Handelsmarketing am Point of Sale

03.11.1999

MÜNCHEN: Handelsmarketing kennt viele Stolpersteine. Was passiert eigentlich, wenn ein erfolgreiches Produkt trotz bester Präsentation und ausgefeilter Werbestrategien nur schwer von der Stellen kommt? Antworten darauf gibt Theodor Siepert*.Die drei Zauberworte für einen erfolgreichen Verkäufer beginnend mit "K": Kundenorientierung, Kundendialog und Kundenzufriedenheit. Doch die sind bei der Laufkundschaft in Fachgeschäften zumeist in den wenigen Minuten bis zur Kaufentscheidung nicht aufzubauen. Offenbar gilt immer noch die Regel: Der Erfolg eines Produkts am Point of Sale (POS) wird mit seinem Markennamen und seinem Corporate Design (CD), sprich seiner Gestaltung, seiner Verpackung und seinem Display, erreicht.

"Weit gefehlt", behauptet Ernst Meinelt, Geschäftsführer des Münchner Unternehmens Lehrsysteme im Medienverbund AG (LiM). Bei Testkäufen in Fachgeschäften und Kaufhäusern sei das Gegenteil festgestellt worden. Weder Kunde noch Verkäufer hätten sich von Markenname, Gestaltung, Verpackung oder Display packen lassen.

"Leider mußten wir bei Testkäufen sehr häufig feststellen, daß hervorragende Markenprodukte, sehr gut gestaltete Verpackungen und außergewöhnliches Präsentationsmaterial zwar bestens in den Geschäften plaziert waren, aber die Verkäufer gar nicht aktiv wurden", erklärt Meinelt. Und deshalb kam es auch mit kaufwilligen Kunden erst gar nicht zum Kaufabschluß.

Insbesondere bei höherwertigen Produkten versagten nicht wenige Verkäufer. Oft werden sogar kauf- und zahlungsfähige Kunden erst gar nicht erkannt und so aus dem Geschäft getrieben. Statt kaufkräftigen Kunden ein entsprechend hochwertiges und folglich auch höherpreisiges Markengerät vorzustellen und dann den Kunden dafür zu gewinnen, hätten Verkäufer/innen durch Allerweltsangebote Käufer abgeschreckt. Der Ausweg aus dem Dilemma kann nach Meinelts Aufassung aber nicht sein, daß es "noch mehr Werbung" gibt. Vielmehr müsse es zu Änderungen im Verhalten der Verkäufer kommen.

Insbesondere Markenartikel von hervorragender Qualität, ausgestattet mit hohem CI-Wert (Corporate Idendity) sind nach Beobachtung der LiM AG im Handel gefährdet. Da viele Verkäufer glaubten, ein allseits bekannter Markenartikel verkaufe sich von selbst, hielten sich viele Verkäufer zurück.

Auch wenn die Mitarbeiter von Fachhandelsgeschäften und Kaufhäusern über Material, Funktion und Preis bestens Bescheid wüßten, fehle oft das Gefühl für die Wertigkeit der Produkte. Auch deswegen würden höherpreisige Produkte oft gar nicht erst angeboten. Meinelts Schlußfolgerung lautet daher: "Viele Verkäufer stehen sich oft selbst im Weg, wenn Kunden Lust auf Qualität und Luxus verspüren."

Oft herrscht große Ernüchterung, wenn LiM-Mitarbeiter nach Testkäufen von Marketing-, Verkaufs- oder Produktmanagern der Hersteller erstmals berichten. Schließlich ist das Produkt längst eingeführt und unterscheidet sich als Marke. Aber was nützt das, wenn Verkäufer das Produkt nicht mehr schätzen und deshalb dem Kunden auch nicht mehr aktiv anbieten.

Beim Schreibgerätehersteller Montblanc, dessen hochwertige Produkte wegen Qualität und Ausstattung einen hervorragenden Namen haben, hat LiM versucht, Verhaltensänderungen zu erreichen. Einbezogen wurden dabei sowohl die Einzelhändler als auch ihre Verkäufer. Zum Einsatz kamen unterschiedliche Trainingsmethoden: vom Chart über Trainerleitfaden bis zu Videofilmen. Nach dem Trainingsprogramm hätten sich "deutliche Umsatzzuwächse" (Meinelt) gezeigt. Die mit dem Schulungsprogramm verbundenen Kosten seien somit in wenigen Monaten wieder eingespielt worden. Montblanc habe die Programme in sieben Sprachen übersetzt und trainiere jetzt selbst jährlich mehr als 20.000 Verkäufer. Bleibt zum Schluß die Frage, ob sich die Situation im Computerbereich nicht ähnlich gestaltet und sich hier nicht ebenfalls durch Trainingsprogramme das Geschäft ankurbeln ließe.

* Theodor Siepert ist PR-Berater bei der Lehrsysteme im Medienverbund AG in München.

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