Handel muss aussortieren

06.04.1999

MÜNCHEN: Zwei Jahre Gewährleistungsfrist gegenüber demKunden rücken jetzt auch für den Deutschen Einzelhandel unaufhaltsam näher. Der IT-Wiederverkauf setzt auf die Kooperation der Industrie. Billiganbieter haben dann erst mal schlechte Karten im deutschen Markt.

Die Mühlen der EU-Bürokratie mahlen zwar langsam, aber unerbittlich: Nach dem Europaparlament im vergangenen Jahr hat jetzt auch der EU-Ministerrat dem neuen Gewährleistungsrecht abschließend zuge- stimmt. Endverbraucher können demnach eine Garantie von zwei Jahren auf Gebrauchsgüter - also auch auf Hard- und Software - und von einem Jahr auf gebrauchte Artikel einfordern. Bis zum Ablauf des Jahres 2001 muß die Regelung dann in nationales Recht umgesetzt werden (siehe Kasten).

Derzeit lebt der deutsche IT-Fachhandel mit einer Gewährleistung von sechs Monaten. Markenanbieter haben allerdings seit längerem höhere Garantiezeiten für ihre Produkte eingeführt. Probleme werden Hersteller von Billigprodukten mit der Einführung der neuen Gewährleistungsfrist im deutschen Markt bekommen. Denn aus verständlichen Gründen, wie Kosten- und Margendruck, verspürt der Fachhandel keine Lust, die Suppe alleine auszulöffeln.

"Mit einigen Artikeln zum Beispiel aus Taiwan werden wir Probleme bekommen. Aber bei den Markenprodukten - gerade im Monitor- und Festplattenbereich - ziehen die Hersteller jetzt schon mit und geben mindestens drei Jahre Garantie auf ihre Produkte", schätzt Darius Zwacka, Einkaufsleiter bei der Atelco Computer AG am Möhnesee, die Lage ein.

Dementsprechend setzt Zwacka auf die Kooperation der Industrie. Dennoch sieht er auch Schwierigkeiten auf sich zukommen: "Produkte, bei denen die Hersteller keine zwei Jahre Gewährleistung einräumen, werden im Verkauf problematisch. Wir müssen in der Übergangsphase eben kulant unseren Kunden gegenüber vorgehen", führt Zwacka weiter aus. Aber man denke am Möhnesee schon über eine Sortimentsumstellung zum Jahresende nach, so der Einkaufsleiter. Bedenken und Befürchtungen hegt auch Erwin Nützel, Mitgeschäftsführer der Seemüller GmbH in München: "Positiv ist die Geschichte natürlich für den Endkunden. Aber auf uns als Fachhändler werden viele Auseinandersetzungen zukommen", meint er. "Die zwei Jahre Gewährleistung werden in der Hauptsache über die Hersteller abgewickelt, und wer sich darauf nicht einstellt, wird im deutschen Markt massive Probleme bekommen. Aber Preiserhöhungen - bei dem ganzen Dienstleistungsaufwand - werden sich von seiten der Industrie nicht vermeiden lassen", prognostiziert Nützel. Andere resignieren vor der Änderung im Vebraucherrecht: "Zwei Jahre ist, was Hardware betrifft, viel zu lang. Compaq gibt auf seine Laptops beispielsweise ein Jahr GarantieË, sagt Martin Welter von Welter Creativ in Graben. Die logische Konsequenz für ihn: "Wenn das in Deutschland geltendes Recht wird, ziehe ich mich aus dem Hardwaregeschäft zurück und konzentriere mich auf Internet-Dienstleistungen." (ch)

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