schon mal erfreulich: Entgegen der Marktentwicklung legte der Dienstleister in dieser Zeit bei Umsatz und Auftragseingängen im zweistelligen Bereich zu. Bis Jahresende will Haitec 75 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften und 2002 wieder profitabel sein. Ruppert: "Wir haben die dramatischen Einbrüche nicht erlebt. Der August beispielsweise lief bei uns hervorragend. Wir werden unsere Vorgaben erreichen und mit positiven Zahlen ins neue Jahr starten. Wir haben unsere Zukunft sehr genau geplant."

www.haitec.de

ComputerPartner-Meinung:

Wie viele andere Unternehmen hat der Boom des Aktienmarktes auch die Haitec-Vorstände geblendet. Heute mag man die Entscheidungen im Sinne des Unternehmens fällen, 1999 ging es vor allem um die gute Laune der Aktionäre. Haitec scheint aus seinen Fehlern gelernt zu haben und befindet sich auf dem richtigen Weg. Schwarze Zahlen in 2002 scheinen angesichts der angespannten Wirtschaftslage aber sehr hoch gegriffen. (mf)

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